Ein Schneider und sein Drache

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
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Filbu
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:26

Waldhof, am Morgen

Mit einem beherzten Ruck zog Schalotte den Lederriemen ihres Bündels zu. Sie hatte ein paar Bücher und Schriftrollen mitgenommen, die sie keinesfalls bei ihrem Bruder liegen lassen wollte. Dazu gehörte unter anderem ihr Lieblingsbuch "Von Michelbinge bis nach Stock - Sitten und Gesetze des Auenlands, Band 1, 3. überarbeitete Ausgabe". Sie hatte das Buch schon mehrere male durchgelesen und durch Notizen ergänzt. Beim ersten Durchlesen korrigierte sie auch einige Flüchtigkeitsfehler des Autors Gundo Bocksbeutel. Es ärgerte sie, dass der wichtige und sachlich richtige Inhalt durch die mangelnde Aufmerksamkeit beim Verfassen der Texte an Glaubwürdigkeit und somit Gewicht verlor. Sie hielt das für einen der Auslöser dafür, dass traditionelle Sitten und Regeln im Auenland immer mehr in den Hintergrund rückten.

Sie strich noch einmal über den Einband und legte dann ihr Bündel um. Pontoweis stand bereits an der Tür und hielt eine kleine Wegzehrung bereit, die er seiner Schwester mitzugeben gedachte.

"Es war schön, Dich hier zu haben, Lotti." sagte er und in seiner Stimme schwang etwas Freude darüber mit, dass der Besuch nun zuende ging.

Schalotte atmete tief durch, nahm die Wegzehrung an sich und umarmte ihren Bruder fest und herzlich.

"Danke für alles, Pontoweis. Du hast mir in einer schweren Zeit sehr geholfen. Ich kann nur hoffen, dass diese Zeit nun bald vorbei ist."

Pontoweis nickte und erwiderte die Umarmung. "Keine Sorge, ich habe das Gefühl, den Filbu wirst Du nicht mehr los."

"Das will ich doch auch gar nicht. Ich will doc..."

"Das war ein Scherz, Lotti. Zur Auflockerung."

Schalotte nickte nur. Das konnte Pontoweis ihr trotz aller Bemühungen noch nicht beibringen, Scherze als solche zu verstehen. Schließlich ließen sie sich los und schauten sich noch einmal an.

“Komm Du mich doch auch mal besuchen, Pontoweis. Filbu ist so oft auf Reisen, da kann ich etwas Gesellschaft gut gebrauchen.”

Pontoweis nickte lächelnd. “Sehr gerne, gibt es denn hübsche Damen in Lindental?”

Schalotte rollte leicht mit den Augen und seufzte. “Jede Menge, aber mit der Hübschesten bist Du verwandt, tut mir leid.”

Sie schaute ihn erwartungsvoll an.

“Oh. Wenn das so is… Ah! Das war ein Scherz! Lotti, aus Dir kann ja doch noch etwas werden!”

Lachend umarmte er noch einmal seine Schwester und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

“Ein Jammer. Dann muss ich wohl weiter suchen.”

Schalotte war nicht nach Lachen zumute, innerlich freute sie sich aber darüber, dass Ihr der Scherz gelungen war. Zumindest hatte sie den Eindruck, er wäre gelungen gewesen. Oder war ihr Bruder nur höflich?

“Gute Reise, Lotti, und lass Dich nicht von wildfremden Hobbits ansprechen.”

Schalotte nickte schon wieder. “Keine Sorge, die meisten kennen mich von der Herreise und meiden mich bestimmt. Auf bald, Pontoweis, und pass auf Dich auf.”

Dann drehte sie sich um, ließ die Daumen noch einmal hinter die Riemen ihres Bündels gleiten und begann ihre Reise nach Hause.
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Filbu
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:27

Lindental - Am Abend

Fast ungebremst stürzte Filbu in das Familiensmial der Buchsbaums und die Tür schien sich beinah aus den Angeln zu heben als sie krachend gegen die Wand flog.

"Dieser hinterhältige Hund. Dem werd ich beibringen was es heißt einen Buchsbaum an der Nase herumzuführen" sagte er und lief kopflos durch die Räume. Hier und da packte er etwas in seinen Beutel. Dann stürmte er in die Küche und wühlte in einem der Küchenschränke. Es klapperte und rumpelte. Töpfe fielen ihm entgegen und purzelten über den Boden. Ohne wirklich von der Unordnung die er verursachte Kenntnis zu nehmen bückte er sich weiter in den Schrank hinein und kam mit einem triumphierenden Lächeln wieder aus dem ihm hervor.

"Das hier wird ihn sicher zum reden bringen" murmelte er und blickte dabei zu der großen Bratpfanne in seiner Hand.

Die Pfanne fand gerade so noch Platz in seinem Beutel, ohne dass sie besonders auffallen würde. Mispel hatte ihm verboten Gewalt einzusetzen. Aber ein paar gezielte Schläge mit der Pfanne würde er sich nicht verkneifen können.

"Mispel" sagte er seufzend.

Es war keine Stunde her, als sie Schalottes Smial betreten hatte, während er nichts ahnend die Laute spielte. Als er sie bemerkt hatte, dachte er für einen Moment Schalotte vor sich zu haben. Ihm wurde schwummerig, seine Beine versagten ihren Dienst und ließen ihn wie einen Sack Kartoffeln zu Boden plumpsen. Er hatte sich zwar schnell wieder aufgerafft und der Teppichkante die Schuld für seine Bruchlandung gegeben. Doch er war sich sicher das Mispel ihm das nicht abgekauft hatte.

Das sie nichts über Schalottes verschwinden wusste, zeigte eindeutig wie schlecht das Verhältnis zwischen den Geschwistern war. Er wusste selbst nicht woran es lag, aber er mochte Mispel nicht. Wenigstens hatte sie ihm einen entscheidenden Hinweis, wenn auch unbeabsichtigt, gegeben, als sie ihren Bruder erwähnte. Es hatte einen Moment gedauert bis er realisiert hatte das Mispels Bruder notgedrungen auch Schalottes Bruder sein musste. Schalotte hatte ihn nie erwähnt. Nach dem Gespräch mit Mispel wusste er auch warum. Er war ein Schürzenjäger der seine Damen häufiger wechselte als manch ein Wegscheider zählen konnte. Mit so jemanden in der Familie konnte man sich wahrlich nicht brüsten. Das wusste er selber nur zu gut.

Erschöpft und dennoch voller Tatendrang verschnürte er seine Laute an dem Beutel, schulterte ihn, trat zur Tür hinaus und zog sie hinter sich zu.
Er war sich sicher, dass er sie nun finden würde. Es war offensichtlich wo sie steckte. Jedoch missfiel ihm der Gedanke etwas, das Mispel sich selbst dazu eingeladen hatte, ihn zu begleiten. Offenbar hatte sie Sorge um ihren Bruder. Zu Recht.
Sie hatten sich am Ausgang der Siedlung verabredet. Für einen Moment dachte er darüber nach wie er ungesehen an ihr vorbeikommen könnte, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Dann lief er los und mit jedem Schritt stieg seine Hoffnung wieder, Schalotte nun endlich zu finden.
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:28

Auf dem Weg nach Wasserau - Eine Stunde später

"Herr Buchsbaum was klappert da in ihrem Beutel? Sie haben doch nicht wirklich eine Bratpfanne eingepackt, oder?" fragte sie und blickte ihn dabei misstrauisch an

"Ach wo. Das ist nur...das ist nur...meine Klarinette." antwortete er ohne ihren Blick zu erwidern.

