Hasenzeit

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
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Filbu
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Hasenzeit

Ungelesener Beitragvon Filbu » Donnerstag 3. Dezember 2015, 17:10

Kapitel 1 - Zu Gast in Quellenburg

„Hase, wo willst du hin?“ sagte Schalotte in gewohnt scharfem Ton als ich die Türklinke umfasste und mich aufmachte, das Smial zu verlassen. Ich seufzte innerlich und wendete mich ihr zu.
„Ich muss nur noch mal schnell in den Laden, Maus. Es dauert höchstens eine Stunde.“ sagte ich und setzte mein höflichstes Lächeln auf.
„ Das trifft sich ausgezeichnet. Bring mir doch bitte etwas grünen Garn mit wenn du schon da bist. Und bleib nicht so lange. Ich koche uns gleich etwas zu Abend.“ sagte sie und wedelte drohend mit dem Zeigefinger.
„ Auch das noch..ähem…ich meine..natürlich Maus. Das mache ich doch gerne. Und natürlich beeile ich mich. Du kennst mich doch.“ erwiederte ich in beschwichtigendem Ton, öffnete sacht die Tür und setzte einen Fuß nach draußen.
„ Filbu Buchsbaum. Natürlich kenne ich dich. Deswegen sag ich es ja.“ fügte Schalotte noch hinzu und verschwand zügigen Schrittes in die Wohnstube des Buchsbaumsmials.

Die Haustür fiel leise klackernd ins Schloss. Der kalte Herbstwind schlug mir, begleitet von einigen rot und gelb gefärbten Herbstblättern, entgegen. Eiligst zog ich die Kapuze meines grünen Umhangs tief in mein Gesicht und verließ die Siedlung auf schnellstem Wege. An der ersten Wegkreuzung hielt ich inne und blickte, die Nase rümpfend, zu dem schief stehenden Wegweiser der von einer Laterne angeleuchtet wurde. Ich würde wohl eine Beschwere schreiben müssen, dachte ich mir. Der Pfahl des Wegweisers stand schon seit mehreren Tagen schief. Irgendwer musste sich doch schließlich darum kümmern.
Dann folgte mein Blick abwechselnd den pfeilartigen Schildern des Wegweisers. Links nach Lindholz und damit zum „Grünen Faden“. Geradaus nach Wegscheid und Michelbinge. Rechts ging es unter anderem nach Quellenburg. Unschlüssig verweilte ich einen Augenblick, entschied mich dann aber den Weg nach rechts einzuschlagen.
Just in dem Moment als ich mich in Bewegung setzen wollte, sah ich das Licht einer Laterne aus Wegscheider Richtung entgegenkommen. Im Laternenschein blitzte die Uniform eines Grenzers auf.
„Auch das noch“. entfuhr es mir und ich hielt inne. Als der Grenzer nur noch wenige Schritte von mir entfernt war grüßte ich mit erhobener Hand.
„Guten Abend der Herr. Alles in bester Ordnung? Was für ein schöner Abend…nicht wahr?“ sagte ich etwas überschwänglich um mich im nächsten Moment innerlich für mein Geschwätz zu schimpfen. Hatte ich gerade von einem schönen Abend gesprochen? Wie auf Befehl gesellten sich die ersten Regentropfen zu dem kalten Wind. Der Grenzer blickte irritiert nach oben.
„ Seid ihr sicher dass ihr den heutigen Abend meint? Oder versteht ihr wohl etwas anderes unter einem „schönen Abend“? sagte der ältere Herr und blickte mit ernster Miene zu mir rüber.
„ Nun ja. Das Wetter scheint gerade urplötzlich umzuschlagen. In Lindental hatten wir gerade noch Sonnenschein.“ erwiderte ich und zuckte mit den Achseln.
Der Grenzer zog die Augenbrauen nach oben und schüttelte ungläubig den Kopf.
„Sonnenschein? Gerade eben? Werter Herr es ist schon seit zwei Stunden dunkel. Seid ihr sicher das es euch gut geht?“ fragte der Grenzer und kam ein paar Schritte näher.
„ Ach. Schon zwei Stunden ist das her? Wie schnell die Zeit manchmal vergeht. Mein Großvater sagt immer…Filbu…Filbu…Filbu…sagt er immer….“
Der Grenzer winkte ab und fiel mir ins Wort.
„Schon gut. Ich bin mir sicher euer Großvater sagte mehr als nur euren Namen. Seid ihr Herr Buchsbaum? Der Schneider?“ fragte er und hielt seine Laterne höher um mein Gesicht besser in Augenschein nehmen zu können.
„Ähem..jaja der bin ich wohl. Und ich bin etwas in Eile. Ich muss dringend in meinen Laden. Kundschaft. Möchte die Dame ungern warten lassen.“ log ich und setzte mich zögernd in Bewegung.
Der Grenzer lies die Laterne wieder sinken und blickte skeptisch zu dem Wegweiser.
„ Herr Buchsbaum. Seid ihr sicher dass ihr gerade den richtigen Weg einschlagt? Ich dachte euer Laden wäre in Lindholz.“ gab der Grenzer zu bedenken
Ich blieb abrupt stehen und wendete mich um. Dann ging ich schnurstracks in die entgegengesetzte Richtung und dankte mit einem Kopfnicken für den Hinweis.
„ Wo hab ich heute nur meine Gedanken. Vielen Dank für den Hinweis. Gute Nacht und sichere Wege wünsche ich.“
„ Sichere Wege“ antwortete der Grenzer und schüttelte ungläubig den Kopf. Dann setzte er seinen Heimweg fort und dachte an sein wohlverdientes Abendessen.

Für einige Minuten war es still an der Wegkreuzung. Ein paar Herbstblätter schienen einen wilden Tanz aufzuführen während der Regen immer stärker wurde und sich erste Pfützen auf dem unebenen Kopfsteinpflaster bildeten. Dann huschte urplötzlich eine Gestalt durch den Lichtschein der Laterne und entschwand in Quellenburger Richtung.

Einige Zeit später stand ich vor dem Ortseingang der Siedlung. Es war gleich das erste Smial auf der linken Seite das ich ansteuerte. Ein riesiger Baum, der einen furchterregenden Eindruck erweckte, zierte den kleinen Garten der Behausung. Es schien als würde er mich genau beobachten, um mir bei Bedarf eins mit seinen langen Ästen überzubraten.
Weitere sonderbare Gegenstände standen in dem recht unordentlich und ungepflegt wirkenden Garten herum. In einem kleinen Teich spiegelte sich...nein…eigentlich spiegelte sich darin gar nichts. Würden sich die Regentropfen nicht in dem Wasser abzeichnen hätte ich den Tümpel kaum als solchen erkannt. Neugierig setzte ich einen Schritt an den steinernen Rand des kleinen Teiches und beugte mich leicht über. Plötzlich bewegte sich etwas an der Wasseroberfläche. Oder auch nicht? Ich war mir sicher eine Bewegung gesehen zu haben und beugte mich nun noch etwas weiter vor. Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter und ließ mich vor Schreck zusammenzucken. Ich fing an, abwehrend, mit den Händen umherzufuchteln und verlor den Halt auf dem nassen Stein. Bevor ich im Wasser aufschlug hörte ich noch…“Herr Buchsbaum…“. Dann wurde es nass und still um mich herum.


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Re: Hasenzeit

Ungelesener Beitragvon Filbu » Freitag 4. Dezember 2015, 20:20

Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl in der Dunkelheit zu schweben. Dann umschlang mich eine Schwere und begann mich nach unten zu zerren. Im Angesicht des Todes, das in einem zwei Fuß tiefen Teich schon mal auftauchen kann, dachte ich nur…>>Schalotte wird sicher wütend sein<<. Mein feiner Zwirn würde von diesem wenig vergnüglichen Bad, sicherlich einen bleibenden Schaden nehmen. Ich verfluchte mich überhaupt den Weg in diese Siedlung eingeschlagen zu haben.
Dann packte mich etwas am Kragen, zog mich abrupt nach oben und setzte mich auf den steinernen Rand des Tümpels. Ich schnappte nach Luft und mein Blick folgte der Hand die gerade ihren Griff lockerte. Eine kräftige Hand die zweifelsohne keinem Hobbit gehörte.
>> Herr Buchsbaum, was in aller Welt habt ihr euch denn dabei gedacht? << sagte der Lange und schüttelte den Kopf. In der Dunkelheit war sein Gesicht kaum zu erkennen. Dennoch erkannte ich eine recht markante Hakennase und langes Haar. Das musste er sein.
>> Dieser See…ist eine Gefahr…für jeden Hobbit. Ich wäre…beinah…ertrunken<< schnaubte ich los. Das war sicherlich etwas übertrieben, aber so ein Tümpel gehörte einfach nicht auf ein privates Grundstück. Man sah ja was passieren konnte. Der Lange lachte lauthals los. Offensichtlich schien er mich überhaupt nicht ernst zu nehmen, also fügte ich noch hinzu. >> Ich werde wohl eine Beschwerde schreiben müssen. << Er hörte sofort auf zu lachen. Das hatte Wirkung gezeigt. Ich setzte mich langsam auf und machte einen Schritt weg von dem Teich.
>> Herr Buchsbaum…<< sagte er und seufzte >> Dieser ach so gefährliche Teich ist wenig mehr als eine Pfütze. Wenn ich meinen Fuß hinein stelle wird mein Knöchel gerade so vom Wasser verdeckt. Das ist selbst für einen Halbling keine Gefahr. Ich denke ihr hättet nur eure Neugier etwas zurückhalten müssen. << gab er mit einem Schmunzeln zu bedenken und klopfte mir kumpelhaft auf die Schulter. Eine freundschaftliche Geste für die es zweifellos viel zu früh war. Dieser Mann kannte mich doch gar nicht.
>> Ob dieser Teich eine Gefahr darstellt, wird wohl der örtliche Büttel entscheiden müssen. Wir sind hier nicht im Bockland, Herr Weitblick. Mit Gewässern muss man hier vorsichtig sein. Ich wollte lediglich überprüfen wie es um die Sicherheit bestellt ist. Und das Ergebnis meiner Prüfung haben wir ja jetzt gesehen. << sagte ich und verschränkte obligatorisch die Arme. Natürlich war ich mal wieder zu neugierig gewesen. Das stand doch außer Frage. Dieser ganze Garten schrie förmlich danach, dass man seine Nase tief hinein steckte. War das denn meine Schuld? Ganz sicher nicht.
>> Ihr habt sicher Recht Herr Buchsbaum. Ich werde den Teich wohl mit einem Holzzaun sichern. Aber dafür brauchen wir doch keinen Büttel. Wie wäre es wenn ihr euch als Entschädigung eine Kleinigkeit aus meinem Antiquitätenbestand aussuchen dürftet? << sagte Herr Weitblick und machte eine einladende Geste zu seinem Smial. Offensichtlich hatte er den Eindruck mich mit seinem Tand bestechen zu können. Was für eine Frechheit. Als ob ich käuflich wäre. >> Da kommen wir sicherlich ins Geschäft << hörte ich mich sagen und folgte Herrn Weitblick in das Smial.