"Wenn ihr mich hinters Licht führen wollt, werde ich euch das übel nehmen. Mein Bruder hatte sicher einen Grund für sein handeln. Also seht es ihm nach." sagte sie mit ruhiger Stimme

"Euer werter Herr Bruder hat mich getäuscht, nachgestellt, angelogen und er wollte mich davon abbringen weiter nach Schalotte zu suchen. Wenn das nicht alles Grund genug ist, ihn mit meiner Bratpfanne bekannt zu machen, dann weiß ich auch nicht."

"Herr Buchsbaum" sagte sie empört "Dann habt ihr sie also doch dabei?"

"Was? Ich? Naja...was ist wenn wir Hunger kriegen und etwas unterwegs kochen müssen?"

Mispel blieb stehen, verschränkte die Arme und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.

"Her damit. Sofort. Wir gehen keinen Schritt weiter ehe ihr mir nicht die Pfanne gebt." sagte sie entschlossen.

"Aber...wenn....ich könnte sie sanft einsetzten...nur ein bisschen hauen...er würd´s kaum merken....ehrlich."

Mispel blieb unverändert stehen und sah ihn weiter auffordernd an. Er schien zu merken dass es keinen Sinn hatte weiter mit ihr zu diskutieren.

"Na gut. Aber wenn er sich nicht entschuldigt, kriege ich sie wieder und verpass ihm eine Abreibung."

Er holte die Pfanne aus dem Beutel und reichte sie ihr.

"Auch das werdet ihr nicht tun. Ihr solltet euch was schämen Herr Buchsbaum. Anstatt euch zu freuen Schalotte bald wieder zu sehen, denkt ihr nur darüber nach wie ihr es meinem Bruder heimzahlen könnt. Das spricht nicht gerade für euch." antwortete sie ihm und verschnürte die Pfanne an ihrem Bündel.

Dann ging sie weiter und ließ Filbu mit nachdenklicher Miene zurück. Sie hatte wohl recht. Er sollte sich freuen. Das tat er auch. Aber er war Schalotte schon einmal so nah gewesen und dieser Halunke hatte ihn ohne mit der Wimper zu zucken belogen. Dass er wütend war musste Mispel doch verstehen können.

"Kommen sie Herr Buchsbaum. Oder wollen sie dort Wurzeln schlagen? Bis zum Grünen Drachen brauchen wir noch gute zwei Stunden. Nicht das wir kein Zimmer mehr kriegen" rief sie ihm zu.

"Jaja. Komme ja schon. Und damit das klar ist. Wir werden uns sicher kein Zimmer teilen." sagte er bestimmt und hörte Mispel nur kichern

"Das wäre ja noch schöner." murmelte sie und verdrehte die Augen.
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:29

Zum Grünen Drachen, Wasserau - Am gleichen Abend

Schalotte drückte sich das Kissen um die Ohren. Sie wälzte sich hin und her und stöhnte. Schließlich schlug sie aufgebracht ihre Decke zurück, richtete kurz ihre Haare und stapfte aus dem Zimmer. Dann ging sie zur Tür des Nebenzimmers, holt zunächst tief Luft und schließlich mit ihrer Faust aus.

“Ruhe da drin! Diese schreckliche Musik kann ja keiner ertragen! Und schlafen kann man dabei schon gar nicht!”

Um ihren zarten Hinweisen Nachdruck zu verleihen, polterte sie mit der Faust gegen die Tür. Sie hatte sogar das Gefühl, etwas lauter sprechen zu müssen, um das Klopfen zu übertönen.

Schon nach dem ersten Klopfen verstummte die Musik und es war still. Als Schalotte daraufhin zufrieden nickte, glaubte sie, Schritte zu hören. Ihr kamen Zweifel, ob jemand, der so eine Musik spielte, wirklich friedfertig auf ihre berechtigte Kritik reagieren würde und zog es vor, den Saum ihres Nachthemds leicht anzuheben und eilig in ihr Zimmer zu verschwinden.
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:30

Wasserau, Zum Grünen Drachen - Am gleichen Abend

Es war tiefste Nacht und nur noch ein paar Straßenlaternen setzten ihr Licht in die Dunkelheit. Er wäre am liebsten weiter gegangen, doch auch ihm kroch die Müdigkeit in die Knochen und ein ums andere mal zuckten seine Augenlieder zusammen um dem Schlaf zu entgehen.

Mispel hielt ihr Tempo hoch. Wohl auch um selber nicht zu sehr der Trägheit zu verfallen. Sie hatte wenig gesprochen in der letzten Stunde und er war nicht unglücklich darüber. Er freute sich jetzt nur noch auf ein warmes Zimmer mit einem kuscheligen Bett.

„ Und ihr habt sie wirklich im ganzen Auenland gesucht, Herr Buchsbaum?“ sagte sie aus dem nichts heraus.

Er sah sie etwas verdutzt an, nickte dann aber kurz.

„ Ja. Im ganzen Auenland. Langsam frage ich mich, warum mir niemand einen Hinweis gegeben hat. Jemand muss sie doch gesehen haben.“ antwortete er

Mispel machte ein betretenes Gesicht und blickte ihn fast schon mitleidig an.

„ Herr Buchsbaum. Ich weiß dass ihr meiner Schwester mehr als zugetan seid. Aber auch ihr werdet nicht von der Hand weisen können das sie nicht oft mit Sympathiebekundungen zu tun hat. Vielleicht wollten die Leute einfach nichts damit zu tun haben.“

Er schüttelte energisch den Kopf und blickte sie verständnislos an.

„ Ich weiß nicht wovon ihr da redet. Schalotte ist eine liebenswerte Dame und sie hat sicher viele Freunde auf ihrer Reise gefunden.“ sagte er

Mispel schmunzelte und er meinte einen zufriedenen Seufzer von ihr zu vernehmen.

„Ihr seid mir schon ein merkwürdiger Hobbit, Herr Buchsbaum. Aber wohl genau der richtige für meine Schwester. Wenn sie denn noch der gleichen Meinung ist. “

Sie standen nun vor der Tür zum Grünen Drachen und Mispel räusperte sich kurz. Filbu sah sie einen Augenblick irritiert an, dann fiel ihm ein was sie wollte. Ein peinlicher Moment der seine Wangen rot färbte. Jetzt vergaß er schon seine Manieren. Schleunigst machte er einen Satz nach vorne und hielt ihr die Tür auf.

„ Nach euch. Aber das mit dem merkwürdigen Hobbit habe ich überhört“ sagte er und deutete ihr durch die Tür zu gehen.

Leichtfüßig machte sie einen Satz über die Türschwelle und bedankte sich mit einem freundlichen Lächeln. Filbu folgte ihr ins Innere des Gasthauses und schüttelte sich sogleich durch, als ihm die Wärme entgegenströmte. Gäste waren keine mehr anwesend. Nicht ungewöhnlich zu solch später Tageszeit oder sollte man wohl besser Nachtzeit sagen. So oder so. Sie waren mit dem Wirt der gerade über die Tische wischte, die einzigen im großen Gastraum. Mispel hüstelte gekünstelt um die Aufmerksamkeit zu bekommen.

„Wir haben geschlossen“ sagte der Wirt ohne sich umzudrehen

„Wir suchen ein Zimmer Herr Wirt. Und wir gehen auch direkt zu Bett. Eure Arbeit ist also gleich getan. Wir werden euch nicht lange aufhalten.“ sagte Mispel

Filbu blickte sie leicht verärgert an. Er mochte es nicht, wenn eine Dame ihm die Wortführung abnahm. Sowas war Männersache. Er trat einen Schritt nach vorne um dies zu unterstreichen.

„Genau. Ein Zimmer zum übernachten. Sonst nichts. Wir werden euch kaum Zeit kosten und gehen direkt zu Bett“ fügte er hinzu

Der Wirt klatschte den Lappen auf den Tisch und wendete sich ihnen zu. Er wirkte genervt.

„Warum plappert ihr das nach was die Dame gesagt hat? Denkt ihr ich höre schlecht? Ihr seid wohl aus dem Ostviertel, häh?“ raunzte er Filbu an und blickte dann zu Mispel.

„Ihr wollt also ein Zimmer? Ein gemeinsames Zimmer nehme ich dann mal an.“ sagte er und blickte beide fragen an

Für einen Moment blinzelten Filbu und Mispel nur, um dann beinahe im Chor eine deutliches „Nein“ zu erwidern.

„Wir wollen getrennte Zimmer“ sagte Filbu „gemeinsames Zimmer kommt nicht in Frage“ fügte Mispel hinzu „das wäre ja noch schöner“ antwortete Filbu „was sollen denn die Leute denken?“ sagte Mispel

Filbu blickte sie erstaunt an. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl dass Mispel wirklich Schalottes Schwester sein könnte. Bisher schienen sie nichts gemeinsam zu haben. Aber die Art und Weise wie sie den letzten Satz gesagt hatte machte eine Verwandtschaft doch recht deutlich.

„Tja. Dann muss ich die Herrschaften leider enttäuschen. Vor einer guten Stunde hat jemand das andere Zimmer bezogen. Es ist nur noch eins frei. Ich wünsche dann noch eine Gute Nacht. Vielleicht ist im Efeubusch ja noch was frei.“

Er steckte sich den Lappen an den Bund seiner Schürze und ging hinüber zur Theke. Filbu und Mispel blickten sich ratlos an.

„Schaut mich nichts so an Herr Buchsbaum. Das kommt nicht in Frage. Ich bin eine verheiratete Frau und ihr seid der Verlobte meiner Schwester.“ gab sie zu bedenken

„Was ihr nicht sagt. Ich hätte es fast vergessen wenn ihr mich nicht daran erinnert hättet. Ich habe sicherlich kein großes Interesse mit euch ein Zimmer zu teilen. Also wenn euch etwas besseres einfällt dann wäre jetzt der richtige Zeitpunkt es zu sagen."

Sie schwieg und wog sich etwas unruhig von einem auf das andere Bein.

„ Ich weiß nichts anderes. Ich möchte weder zurück noch möchte ich weiter gehen. Ich bin müde. Ich nehme das Zimmer und ihr sucht euch einen Stall in dem ihr schlafen könnt“ sagte sie und ein schmunzeln huschte ihr übers Gesicht

„Das kommt nicht in Frage. Ich bin doch kein Vieh.“ antwortete er und richtete sich dann an den Wirt. „Herr Wirt, hat das Zimmer getrennte Betten?“

Ein resignierendes Schnaufen ging von dem Wirt aus.

„Die Betten stehen zusammen, aber man kann sie auseinanderschieben. Nehmt ihr das Zimmer jetzt oder nicht? Ich werde jetzt schließen.“

Filbu nickte entschieden.

„Wir nehmen es.“ sagte er

„Nein. Das tun wir nicht“ fügte Mispel hinzu
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„Doch das tun wir. Und jetzt gebt Ruh. Ich hab das entschieden und so ist es nun.“ antwortete er

„ Wenn meine Schwester das erfährt wird sie Jahre nicht mit mir reden und euch einen Kopf kürzer machen. Ist euch das klar?“ flüsterte sie

Der Wirt legte den Schlüssel auf die Theke und deutete den beiden näher zu kommen.

„Hier. Der Schlüssel. Bezahlt wird morgen früh. Ich geh jetzt ins Bett. Und das solltet ihr auch tun.“

Er verabschiedete sich mit einem brummigen „Gute Nacht“ und verschwand aus dem Gastraum des Drachens. Filbu schnappte sich den Schlüssel und verschwand zu den Zimmern. Mispel folgte ihm kopfschüttelnd.

Nach wenigen Minuten hatten sie das Zimmer bezogen. Die Betten so weit es nur ging auseinandergeschoben und sich umgezogen. Dafür musste Filbu das Zimmer verlassen. Als er von Mispel wieder hineingebeten wurde war sie unter der hohen Daunendecke verschwunden und nur noch ihr Kopf war zu sehen. Filbu trat an sein Bett heran und legte sich die Kleidung für den nächsten Tag zurecht. Dann schnappte er sich seine Laute und klimperte leise ein paar Töne vor sich hin. Mispel blickte neugierig zu ihm hinüber.

„Wenn ihr spielt, dann spielt auch richtig, Herr Buchsbaum. Wie wäre es mit einem Stück von den Grünfinken. Ich hab schon viel über die Kapelle des Stammtisches gehört.“

Filbu strich mit stolz geschwellter Brust über die Saiten der Laute. Er hatte schon Lange nicht mehr mit den Finken gespielt. Aber als ehemaliger Kapellmeister waren ihm die Lieder natürlich ins Gedächtnis gebrannt.

„Na gut. Wie wäre es mit dem Distelbauchreigen. Passt nicht wirklich in den Grünen Drachen. Aber das wird euch sicher gefallen. Eins unserer besten Stücke.“

Mispel nickte und spitzte die Ohren. Dann schlug Filbu in die Saiten und der Lautenklang verdrängte die nächtliche Stille. Mispel wippte mit ihrem Fuß, passend zum Takt, unter der Decke. Plötzlich trommelte es gegen die Zimmertür und eine Stimme war zu hören die jedoch unter dem Gepolter unterging. Filbu ließ vor Schreck die Laute fallen und Mispel zog sich quiekend die Decke über den Kopf. Dann herrschte Stille. Das war bestimmt der Wirt dem das nächtliche Musizieren gegen den Strich ging. Filbu fasste sich ein Herz und machte vorsichtig ein paar Schritte zur Tür hin. Dann legte er sein Ohr an die Tür und konnte gerade noch hören wie sich jemand eilig entfernte. Er drückte die Klinge, öffnete die Tür einen Spalt breit und steckte seinen Kopf hinaus. Niemand da.

„Wer war das?“ fragte Mispel flüsternd

Filbu drückte die Tür wieder zu und kletterte dann leise in sein Bett.

„Ich glaube das war der Wirt. Der hatte eben schon keine gute Laune. Bestimmt hab ich mit dem Lautenspiel das Fass zum überlaufen gebracht. Wir sollten jetzt schlafen. Also. Gute Nacht.“ sagte er, rollte sich in die Decke ein und drehte sich zur Wand, die das Nebenzimmer von ihrem Zimmer trennte.