Ich hatte ja schon oft das Sprichwort >> Hier sieht es aus wie bei Bolgers im Hühnerstall << genutzt, um der Unordnung eines Smials meinen Ausdruck zu verleihen. Aber das wäre hier maßlos untertrieben gewesen. Schalotte würde augenblicklich in Ohnmacht fallen, würde sie diese Räumlichkeiten betreten. Jedes Bild hing schief an der Wand. Die Teppiche waren nicht symmetrisch zu den Wänden ausgerichtet und die wenigen Möbel schienen dieses Bild noch mit unterstreichen zu wollen, indem sie sich bedrohlich nach vorne beugten. Jedoch war dies im Vergleich zu den unzähligen merkwürdigen Gegenständen die den Raum säumten, das eindeutig kleinere Übel. Ich unterdrückte das aufkommende Bedürfnis mir diesen Klimbims genauer anzuschauen und wendete mich meinem Gastgeber zu, der gerade eine Wolldecke aus einer Truhe hervorbrachte.
>> Hier Herr Buchsbaum. Ihr müsst ja fürchterlich frieren in den nassen Sachen. Zieht eure Sachen aus und legt euch diese Decke um. Dann setzen wir uns vor den Kamin << sagte er und hielt mir die Decke hin. Er deutete hinüber in das benachbarte Zimmer. >> Ich geh schon mal rüber und lege noch etwas Holz nach. Kommt einfach nach wenn ihr fertig seid << fügte er noch hinzu und ließ mich dann alleine zurück in der…ja…was sollte das überhaupt für ein Raum sein? Vermutlich sowas wie eine Küche. Ein paar Töpfe standen zu einem geschlungen Turm gestapelt neben einer Feuerstelle und schienen nur auf einen Lufthauch zu warten der sie zum Einsturz bringen würde. Ich blickte neugierig umher während ich mir die nassen Sachen vom Leib zog. Erst jetzt wurde mir langsam bewusst, dass ich tatsächlich fror und leicht mit den Zähnen klapperte.
Mein Blick fiel auf ein hübsches Stundenglas das einen Platz im Regal zierte. Der Glaskolben, in dem vermutlich gemahlene Eierschalen hinab rieselten, wurde von zwei hölzernen Figuren gehalten. Offensichtlich zwei Lange die mit einem Speer und einem riesigen Schild bestückt waren. Ich war mir sicher den Begriff, Wächter, im Bezug auf solche Krieger mal aufgeschnappt zu haben. Im Zusammenhang mit der dahinrieselnden Zeit fiel mir ein, dass ich es sicher nicht rechtzeitig zurück nach Hause schaffen könnte. Schalotte würde sicherlich nicht erfreut sein, dachte ich, zog mir schnell die letzten Kleidungsstücke aus und die Decke über. Was für eine Peinlichkeit. Wenn das jemand erfahren würde, wäre ich das Gespött des Südviertels. Dann ging ich in den Nebenraum wo Herr Weitblick gerade noch den Tisch von irgendwelchen Papieren befreite und mir einen Stuhl zuwies.

>> Setzt euch doch. Ich hab den Tisch noch etwas näher ans Feuer geschoben. Darf ich euch einen Kräutertee bringen bevor wir anfangen? << fragte er mit einem freundlichen Lächeln, das irgendwie nicht so recht in sein Gesicht passen wollte. Es wirkte auf mich sehr rau und verlebt. Zumindest nicht so als hätte es oft was zum lachen gehabt. Die Nase war wirklich ein riesiger Zinken und die Augen machten mit den tief hängenden Tränensäcken einen recht traurigen Eindruck. Ich war mir sicher, dass dieser Mann viel älter aussah als er in Wirklichkeit war. Ich nickte beiläufig um die Frage mit einem Ja zu beantworten und versuchte dann die nasse Kleidung an den Kaminsims zu hängen, indem ich sie mit ein paar Steinen beschwerte. Steine? Tatsächlich. Überall lagen Steine herum. Große und kleine Steine in vielen unterschiedlichen Formen und Färbungen. Offensichtlich hatte Herr Weitblick eine Sammelleidenschaft die ich so gar nicht teilen konnte. Steine gehörten ganz sicher nicht in ein Smial. Für meine nassen Sachen kamen sie mir jedoch gerade recht. Dann kletterte ich auf den Stuhl, setzte mich gerade hin und zog die Decke noch etwas enger. Dieser Tölpel von Mensch hätte ruhig kleinere Stühle kaufen können. Meine Füße baumelten im Nichts. Ich würde ihn wohl darauf hinweisen müssen.