„Gute Nacht Herr Buchsbaum. Schlaft gut.“ antwortete sie

Dann war alles still. Filbu ließ den ereignisreichen Tag nochmal an sich vorbeiziehen. Er hatte die begründete Hoffnung Schalotte am nächsten Tage wieder zu sehen. Und auch wenn es bis nach Waldhof noch einen ganzen Tagesmarsch brauchte, hatte er das Gefühl ihr jetzt schon ganz nah zu sein. Mit dem Gedanken schlief er zufrieden ein.
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:32

Zum Grünen Drachen, Wasserau, am nächsten Morgen

Schalotte stand immer früh auf. Sehr früh sogar. Manche behaupteten sogar, sie wäre dafür verantwortlich, die Sonne zu wecken und dazu anzutreiben, über den Himmel zu wandern. Ginge es nach Schalotte, würde sie das tatsächlich tun, damit der Tag noch ein wenig früher beginnen könnte.

Sie hatte ein Zimmer ohne Frühstück genommen und musste deshalb den Wirt nur wecken, um ihm ordnungsgemäß den Schlüssel auszuhändigen. Gegen eine Quittung natürlich. Anschließend trat sie aus der Tür und beschritt in der aufgehenden Sonne den Heimweg.

Unterwegs

‘Bald wieder zu Hause.’ dachte sie bei sich und wurde ein klein wenig schneller. ‘Bald wieder in Filbus Armen.’

Am Ortsausgang von Wegscheid, das sie noch etwas schneller durchschritten hatte, bog sie links in die Straße zum Südviertel ein. Sie glaubte, schon ihre Blumen riechen zu können und den Fluss plätschern zu hören. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sei es nur auf der Durchreise, aber es kam von Herzen und aus aufrichtiger Freude.

Sie schaute sich um, nachdem sie Lindental erreichte, und entschloss sich, gleich zu Filbu zu gehen. Sie konnte nicht länger warten.

Schalotte achtete darauf, nicht eilig zu wirken, als sie die Wohlstraße entlang ging. Die Leute sollten nicht denken, sie hätte sich nicht unter Kontrolle. In der Ferne erkannte sie schon die riesige Auenlandeiche, um die sich der Myrtenhof schlang, und an dessen Wurzeln oft Kinder saßen und sich eine Geschichte erzählen ließen. Auf dem Marktplatz, der sich rechts von ihr ausbreitete, wurden gerade zwei Obst- und Gemüsestände aufgebaut. Jeden Trewstag kam ein bäuerliches Ehepaar aus Weißfurchen, um hier ihre Waren anzubieten. Schalotte kannte ihren Namen nicht, aber wusste, dass sie ihre Äpfel pro Kilogramm fünf Kupferstücke teurer anboten, als man sie in Michelbinge bekommt. Sie empfand das als skandalös teuer. Außerdem redete die Tochter des Paares, die hin und wieder beim Verkauf geholfen hatte, unentwegt, stellte dauernd Fragen und schien ein klein wenig naiv zu sein. Schalotte mochte sie jedenfalls nicht und hielt es für verschwendete Zeit, sich mit ihr zu unterhalten.

Sie erreichte die Auenlandeiche und bog rechts ab. Nur noch ein kleines Stück, dann war sie im Myrtenhof 5, wo Filbu wohnte und sicher schon auf sie wartete. Sie blieb stehen, schloss die Augen und atmete noch einmal tief durch, bevor sie weiter zum Gartentor ging. Sie durchschritt es und blieb plötzlich stehen. Mit weit aufgerissenen Augen schaute sie sich in Filbus Garten um. An Stelle der Hängematte stand da ein merkwürdig anmutendender Bogen aus lila- oder fliederfarbenem Geäst. Verstört bemerkte sie, dass es davon sogar noch einen zweiten gab, höher als das Smial selbst. Schalotte folgte langsam dem Pfad zur Eingangstür von Filbus Smial. Die Fenster waren dunkel, so dass sie den Türschlüssel herausholte, um hineinzugehen. Sicher war er nur mit Erdbeere auf einem Spaziergang und würde sich freuen, wenn sie ihn mit einer Portion Kohlrouladen mit Salzkartoffeln in Empfang nähme.

Der Schlüssel passte nicht. Sie versuchte es noch einmal. Wieder nicht.

"Filbu..."

Schalotte blinzelte und schaute sich scheinbar suchend um.

"...bin ich zu spät?"

Sie schluckte und drehte sich dann um. Den Schlüssel ließ sie einfach auf die Fußmatte fallen und verließ langsam das Grundstück. Was sie eben noch zu schnell war, war sie jetzt zu langsam. Der Weg zu ihr nach Hause schien Stunden zu dauern, aber das bemerkte sie gar nicht. Immer wieder kreisten in ihrem Kopf Fantasien, die das eben erlebte erklären sollten. Nicht alles, was sie dabei dachte, war ihr angenehm.

Schließlich erreichte sie ihr eigenes Grundstück, ging durch das Tor und kurz bevor sie ihr Smial erreichte, blieb sie stehen. Ihre Augen weiteten sich, als könne sie nicht fassen, was sie sah.

"Was ist denn das?", stieß sie hervor und stemmte ihre Fäuste in die Hüften.

Sie starrte noch eine Weile auf das Ding und versuchte, es einzuordnen, als sie plötzlich eine Stimme hinter sich hörte.

"Guten Abend."

Erschrocken fuhr Schalotte herum und schaute den Ankömmling ernst an.

"Herr Birkenheim! Schleicht Euch nicht so an!"

Craaco schien auf so eine Reaktion gefasst gewesen sein und versuchte gelassen zu reagieren.

"Entschuldigt, ich wollte nur sichergehen, dass Ihr es wirklich seid. Ihr solltet einen besorgten Nachbarn nicht so harsch angehen."

Schalotte biss kurz ihre Zähne aufeinander und rang sich dann ein mehr oder weniger freundliches "Guten Abend." ab. Darauf folgte gleich eine Frage: "Was ist das, Herr Birkenheim?"

Craaco schaute stirnrunzelnd dort hin, wohin Schalotte mit einer flüchtigen Bewegung deutete.

"Sieht nach einem Hühnerstall aus, Fräulein Pfefferpott."

Schalotte verschränkte die Arme.

"Eine Frechheit ist das! Diese Biester bringen meinen Garten durcheinander! Sie machen Dreck, Krach und Arbeit!"

Innerlich musste Craaco schmunzeln, antwortete aber recht ernst: "Dafür habt Ihr morgens frische Eier, Fräulein Pfefferpott."

"Die hole ich vom Markt, ich brauche diese Biester nicht."

Craaco überlegte einen Augenblick, dann machte er einen Vorschlag: "Wie wäre es, wenn ich Euch die Hühner abnehme. Dann habt Ihr keinen Ärger mit ihnen."

Schalotte nickte. "Und nehmt diesen Verhau auch mit. Morgen früh gleich! Und dann werde ich bei den Bütteln Anzeige erstatten. Man darf doch nicht einfach so etwas in meinen Garten stellen!"

"So schnell es geht, Fräulein Pfefferpott. Schön... dass Ihr wieder da seid. Ich bin sicher, die Nachbarschaft wird sich ebenfalls sehr darüber freuen."

Schalotte und Craaco standen noch eine Weile im Garten und unterhielten sich über Hühner und die Liebe zu Personen, die gerade nicht da sind, bevor Craaco sich verabschiedete und Schalotte erschöpft in ihr Smial ging. Ohne das Licht einzuschalten, stapfte sie zum Bett und ließ sich einfach hineinfallen. Angezogen und ungewaschen.
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:39

Waldhof - Zur gleichen Zeit

Lange saßen sie in der Küche von Pontoweis zusammen und plauderten über die Geschehnisse der letzten Tage. Die Erkenntnis Schalotte wieder verpasst zu haben, hatte ihn wie ein Schlag getroffen und er saß die größte Zeit nur teilnahmslos neben den Geschwistern und suchte irgendetwas im Raum dass er in Grund und Boden starren konnte. Selbst um Pontoweis eine Bratpfanne über die Rübe zu ziehen hatte seine Kraft nicht mehr ausgereicht, so sehr er sich auch gewünscht hatte dem jüngeren Bruder von Schalotte eine Lexion zu erteilen. Doch es war nebensächlich geworden. Er hegte weder Groll, noch verspürte er ein anderes Gefühl das ihn weiter brachte. Lediglich ein tiefer Schmerz saß in seiner Magengegend und hinderte ihn daran im sitzen einzuschlafen. Er bemerkte auch nicht als Mispel ihn mehrmals ansprach um ihn nach seinem Befinden zu fragen. Erst als Pontoweis ihm die Wangen, etwas fester als es wohl nötig war, tätschelte, regte sich etwas in seinem Bewusstsein und er blickte ihn fragend an.

"Herr Buchsbaum. Ist mit ihnen alles in Ordnung? Sie sehen nicht gut aus? Sie sollten mal etwas essen. Und trinken sie endlich mal etwas. Sie fallen uns hier ja gleich noch von der Bank."? sagte Pontoweis und hielt Filbu das Glas hin

"Nein, danke. Es geht schon. Ich habe keinen Durst. Und Hunger habe ich auch keinen." erwiderte er mit kaum hörbarer Stimme und schob das Glas in Pontoweis Hand zurück.

Mispel sah ihn erst verständnislos, dann geradezu verärgert an und rückte ihren Stuhl näher an Filbu heran.

"Sie verfallen jetzt doch nicht in Selbstmitleid hoffe ich. Haben sie nicht gehört was Pontoweis gesagt hat? Sie hat sich auf den Weg gemacht um zu euch nach Hause zu kommen. Das ist kein Grund Trübsal zu blasen." sagte sie, legte ihre Hand auf seine und blickte ihm in die Augen. "Herr Buchsbaum. Versteht ihr denn nicht? Sie liebt euch. Ist das denn nicht Grund genug euch ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern?"

Er nickte nur müde und zog seine Mundwinkel etwas an. Ein Lächeln war es deswegen aber noch lange nicht.

"Ja....sie liebt mich." säuselte er vor sich hin "Ich sollte losgehen und...und...und dann? Stehe ich in Lindental wieder in einem leeren Smial weil sie es sich anders überlegt hat?"

Er schüttelte leicht den Kopf und sah Mispel hilflos an.

"Ich kann das nicht mehr. Noch eine Enttäuschung vertrage ich nicht"

Pontoweis blickte ihn mit ernster Miene an. Dann suchte er den Blick seiner Schwester die ihm nur ein Schulterzucken als Antwort gab.

"Einen Moment" sagte er entschieden und ging zur Tür hinaus. Filbu sah ihm nicht einmal hinterher. Dann hörte man draußen ein knarrendes Geräusch und das klackern einer Metallkette. Im nächsten Moment kam Pontoweis mit schnellem Schritt in die Küche hereingestampft. Mispel bemerkte noch vor Filbu den Eimer Wasser in seiner Hand und öffnete den Mund um etwas zu sagen. Sie kam aber nicht mehr dazu. Filbu sah nur noch einen Schwall Wasser auf sich zukommen und riss schützend die Hände hoch in der Hoffnung sich vor der herannahenden Nässe zu schützen. Das Wasser platschte ihm ins Gesicht und rang ihm den Atem ab. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er Pontoweis fassungslos an. Dann packte ihn eine Hand am Kragen und zog ihn von der Bank hoch. Ihre Nasenspitzen berührten sich beinahe und er konnte in Pontoweis Augen die Entschlossenheit sehen die ihm selber fehlte.

"Jetzt hören sie mir gut zu Herr Buchsbaum. Ich bin nicht zuletzt auch euretwegen in den Brandywein gesprungen um diese dämliche Flasche herauszufischen. Ich hätte mir den Tod holen können. Sie sitzen hier herum als gäbe es nichts besseres zu tun. Wenn sie meine Schwester von Herzen lieben, reißen sie sich jetzt gefälligst am Riemen, packen ihre Sachen, verschwinden noch jetzt und bleiben nicht stehen ehe sie in Lindental vor dem Smial von Schalotte stehen. Haben sie mich verstanden?" sagte er und rüttelte an Filbus Kragen

"Aber....." antwortete er und wurde direkt von Pontoweis unterbrochen

"Kein aber. Ihr verschwindet jetzt sofort und geht zu meiner Schwester. Los jetzt."

Er entließ ihn aus seinem Griff und sah aus dem Augenwinkel wie Mispel zufrieden schmunzelte.

"Na los Herr Buchsbaum" sagte sie " Ihr habt doch gehört was mein Bruder gesagt hat. Geht nach Hause. Sie wird da sein. Ganz sicher wird sie da sein."

Filbu blickte sie an, sah dann wieder zu Pontoweis und ein Funke der Entschlossenheit schien endlich auf ihn überzuspringen. Langsam legte er sich sein Reisebündel über die Schulter und trat zur Tür um sich noch einmal umzudrehen.

"Und was wenn sie nicht da ist?" fragte er noch einmal zweifelnd

"Dann können sie sich immer noch in den Brandywein stürzen" sagte Pontoweis mit einem ironischen Unterton und fügt noch fast flehend hinzu "Jetzt gehen sie endlich."

Filbu nickte und verschwand zur Tür hinaus.

Die kalte Luft der Nacht holte die letzten Lebensgeister aus ihm hervor und er holte tief Luft. So tief dass er fast den Eindruck hatte er müsse sich daran verschlucken. Dann machte er einen Schritt vor den anderen und nach einer Weile begann er zu laufen. Seinen Blick immer stur geradeaus auf den Weg gerichtet, bemerkte er nicht wie die Nacht an ihm vorüber zog und die ersten Lichtstrahlen anfingen den Tag zu erhellen. Als er Wasserau rechter Seite liegen ließ bemerkte er die ersten Leute die ihr Tagewerk begannen. Manche blickten ihm verwundert hinterher und schüttelten den Kopf. Doch das störte ihn recht wenig. Zur Mittagszeit war er auf der Höhe von Hobbingen und er blickte vom Berg hinunter ins Tal zum Efeubusch. Seit Wochen schon hatte er den Efeubusch nicht mehr aufgesucht und auch jetzt schein sein Verlangen, Herward ein Distelbauch servieren zu lassen, nicht im geringsten vorhanden zu sein. Zum späten Nachmittag dann versuchte er sich möglichst unauffällig durch Wegscheid zu schleichen und bis auf ein paar freundliche Grüße die er murmelnd erwiderte, schien ihm das auch zu gelingen.