>> Ich bin gleich bei euch << tönte es aus dem Nebenraum. Dann schepperte es laut und ich war mir sicher das Herr Weitblick gerade den schiefen Turm der Töpfe zu Fall gebracht hatte. Ich schmunzelte bei der Vorstellung wie er versuchte das Unheil mit wehenden Armen abzuwenden um dann doch mit hängenden Schultern vor einem heillosen Durcheinander zu stehen. >> Nichts passiert << rief er herüber und wüsste ich nicht mich zu benehmen, hätte ich laut losgeprustet.
Wenige Minuten später erschien er mit dem versprochenen Tee, setzte sich zu mir und entzündete mit einem glimmenden Span eine dicke schwarze Kerze, welche die Mitte des Tisches markierte. Im Kerzenschein wirkte er nun irgendwie bedrohlich auf mich und ich zog mir unvermittelt die Decke etwas weiter über den Kopf.
>> Herr Buchsbaum. Ich habe mich noch gar nicht richtig vorgestellt. Mein Name ist Godfriet Weitblick und ich bin Wahrsager und Antiquitätenhändler erster Güte. Ihr hattet mich um einen Termin gebeten. Seid ihr auf der Suche nach einem seltenen Gegenstand oder wollt ihr einen Blick in eure Zukunft riskieren? << fragte Godfriet und blickte mich erwartungsvoll an. Wahrsagerei. So ein Quatsch, dachte ich. Abermals fragte ich mich warum ich mich in diese peinliche Lage gebracht hatte. Närrischer Buchsbaum. Jetzt saß ich nun hier mit der Absicht mir meine Zukunft voraussagen zu lassen. Was war denn nur in mich gefahren?
>> Bevor wir anfangen… << sagte ich >> …diese Sache mit dem Teich und überhaupt, das ich hier bin, das behandelt ihr doch sicher mit äußerster Diskretion. Hab ich Recht? <<
Er schmunzelte und nickte mir bestätigend zu. Ob ich mich darauf verlassen könnte? Wirklich vertrauenswürdig wirkte er auf mich nicht. Es wäre besser ihm deutlich zu machen, dass er sich daran zu halten hatte.
>> Sollte jemand davon erfahren, sehe ich mich gezwungen euch Schwierigkeiten zu machen. Ich kenne einflussreiche Leute. Habt ihr überhaupt eine Genehmigung für euren Laden? << sagte ich und fragte mich gleichzeitig welche einflussreichen Leute ich überhaupt meinte. Wenn mein Briefträger zu diesen Leuten zählte hatte ich wohl nicht gelogen.
>> Alles mit der Ruhe Herr Buchsbaum. Der Laden ist genehmigt und eins meiner obersten Gebote ist die Verschwiegenheit. Das ist Berufsehre. Es würde mich zutiefst beleidigen wenn ihr daran zweifeln würdet << antwortete er mit ernster Miene. Das wirkte nun doch ziemlich glaubhaft. Und beleidigen wollte ich den Herrn ganz sicher nicht. >> Also. Raus mit der Sprache. Was kann ich für euch tun? << fügte er noch hinzu.
>> Na gut << sagte ich >> es gibt da eine Sache die mir Sorge bereitet, Herr Weitblick. Ich möchte von euch wissen ob ich da Schwierigkeiten bekommen könnte, wenn ich mich darauf einlasse. <<
Er nickte als hätte er schon die ganze Zeit gewusst was ich fragen würde.
>> Gebt mir doch bitte eure Hand << sagte er
>> Meine Hand? Wofür soll das gut sein? << fragte ich
>> Ich möchte daraus lesen << antwortete er
>> Lesen? Ich habe nichts in meine Hand geschrieben. Da gibt’s nix zu lesen << erwiderte ich und blickte ihn nur irritiert an. Ich hätte mir die Zeit sparen sollen und mich lieber mit der Buchhaltung des Grünen Fadens beschäftigen sollen. In der Hand lesen. Was für ein Unsinn.
>> Nein Herr Buchsbaum. Ich brauche eure Hand um eure Zukunft zu lesen. Lasst mich einen Blick darauf werfen und erzählt mir einfach was ihr genau wissen wollt<< sagte er und hielt seine Hand auf. Ich seufzte innerlich und legte meine Hand zögerlich in seine. Er beugte sich augenblicklich darüber und machte sich an die Arbeit. Wenn man das überhaut so nennen konnte. Sein Geld damit zu verdienen in die Hände anderer Leute zu blicken, darauf musste man erstmal kommen. Vielleicht sollte ich darüber nachdenken aus den Fußfrisuren der Damen zu lesen um damit mein täglich Brot zu verdienen. Ich kicherte innerlich und schimpfte mich augenblicklich wegen dem unzüchtigen Gedanken. Ich dachte einen kurzen Moment an die Füße von Fräulein Catly. Sie hatte wirklich schöne Füße, aber dieses Kleid….
>> Ohje << sagte Godfriet, beendete damit meinen Gedankengang und fügte noch hinzu >> das wird schmerzhaft <<