"Nicht mehr weit Filbu. Du hast es gleich geschafft." sagte er vor sich hin als er Wegscheid in südlicher Richtung verließ und an der Steigung noch schneller wurde. Er hielt das hohe Tempo nicht lange aber niemals blieb er stehen. Bis er vor dem Tor zur Siedlung stand und nach Lindental hineinsehen konnte. Er versuchte einen Blick in die Bachuferstraße zu werfen, konnte aber nichts erkennen. Die Sonne war soeben hinter dem Horizont verschwunden und die Dunkelheit hatte sich über die ruhige Siedlung gelegt. Er holte noch einmal tief Luft und lief dann den Windungsweg hinunter am Kupferkessel vorbei. Dann bog er nach rechts über die Brücke in die Bachuferstraße ein und seine Schritte wurden noch schneller. Er streckte seinen Hals aus um Licht oder irgendetwas auszumachen das dafür sprach das sie zuhause war. Das er sie wiedersehen würde.

"Schalotte....bist du da?" rief er schon von weitem und machte einen Satz über den Gartenzaun. Dann blieb er stehn.
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:42

Lindental - Einige Stunden vorher

Schalotte wachte früh am Morgen auf, fühlte sich aber nicht erholt. Sie setzte erst den linken Fuß aus dem Bett, dann den rechten, mühsam die Augen aufhaltend. Mit einem Ruck, begleitet von einem leisen Ächzen, stand sie auf und machte die ersten Schritte des neuen Tages.

Erst bemerkte sie es gar nicht, doch dann fielen ihr einige Mehlhäufchen auf dem Boden auf. Unterschiedliche Fußspuren waren darin zu sehen, die sie zur Speisekammer führten. Sie schaute hinein und musste sich am Türrahmen festhalten, da ihr beim Anblick der Unordnung darin schwindelig wurde. "Einbrecher... sie... haben meine... Speisekammer... geplündert!" Sie wankte aus der Tür ins Wohnzimmer, wo sie einen weiteren Schreck bekam. Benutztes Geschirr stand überall herum. Schalotte drehte sich umher, in der Hoffnung, für ihre Augen und ihr Gemüt einen Ort zu finden, an dem Ordnung und Sauberkeit herrschte.

Dann fiel sie um.

Die letzten Tage und Wochen hatten an ihren Kräften gezehrt, so dass ihre Ohnmacht bis in den späten Nachmittag andauerte. Zaghaft öffnete sie ihre Augen und stöhnte bei der ersten Bewegung gleich auf. Sie hatte sich den Rücken verrenkt und musste sich unter Schmerzen vom Boden aufrichten. Zu allem Überfluss war sie mit dem Gesicht in ein mittelgroßes Mehlhäufchen geraten. Ihre Haare waren zerzaust und ihr Kleid schmutzig und zerknittert. Jeder Schritt verursachte ihr Schmerzen. Sie ging in leicht gebeugter Haltung und hielt sich mit der rechten Hand auf Linderung hoffend den Rücken.

"Ich muss sofort zu den Bütteln! Das duldet keinen Aufschub! Au!"

Schalotte stieß die Tür ihres Smials auf und verließ es mit humpelndem Gang, bei jedem Schritt vor Schmerz stöhnend.

Dann blieb sie stehen und starrte zu ihrem Gartenzaun. Er war es. Sie beeilte sich, humpelnd, stöhndend, mehlweiß im Gesicht und in einem Zustand, den man bei Hühnern als zerrupft bezeichnen würde.

"Filb... aah... Filbu!"
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 7. Januar 2015, 17:43

"Filb…ahh..Filbu“ rief sie ihm entgegen

Sie war es. Wie erstarrt sah er sie an wie sie humpelnd auf ihn zukam. Ihre Haare waren zerzaust und ihr Gesicht war merkwürdig bleich. Es schien mit Mehl bestäubt zu sein. Sicher nicht Schalottes Art sich herauszuputzen. Doch dieser Gedanke dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde. In Wirklichkeit fragte er sich wie er so lange hatte auf sie verzichten können. Ein Leben ohne sie machte so viel Sinn wie Schuhe an seinen Füßen. Aber hatte er das nicht schon immer gewusst?

Nur noch wenige Schritte trennten sie und die Zeit schien in diesem Moment still zu stehen.

Es ist erstaunlich wieviel ein Hobbit in so einer kurzen Zeit denken kann. Fühlen kann. Er wünschte sich Schalotte könnte jetzt in seinen Kopf sehen und ihm dabei behilflich sein, seine wirren Gedanken zu sortieren. Nach zeitlichem Ablauf, Wichtigkeit und anderen Kriterien würde sie akribisch einen Gedanken nach dem anderen in eine sinnvolle Reihenfolge bringen. Das konnte sie sicher besser als er.

Dann blitzte eine Erinnerung vor seinem inneren Auge auf.

Ihr erstes Aufeinandertreffen vor weit mehr als einem Jahr. Es war ein Merstagsabend und der Stammtisch war schon lange vorüber. Raflesia hatte ihn gebeten noch eine Weile da zu bleiben um ein Lied einzustudieren. Er hatte die Dame, die schon mit gerümpfter Nase in den Efeubusch hineintrat direkt bemerkt. Sie war anders als alle Damen die er bis zu dem Zeitpunkt kennengelernt hatte. Und sie hinterließ direkt einen bleibenden Eindruck bei ihm. Offenbar hielt sie wenig von der Musik. Sie fühlte sich durch den „Krach“ wie sie es nannte gestört und ihre Art das mitzuteilen kam einem Hammerschlag auf den dicken Zeh gleich. Und dennoch fühlte er sich von ihr angezogen. Filbu glaubte sicher nicht an Zauberei oder an irgendwelchen magischen Krimskrams. Solch einen Unsinn konnte man einfältigen Zwiens erzählen. Aber wenn er jetzt an alles zurückdachte fiel ihm keine gewöhnliche Beschreibung für das ein was diese Frau in ihm auslöste. Ob Liebe so etwas wie Zauberei ist fragte er sich und blickte immer noch wie erstarrt zu Schalotte hinüber die sich scheinbar kein Stück bewegt hatte.

Er blinzelte und ein neues Bild machte sich in seinen Gedanken breit.

Es waren Monate vergangen bis sie sich wieder sehen sollten. Sein Umzug nach Sprotten hatte dafür gesorgt, dass er ihr häufiger über den Weg lief. Und nicht selten stritten sie dabei wie die Kesselflicker. Dass sie dann eines Abends vor ihm stand und ihn so förmlich es nur möglich war dazu aufforderte ihr den Hof zu machen hatte ihn mehr als sprachlos gemacht. Sich diesen Drachens ins Smial zu holen schien ihm so sinnvoll zu sein wie Schuhe an seinen…….ach das hatten wir schon. Warum er letztlich genau das tat wozu sie ihn aufgefordert hatte konnte er sich bis heute nicht erklären.

Ein weiteres Mal blinzelte er und seine Gedanken hielten ein weiteres Bild für ihn parat. Immerhin schienen sie zeitlich angeordnet zu sein. Ob Schalotte doch….nein, unmöglich.