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Re: Hasenzeit

Ungelesener Beitragvon Filbu » Dienstag 8. Dezember 2015, 13:34

>> Ohje. Ist es was Schlimmes? << sagte ich mit zittriger Stimme und beugte mich nun auch über meine Hand um einen Blick darauf zu werfen. 
>> Keine Angst Herr Buchsbaum. Ihr habt euch wohl beim Sturz in meinen Teich verletzt << sagte er und zeigte mit seinem Finger auf eine kleine Schnittwunde an meinem Daumen. Merkwürdig. Das hatte ich gar nicht bemerkt. Augenblicklich spürte ich den Schmerz sich in mein Bewusstsein drängen. Die Wunde war tief, blutete jedoch nicht. In Gedanken formte ich schon eine ausgefeilte Ausrede, sollte Schalotte die kleine Verletzung bemerken. Ganz sicher würde sie das. Ihr entging nicht einmal die kleinste Kleinigkeit. 
>> Tut mir wirklich Leid. In dem Teich liegen vielleicht ein paar scharfkantige Steine. Möglicherweise habt ihr euch da… << entschuldigte sich Godfriet wurde aber von mir unterbrochen. 
>> Lasst uns bitte zur Sache kommen Herr Weitblick. Ich hab nicht ewig Zeit << sagte ich um die Sache ein wenig zu beschleunigen.
>> Gut. Dann sagt mir doch bitte was euch genau herführt und was ihr von mir wissen wollt << antwortete Godfriet
>> Ich muss wohl etwas ausholen damit ihr versteht worum es mir geht << sagte ich
>> Ihr wisst aber das ich nicht nur in eure Zukunft blicken kann. Eure Vergangenheit liegt ebenso offen vor mir Herr Buchsbaum << gab er zu bedenken während er meine Hand studierte
>> Oh. Ihr könnt alles sehen? << fragte ich
>> Manches liegt verborgen aber ich kann vieles sehen. Ja << antwortete er
Ich überlegte einen kurzen Moment und mir wurde unangenehm heiß bei dem Gedanken, dass dieser Lange genauestens über meine Verfehlungen Bescheid wissen könnte. Plötzlich hörte ich mich sagen…
>> Das mit dem Apfelkuchen den ich von Tante Fidela gestohlen habe tut mir leid. Das war ein Versehen. Das müsst ihr mir glauben. Und das ich Lobelia die Zunge rausgestreckt habe, ist nur ein einziges Mal…höchstens zwei mal vorgekommen. Ich war noch sehr jung. Da macht man schon mal verrückte Sachen << 
Godfriet schmunzelte selbstzufrieden und winkte ab ohne sein Augenmerk von meinen Händen abzuwenden. 
>> Ihr seid nicht wegen eines gestohlenen Apfelkuchens hier, Herr Buchsbaum. Euch umtreibt eine ganz andere Angelegenheit. Hab ich Recht? << fragte er
>> Eine andere Angelegenheit? Ich weiß nicht wovon ihr redet << erwiderte ich trotzig, wohl wissend das ich genau wusste was er meinte. Potztausend, dieser Kerl konnte wirklich in meiner Hand sehen was ich so angestellt hatte. Von nun an sollte ich meine Hände immer in den Taschen tragen. Nur zur Sicherheit. Aber was sollten die Leute sagen wenn ich immer die Hände in den Taschen…>>Filbu Buchsbaum hör auf damit und konzentriere dich auf das wesentliche<< sagte ich zu mir und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Godfriet.
>> Ich kann sehen das ihr ein sehr umtriebiger Hobbit seid. Das hat euch auch viel Ärger eingebracht würde ich sagen. Und ihr seid hier weil ihr glaubt das euch Ärger bevor steht << sagte der Hellseher mit ernster Miene. Ich entzog ihm reflexartig meine Hand und blickte selbst hinein.
>> Das steht alles da drin? << fragte ich panisch und versuchte in meiner Hand etwas zu finden was man mit Umtriebigkeit in Verbindung bringen konnte. Ich konnte nichts erkennen. Godfriet packte vorsichtig meinen Arm und zog ihn wieder zu sich um erneut seinen scharfen Blick darauf zu legen. 
>> Ihr könntet mir ein wenig helfen, Herr Buchsbaum. Lenkt meinen Blick in die richtige Richtung und ich kann euch helfen. Ihr müsst mir nichts verschweigen. Ich bin kein Büttel. << sagte er und ich spürte wie ich mich ein wenig entspannte. 
>> Na gut. Dann möchte ich offen sprechen. Meine…<< ich überlegte kurz >> …Umtriebigkeit, wie ihr es nennt, hat mir tatsächlich viel Ärger eingebracht. Vor allem mit meiner Verlobten.<< 
Godfriet nickte und lies mich fortfahren.
>> Vor einem guten Jahr ungefähr, bin ich, unfreiwilliger Weise muss ich dazu sagen, einem Vagabunden über den Weg gelaufen. Genaugenommen war es eine Dame. Wobei der Begriff, Dame, in dem Zusammenhang sicherlich falsch ist. Ihr Benehmen war, um es vorsichtig auszudrücken, unterste Speisekammer und ihr äußeres Erscheinungsbild war mehr als erschreckend. Selbst in Wegscheid habe ich schon stattlichere Damen gesehen. Und das will was heißen.<< 
Ich wartete einen kurzen Moment um meine Gedanken zu sortieren und erzählte dann weiter. 
>> Da ich aber ein sehr großherziger und freundlicher Hobbit bin, zeigte ich mich bei der Dame natürlich von der besten Seite und eroberte damit unwissentlicher Weise ihr Herz. Ich bin daher völlig unschuldig << sagte ich und seufzte etwas theatralisch >> Leider war meine Verlobte da anderer Meinung und die Angelegenheit entwickelte sich nicht zu meiner Zufriedenheit. << 
>> Verständlich… << brummte Godfriet >> …sprecht weiter <<
Erleichterung machte sich breit. Er hatte meine Darstellung nicht angezweifelt. Also wusste er doch nicht alles. Natürlich war ich nicht unschuldig, aber das musste man ja nicht an die große Glocke hängen. 
>> Beängstigender Weise habe ich vor wenigen Wochen eine Dame, wobei der Begriff auch hier nicht sehr passend ist, kennengelernt, die mich sehr an das Vagabunden-Mädchen erinnert. Sowohl das Benehmen als auch die äußere Erscheinung sind ähnlich und zu allem Übel habe ich mich auf ein bevorstehendes Treffen eingelassen. Aber es ist nicht so wie ich es sich anhört. Es ist eher eine Verpflichtung. << fügte ich noch hinzu.
>> Eine Verpflichtung. Soso. << bemerkte er skeptisch >> Und jetzt wollt ihr wissen ob euch diese Dame Ärger einbringt? <<
>> So ist es. Ich will nur sicher gehen das sie nichts falsch versteht wenn ihr versteht was ich meine << sagte ich
>> Natürlich. Das verstehe ich voll und ganz. << sagte er immer noch über meine Hand gebeugt
Dieser Buchsbaum war wirklich ein sonderbarer Kerl, dachte sich Godfriet. Vor wenigen Tagen hatte er einen Brief von ihm erhalten in dem der bekannte Schneider um einen Termin bat. Es war einfach gewesen sich auf ihn vorzubereiten. Zeitungsartikel über Herr Filbu Buchsbaum gab es zu genüge und Godfriets Informant konnte aus dem Stehgreif ein paar Anekdoten zu dem umtriebigen Grünling erzählen. Es war offensichtlich dass er gerade dabei war, sich erneut Ärger an den Fuß zu binden. Dazu brauchte es keine hellseherischen Fähigkeiten. Aber die hatte Godfriet ohnehin nicht. Da war er sich zumindest ziemlich sicher. Für einen Blick in die Zukunft brauchte man aber lediglich gute Informationen und etwas Phantasie. Und letztere hatte er ausreichend.
>> Herr Buchsbaum. Eure Schicksalslinie ist stark ausgeprägt und oft entweichen ihr kurze Nebenlinien. Das spricht für viele Irrwege die ihr zu bestreiten habt. Und möglicherweise steht ihr erneut vor so einem Irrweg << sagte Godfriet und blickte mir dabei tief in die Augen. Ich schluckte schwer. Irrwege? Vielleicht sollte ich ihm besser meine andere Hand geben. Womöglich sah es da besser aus. 
>> Also sollte ich mich besser nicht mit der Dame treffen? Es ist ja nur geschäftlich. Sozusagen… << sagte ich 
>> Ja. Das könnte in der Tat besser sein. Möglicherweise ändert es aber auch rein gar nichts << erwiderte Godfriet und blickte nun wieder in meine Hand. 
>> Herr Buchsbaum. Euch stehen Veränderungen bevor. Ich sehe es ganz klar vor mir. Ich sehe Wege…Wälder…aha…eine Reise womöglich…ja…eine Reise…es ist eindeutig eine Reise die ihr antreten werdet<< sagte Godfriet 
Eine Reise? Ich hatte eigentlich nicht vor eine Reise anzutreten. Vielmehr hatte ich mir vorgenommen das Auenland nur noch in den seltensten Fällen zu verlassen. So wie es sich für einen anständigen Hobbit gehört. Allerdings würde ich wohl nicht umhin kommen den Zwergen der Fäuste, den einen oder anderen Besuch abzustatten, aber das war wohl kaum der Rede wert. Vielleicht war das mit der Reise gemeint. Es war wirklich lange her das ich durch Thorins Hallen wandelte. Aber was meinte er mit Veränderung? 