Es hatte weitere Monate gedauert. Monate in denen er manchmal der Verzweiflung nahe war. Sie hatte ihn aufgefordert ihr den Hof zu machen und ließ keine Gelegenheit aus ihn abblitzen zu lassen. Ein gemeinsames Picknick. Einige Umarmung die ihr unangenehm zu sein schienen. Ein kurzes Berühren ihrer Hand was sie jedes Mal zusammenzucken ließ. Das war alles. Wo andere Pärchen sich schon in ihre Smials zurückzogen und Dinge taten über die man besser nicht redete, musste er noch um jede Umarmung und jede Berührung bitten. Ein Besuch in ihrem Smial durfte nicht länger als eine halbe Stunde andauern. Was sollen denn die Leute denken, fragte sie ihn immer wieder. Einen Satz der ihm selbst nur allzu leicht über die Lippen kam, den er aber in diesen Momenten verfluchte. Und dann hatte sie sich doch irgendwann ergeben und ihren eigenen Gefühlen die Tür geöffnet. Er erinnerte sich an jeden Sekundenbruchteil dieses einen Kusses und musste schmunzeln. Sie hatte die Lippen so verkrampft zusammengespitzt. Erst die Berührung mit den seinen lockerte die Verspannung und entlockte ihr einen wohligen Seufzer.

Das Bild verflog und machte Platz für ein neues.

Wieder waren Monate vergangen. Monate in denen er viel unterwegs war. Die Zwerge sollte er gleich mehrmals aufsuchen. Auch den Keilermarkt in Bree ließ er nicht aus wenngleich er wusste wie sehr es Schalotte störte das er das Auenland verließ. Doch an diesem Abend sollte das nicht der Grund ihres Streites sein. Es ging wieder einmal um die Anzahl der Hochzeitsgäste.

„Die engsten Verwandten und die Trauzeugen. Das reicht aus Filbu.“ sagte sie bestimmend

„Und was ist mit den Leuten aus dem Stammtisch? Und die Zwerge? Das sind anständige Leute. Es gibt auch ein paar Lange die ich gerne einladen möchte und auch Elben stehen auf meiner Liste. Ich komme einfach nicht unter 100 Leute, Maus.“ antwortete er verärgert

„Hase. Du weißt gar nicht was du da sagst. Elben, Zwerge und Menschen. Das gibt nur Gerede. Du machst uns zum Gespött der Siedlung.“ erwiderte sie

„Weißt du was. Dann machen wir es ganz einfach und laden halt niemanden ein.“ sagte er wütend und mit einer guten Portion Trotz in der Stimme.

Sie hatten an dem Abend nur noch das allernötigste miteinander geredet und er war vor ihr zu Bett gegangen. Am nächsten Morgen war sie verschwunden. Jetzt wusste er den Grund. Pontoweis hatte ihn darüber aufgeklärt. Wie hätte er denn ahnen sollen, dass Schalotte seinen letzten Satz so falsch verstanden hatte. Er hatte trotzig reagiert. Wie ein kleines Kind dem man nicht erlaubt mit den Füßen ins Wasser zu gehen. Doch war es nie seine Absicht die Hochzeit abzusagen oder Schalotte zu verlassen.

Er blinzelte und war wieder im Hier und Jetzt. Sein Herzschlag schien ins unermessliche zu steigen. Langsam lösten sich seine Füße von dem Boden und er machte einen Schritt. Dann noch einen. Nur noch wenige Augenblicke. Tränen lösten sich aus seinen Augenwinkeln und kullerten über seine Wangen hinunter.

„Schalotte…komm zu mir“ sagte er leise
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Re: Ein Schneider und sein Drache

Ungelesener Beitragvon Filbu » Sonntag 18. Januar 2015, 09:25

Einige Wochen später

"Bist du sicher das wir nicht irgendwas vergessen haben, Filbu? Ich hab so ein merkwürdiges Gefühl."

Er sah zu dem riesigen Bündel hinunter welches zu seinen Füßen lag. Es erschien viel zu groß für den Rücken eines Hobbits. Selbst ein Zwerg hätte wohl damit zu kämpfen gehabt.

"Ich frage mich vielmehr ob du irgendetwas nicht mitgenommen hast, Schalotte. Das Pony wird sich bedanken bei dem Gewicht von dem Bündel."

Sie rümpfte die Nase und sah Filbu vorwurfsvoll an.

"Hase. Woher soll ich denn jetzt schon wissen was ich an dem Abend anziehen soll? Was zieht man denn überhaupt an solchen Elbenhochzeiten an? Ich muss auf alles vorbereitet sein."

Er seufzte resignierend. Ein Schmunzeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. Dann sagte er mit ernster Miene.

"Wenn es danach geht, hättest du dir das viele Gepäck sparen können. Es ist bei den Elben seit jeher Tradition, unbekleidet zu der Hochzeit zu gehen."

Schalotte lief hochrot an und blickte hilflos zwischen Filbu und den drei Elben hin und her. Elardiel und Gildinfael blickten nur fragend zurück. Glanfingon hatte ihr Gespräch mitbekommen. Er mühte sich darum die Fassung zu wahren und nicht laut loszuprusten.

"Hase. Da mach ich nicht mit. Was sollen denn die Leute denken?" sagte Schalotte.

Filbu zuckte kurz mit den Schultern und lachte dann lauthals los.

"Vielleicht das du ganz stattliche Hüften hast?"

Schalotte stemmte die Hände in die Hüften und nun musste auch Glanfingon in Filbu´s Gelächter einstimmen.

"Filbu Buchsbaum. Du solltest dich was schämen mich so hinters Licht zu führen. Jetzt mach dich mal lieber nützlich und heb das Bündel auf das Pony. Bevor du noch auf mehr Dummheiten kommst."

Glanfingon klopfte Filbu bestätigend auf die Schulter als wolle er ihm zu der Albernheit gratulieren.

"Herr Glanfingon. Anstatt über Filbu´s Blödelei zu lachen könnten sie ihm lieber helfen."

Der Elb hörte unvermittelt mit dem Lachen auf, nickte Schalotte kurz zu und beugte sich zu dem Bündel hinunter. Als er es packte um es hoch zu wuchten sah es fast so aus als würde er den Hobbit mitsamt Bündel aufs Pony heben.

"Sachte Herr Glan. Ich verliere den Boden unter den Füßen." sagte Filbu und ließ das Bündel dann los. Er nickte dem Elb dankend zu. Dann fingen sie beide wieder an zu kichern.
Gildinfael die damit beschäftigt war die Pferde zu satteln blickte zu den beiden Herrn hinüber und fragte an Glanfingon gerichtet.

„Amman gladhagir? Thia ci rhugarol na Schalotte?“
(Was ist denn da so lustig? Ihr ärgert doch nicht etwa Schalotte?)

Filbu und Glanfingon sahen sich gegenseitig an und schüttelten entschieden ihre Köpfe.

„Law Gildinfael. I nad hen u-geritham. Ero gladham, an me pin verin.“, sagte Glanfingon.
(Nein Gildinfael. Sowas würden wir niemals tun. Wir lachen nur weil wir so fröhlich sind.)

Filbu nickte mehrmals bestätigend und fügte hinzu:
„Mae, sen tîr. Me glathren uin lenn. U nad eithor.“
(Genau. Wir freuen uns nur auf die Reise. Sonst nichts.)

Schalotte verstand kein Wort aber ihr Gesichtsausdruck verriet dass sie sich sehr wohl über die beiden Herren ärgerte.

"Fräulein Gildinfael. Mein Verlobter möchte gerne unbekleidet auf die Hochzeit gehen. Würdet ihr mir wohl helfen ihm das auszureden?" sagte Schalotte und musste nun selbst ein Kichern unterdrücken

Gildinfael sah entsetzt zu Filbu hinüber. Der wiederum blickte hilfesuchend zu Glanfingon, welcher sichtlich Mühe hatte nicht wieder in ein Gelächter zu verfallen.