>> Ich werde womöglich den Fäusten Durins einen Besuch abstatten Herr Godfriet. Sicherlich ist das mit der Reise und der Veränderung gemeint. Eine vorübergehende Veränderung sozusagen. Könnt ihr da in meiner Hand vielleicht einen Zwerg sehen? << fragte ich und blickte ihn erwartungsvoll an. 
>> Ja. Da sind wohl auch Zwerge die ich sehe. Aber das muss nicht mit eurer Reise zu tun haben. Die Zukunft schwindet langsam dahin. Tut mir leid. Das ist alles was ich zurzeit sagen kann << sprach er und wendete sich nun von meiner Hand ab. 
>> Das ist alles? Veränderung? Eine Reise? Irrwege? Das ist doch Unfug Herr Weitblick. Damit kann ich doch nichts anfangen << sagte ich enttäuscht und schüttelte den Kopf. Das hätte ich mir sparen können. Ich war nicht schlauer als vorher. 
>> Herr Buchsbaum, der Blick in die Zukunft ist nicht so genau wie ihr vielleicht glaubt. Vielleicht kann ich euch beim nächsten Besuch mehr sagen. Haben wir eigentlich schon über die Bezahlung gesprochen? << fragte er. 
>> Pff. Bezahlung für nichts und wieder nichts. Was soll denn das bitte kosten? << antwortete ich
>> Das macht für jede angefangene Stunde 5 Silberstücke. Und gerade hat die zweite Stunde angefangen. Also 10 Silberstücke macht das dann << 
Ich zuckte zusammen. Für 10 Silberstücke saß ich einen ganzen Tag in der Nähstube. Womöglich noch länger. Zum Bilwiss mit diesem Hellseher. Das war eine Frechheit so viele Silberstücke zu verlangen.
>> Wenn ich euch öfter besuche könnt ihr mir ganz sicher voraussagen das ich bald am Hungertuch nage. << sagte ich verärgert >> Gebt mir einen Augenblick. Ich ziehe mich nur rasch um. Dann bekommt ihr mein hart verdientes Geld << 
Godfriet nickte und blickte mir schmunzelnd hinterher als ich mit der noch feuchten Kleidung in den Nebenraum ging um mich anzukleiden. Ein unangenehmes Gefühl, in die warmen und gleichzeitig noch nassen Sachen hineinzuschlüpfen. Ich schleuderte die Wolldecke die mich gewärmt hatte wütend in eine Ecke des Raumes. Dann tastete ich in meiner Hosentasche nach meinem Geldbeutel, suchte 10 Silberstücke zusammen und steckte den nassen Beutel wieder weg. Als ich mich wieder in das Kaminzimmer begeben wollte fiel mein Blick auf ein kleines Bücherregal neben der Tür. Neugierig ging ich zu dem Regal und überflog die Überschriften auf den Bücherrücken. Es waren überwiegend Geschichtsträchtige Inhalte, soweit ich das einschätzen konnte. Ein Buch jedoch stach etwas hervor. Es war wesentlich kleiner als die anderen und eine kleine Achtelnote zierte den Einband. Ich zog das Büchlein aus dem Regal und hörte in dem Moment Schritte aus dem Nebenraum. Reflexartig steckte ich das Büchlein in meine Westentasche, wendete mich der Tür zu in der Godfriet augenblicklich erschien und mich fragend anblickte. 
>> Alles in Ordnung Herr Buchsbaum?<< fragte er
>> Jaja. Alles in Ordnung. Ich hab mich nur…umgeschaut<< log ich und wich seinem Blick aus. 
>> Schaut euch ruhig um. Vielleicht findet ihr ja eine Kleinigkeit für eure Verlobte. Ich schulde euch sowieso noch etwas wegen der Sache mit dem Teich << 
Eine unangenehme Wärme stieg mir zu Kopf und ich dachte an das Büchlein in der Westentasche. Einen Moment lang überlegte ich es hervorzuholen und es wieder in das Regal zu legen. Andererseits, wie würde das aussehen? Nein. Dafür war es jetzt zu spät. Ich würde einfach die Kleinigkeit, die Herr Weitblick mir als Entschädigung überlassen wollte, ausschlagen. Das war nur gerecht.
>> Nein, Danke. Das ist schon in Ordnung. Hier ist euer Geld << sagte ich und reichte ihm die Silberstücke. Dann nickte ich möglichst freundlich und schritt langsam zur Tür.
>> Herr Buchsbaum << sagte er in scharfem Tonfall und ich war mir sicher das er meinen kleinen Diebstahl, wobei es ja kein richtiger Diebstahl sondern eher ein Ausgleich war, bemerkt hatte. Zögernd drehte ich mich um und sah Godfriet mit energischen Schritten auf mich zukommen. 
>> Ich bestehe darauf das ihr etwas mitnehmt << sagte er und schaute sich suchend um. Dann ging er zielgerichtet zu einer Kommode auf der ein ausgestopftes „Etwas“ thronte. 
>> Das ist wirklich nicht nötig, Herr Weitblick. << rief ich noch und gestikulierte abwehrend mit den Händen.

Kurze Zeit später stand ich wieder an der Wegkreuzung. Ich hatte kein grünes Garn für Schalotte dabei. Aber in meinem Arm hielt ich einen ausgestopften Hasen, dem ein Auge fehlte. Das Vieh stank wie ein alter Käse und mir wurde langsam schlecht von dem Geruch. Ich blickte ihm in das verbliebene Auge und seufzte.
>> Hast du vielleicht eine Idee was ich Schalotte sagen soll, wenn ich mit dir nach Hause komme? << fragte ich den Hasen und musste lauthals loslachen. Der Hase blieb überraschender Weise still und zeigte nicht die kleinste Reaktion.
>> Dachte ich mir << murmelte ich. Dann schlug ich den Weg nach Lindental ein.

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Re: Hasenzeit

Ungelesener Beitragvon Filbu » Dienstag 19. Januar 2016, 10:05

Es fielen immer noch vereinzelte Regentropfen vom Himmel als ich zu Hause ankam und die Tür leise aufdrückte. Die Scharniere knarzten ein wenig und erinnerten mich daran dass ich sie schon seit einigen Wochen fetten wollte. Ich wartete einen Moment zögernd in der Eingangshalle und war gefasst auf eine zeternde Verlobte. Doch es blieb still in dem Smial. Scheinbar war sie schon zu Bett gegangen. Ich legte meinen nassen Umhang ab und setzte den ausgestopften Hasen auf eine Kommode. Aus dem Wohnraum hörte ich das Kaminholz noch knistern. Scheinbar war noch genügend Glut vorhanden. 
Ich legte noch ein Scheit Holz nach und setzte mich dann auf eine Holztruhe an den Kamin. Meine Neugier war kaum noch auszuhalten und so zog ich flugs das Büchlein aus der Tasche um einen Blick darauf zu werfen. 
Es war mit dunkelbraunem Leder eingebunden und auf der Buchdecke prangte der Titel und der Name des Verfassers. „ Willibald Klingfuss - Von der Musik und anderen Geheimnissen“. 
Potztausend. Das war ein Buch des bekannten Instrumentenbauers und Kapellmeister der Oberbühler Klampfenreißer Willibald Klingfuss. Das er auch ein Buch oder womöglich mehrere geschrieben hatte, war mir nie zu Ohren gekommen. Ich spürte das innere Bedürfnis in mir aufkommen, dieses Buch fest an mich zu drücken und es nicht mehr los zu lassen. Es war ein wahrer Schatz den ich da gefunden hatte. Genaugenommen, hatte ich diesen Buchschatz gestohlen, aber das war nur ausgleichende Gerechtigkeit für die schlechten Zukunftsaussichten die mir dieser Herr Weitblick aufgetischt hatte. 
Ich schlug die erste Seite auf und las die Kapitelübersicht durch. Es ging in dem Buch scheinbar hauptsächlich um den Instrumentenbau und um diverse Spieltechniken. Hastig blätterte ich weiter in der Hoffnung auch ein paar Lieder zu Gesicht zu bekommen. Auf den ersten Seiten waren zahlreiche Zeichnungen von Instrumenten abgebildet. Doch keine Noten weit und breit. Ich blätterte weiter und bemerkte wie sich eine Seite aus dem Buch löste und u Boden fiel. So ein Ärgernis, dachte ich und hob die Seite wieder auf. 
„Moment mal“ entfuhr es mir „Das ist gar keine Seite.“ 
Ich fingerte zittrig an dem Papier herum und bemerkte dass es für eine einzelne Seite viel zu dick war. Es war etwas kleiner als das Buch, aber mehrmals gefaltet. 
Vorsichtig faltete ich das Papier auf und erkannte eine Zeichnung. Scheinbar hatte jemand einen Landstrich skizziert. Steine, Bäume, sowie ein Wasserfall waren offensichtlich zu erkennen. 
Am unteren Rand der Zeichnung stand ein Spruch in geschwungener Schrift. 
„Hm…merkwürdig“ murmelte ich mir in den nicht vorhandenen Bart und etwas Enttäuschung machte sich breit. Ich hatte auf Notenblätter gehofft. Stattdessen hatte wohl der Vorbesitzer dieses Gekritzel als Lesezeichen verwendet. 
Ich las den Spruch unter der Zeichnung und stutzte. Das klang ein wenig nach einem Rätsel. Mein Blick suchte reflexartig nochmal die Zeichnung ab und wurde fündig. Eine mit einem Kreuz markierte Stelle. Wie vom Bilwiss gebissen sprang ich auf und unterdrückte ein Juchzen. Ich vollführte einen stillen Freudentanz und reckte immer wieder das Papier in die Höhe. Dann betrachtete ich es ein weiteres Mal.
„Eine Karte“ flüsterte ich „ Ich hab eine Schatzkarte gefunden“
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