"Filbu meldir nîn, ich hoffe, du machst Scherze. Es ist nicht üblich, das man an Elbenhochzeiten unbekleidet teilnimmt." sagte die hochgewachsene Elbe und sah Filbu mit ihren leuchtend grünen Augen an.

"Aber ich hab doch gar nicht vor unbekleidet....also...ich meine...das.....naja...war doch nur ein Scherz...weil Schalotte soviel Gepäck....also...und da dachte ich....ich dachte.....ach nichts. Wir sollten uns jetzt lieber auf den Weg machen bevor sie es sich noch anders überlegt."

Gildinfael schmunzelte. Sie sah Filbu belustigt aber auch ein bisschen vorwurfsvoll an.

"Du solltest das zu schätzen wissen das deine Verlobte dich begleitet, Filbu. Es ist alles andere als selbstverständlich. Aber du hast recht. Wir sollten nun aufbrechen."

Elardiel hatte sich in der Zwischenzeit hinzugesellt. Sie kam Filbu immer besonders groß vor. Und mit jedem Schritt den sie näher kam hatte er den Eindruck sie würde noch weiter wachsen. Er dachte an sein erstes Treffen mit ihr zurück das nun sicher schon ein Jahr wenn nicht noch länger zurück lag. Man hörte ja allerhand von Elben die durch die Wälder des Auenlandes wanderten um auf ihren Wegen nicht gesehen zu werden. Das ihm nun schon zweimal eine Elbe in den Wäldern vor die Füße gelaufen war, warf in ihm die Frage auf, ob es sich denn lohnte überhaupt die Wege zu verlassen wenn man ja doch gesehen wurde.
Er hatte ja bereits Langbeine kennen gelernt. Aber diese waren anders. Menschen weckten für gewöhnlich seine Neugierde nicht. Diese jedoch taten es. Je länger er sie kannte, desto mehr wollte er über sie wissen. Er dachte zurück an seine letzte und bisher einzige Reise und den Aufenthalt in Bruchtal. Anders als erwartet und von Herrn Umsturz vorausgesagt war Bruchtal alles andere als eine Stadt die zu Bruch gegangen war. Sein Herz schlug höher bei dem Gedanken daran die vielen Wasserfälle wiederzusehen. Und vielleicht würde man ihm diesmal ermöglichen den Bürgermeister von Bruchtal, diesen Herrn Elrond zu treffen. Die Elben nannten ihn wohl nicht Bürgermeister, aber es erschien ihm irgendwie unsinnig dem Oberhaupt einer Stadt nicht diesen Titel zu geben. Er durfte nicht vergessen, dem Herrn Elrond Eikoweis bestes Pfeifenkraut zu schenken. Das beste im ganzen Auenland. Zumindest war er der festen Überzeugung, das es kein besseres gibt. Er tastete prüfend in seinem Proviantbeutel und nickte zufrieden. Alles an Ort und Stelle. Es konnte also langsam losgehen. Trotz der beschwerlichen Reise wusste er jetzt schon dass er die Zeit mit den Elben genießen würde. Abgesehen von seinen Freunden im Auenland bedeuteten sie ihm wirklich viel und er empfand Freundschaft für sie. Er war sich auch sicher das Schalotte sie mochte wenngleich sie das nicht offen zugeben würde. Sie stand nun schon eine Weile neben einem der Ponys und betrachtete Filbu mit ihrem prüfenden Blick. Auch wenn sie sicher nicht so euphorisch wie ihr Verlobter über diese Reise dachte, so war sie doch froh dem Gefühlswirrwarr der letzten Wochen ein wenig den Rücken zuzudrehen. Sie würden die Zeit füreinander nutzen und vielleicht war es ihr möglich endlich wieder ein Buch zu lesen.

„ Filbu. Komm und hilf mir endlich hoch. Das Pony das ihr für mich ausgesucht hab ist ja fast ein Pferd.“

Mit schnellen Schritten kam Filbu zu ihr hinüber doch anstatt ihr hoch zu helfen, schwang er sich selber auf das Reittier welches den Namen Distelwolle trug. Es hatte in der Tat etwas kratzbürstiges Fell und machte so seinem Namen alle Ehre. Schalotte stemmte empört die Hände in die Hüften.

„ Hase, was tust du da? Du sollst mir helfen. Das ist mein Pony.“

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht hielt er ihr die Hand hin.

„ Ich mache das was du sagt. Ich helfe dir hoch. Also komm. Hier ist für uns beide Platz.“

Schalotte wirkte etwas verunsichert. Zusammen auf einem Pony. Unverheiratet. Was sollten denn die anderen denken. Doch ehe sie es sich weiter überlegen konnte packten sie zwei Hände und bugsierten sie hoch auf Distelwolle. Sie kam gar nicht dazu zu protestieren. Nur ein peinlich berührtes „Danke Herr Glan.“ kam ihr über die Lippen.

„ Ich helfe euch doch gerne.“ sagte er und zwinkerte Filbu zu. Dann wendete er sich von den beiden ab und ging zu seinem Pferd. Elardiel und Gildinfael saßen bereits im Sattel und warteten geduldig auf den Aufbruch.

„ Hase, wenn das jemand sieht wird uns das noch ein Leben lang hinterher getragen.“ sagte Schalotte. Vorsichtig legte sie ihre Arme um Filbu.

„ Man wird sicher noch schlimmeres über uns erzählen. Ich sehe schon die Überschrift im Wochenblatt. „Unfähiger Geschäftsmann verlässt das Auenland mit seinem Drachen.“

„ So ein Unsinn“ sagte sie „Nur weil Herr Stolzfuss Angst vor mir hat und mich als Drachen bezeichnet, heißt das noch lange nicht dass das alle tun. Er ist ein Hasenfuss. Wenn wir zurück sind werde ich ihm einen Besuch abstatten.“

Filbu malte sich schon genüsslich in seinen Gedanken diesen Besuch bei Karabard aus. Er würde sich irgendwo in einem Busch verstecken um dieses Szenario mit anzuschauen.

„ Maus. Es ist schön das du mitkommst.“ sagte er und legte seine Hände über ihre. Sachte drückte er seine Schenkel an und Distelwolle setzte sich in Bewegung. Schalotte seufzte zufrieden und schmiegte sich enger an Filbu.

„ Was soll ich denn sonst machen Herr Buchsbaum? Ich liebe dich nun mal. Außerdem muss jemand aufpassen das du dich auf dieser Hochzeit benimmst. Nicht das es wieder so ausartet wie bei den Zwergen. Vor ein paar Wochen hat mich Lobelia darauf angesprochen. Das war mir höchst peinlich. Und wie ich Lobelia kenne wird sie es im ganzen Auenland herumerzählen. Wenn sie es nicht schon längst getan hat. Sag mal stimmt das eigentlich das du an einem Schwimmkurs teilgenommen hast? Sie ist sich sicher dass sie dich gesehen hat. Hase, das schwimmen überlässt man den Bockländern. Man muss doch nicht jeden Unsinn der jenseits des Brandywein praktiziert wird nachmachen. Oder findest du auch das wir uns demnächst eine Kuh aufs Dach stellen sollen? Ach und da wär nochwas...........“

Nach einiger Zeit wurde das Geplapper von Schalotte leiser und das Geklapper der Hufe war kaum noch zu hören. Dann wurde die Nacht still.


ENDE
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