Ein summsiger Tag

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
Benutzeravatar
Melissina
Twink
Beiträge: 1
Registriert: Samstag 26. September 2015, 16:58

Ein summsiger Tag

Ungelesener Beitragvon Melissina » Samstag 17. Oktober 2015, 03:34

Melissina saß auf der kleinen Bank vor dem Smial ihrer Familie und wackelte mit den Zehen. Auf dem Dorfplatz war nichts los, nichts Ungewöhnliches um diese Zeit am Vormittag. Mit den Zehen zu wackeln brachte da zumindest ein wenig Leben in die Trägkeit des Tages.
Drinnen hörte sie die Stimmen ihrer Mutter und ihrer Schwester, die mit Hausarbeiten beschäftigt waren und sich nebenbei unterhielten. Niemand vermisste sie, das war wunderbar. Sie gähnte und streckte sich und beschloß einen kleinen Spaziergang zu unternehmen.
Sie hüpfte um die Ecke des Smials und den Gartenweg entlang, bis sie "Aua, was ist denn ... wer hat denn den dämlichen Eimer dort liegen lassen?" Sie hüpfte nun auf einem Bein und hielt sich den großen Zeh des anderen Fußes. Schon wollte sie dem Eimer trotz der Schmerzen einen wütenden Tritt verpassen, als ihr gerade noch rechtzeitig einfiel: "Oh nein, das war ja ich. Ich sollte doch vorhin Wasser holen vom Bach."
Was hatte sie da noch abgelenkt? Ach ja, ein paar Bienen, die geschäftig um einen blühenden Strauch herumflogen. Sie hatte ihnen unbedingt etwas vorsingen müssen: "Summ, summ, summ, Bienlein summ herum." Sie suchte mit ihren Blicken den Strauch und lächelte. Die Bienen waren immer noch emsig dabei, die Blüten zu umschwirren. Sie find gleich wieder an zu summen, während sie sich den Eimer griff und zum Bach hinunterhüpfte.
Vorsichtig trippelte sie ans Wasser, damit ihr schönes Kleid nicht naß oder dreckig oder beides würde. Sie raffte es hoch, sprang auf einen Stein nahe am Ufer, bückte sich und tunkte den Eimer ins Wasser. Den vollen Eimer balancierend machte sie einen großen Schritt zurück zum Ufer und ging dann schnell die Böschung hinauf und den Gartenweg entlang, gegen das Gewicht des Eimers leicht zur Seite geneigt.
Zuerst wollte sie den Eimer draußen abstellen, um nicht zufälltig von ihrer Mutter entdeckt zu werden, dann aber stellte sie den Eimer doch in den Eingang, denn "Melissina, hol doch bitte Wasser vom Fluß" hieß, dass sie das Wasser IN das Smial holen sollte.
Da hörte sie die Stimme ihrer Mutter: "Wo hat Meli denn nur das Wasser hingestellt?" und das war Grund genug sich schnell wieder davon zu machen. Ihre Mutter würde das Wasser schon finden und sie wollte gerade nicht auf den nächten Botengang geschickt werden. "Melissina, hol mir etwas Petersilie aus dem Garten", "Melissina, sag deinem Bruder er soll nicht so laut herumbrüllen" - wenn sie sich blicken ließ gab es immer etwas, was sie gerade für ihre Mutter tun konnte. Und sie hatte heute ihre Bienen noch gar nicht besucht! Summend hüpfte sie über den Dorfplatz auf die kleine Holzbrücke zu, die den Bach überspannte: "Summ, summ, summ, Bienlein summ herum."

Bienen sind etwas wunderbares! Sie tanzen im Sonnenlicht um blühende Büsche herum, sie krabbeln emsig in jede Blüte hinein und schwingen sich dann gleich wieder zur nächsten. Sie hüpfen über die Wiesen von Blume zu Blume, und sie sind niemals allein unterwegs! Wenn man das sanfte Gesumm einer Biene hört, ist meist auch eine zweite in der Nähe, und wenn ein Busch in voller Blüte steht dann summt es unentwegt.

Seit wann Bienen sie faszinierten konnte sie gar nicht sagen, sie mochte sie schon seit sie denken konnte. Aber erst vor kurzem hatte sie erfahren, dass man für Bienen ein Haus bauen konnte und dass die Bienen einem dann ein wenig von ihrem Honig schenken würden. Sie hatte bei Hobbingen einen Imker besucht, sich alles von ihm erklären lassen und ihrer Schwester dann stolz den Blauplan eines Bienenhauses präsentiert.
Ihre Schwester war Drechslerin und hatte ihr dieses Bienenhaus gebaut, im Tausch gegen einige Stunden Hausarbeit. Normalerweise mochte sie Hausarbeit nicht besonders, aber für so ein Bienenhaus war sie bereit, diese Plackerei auf sich zu nehmen.
Dann hatten ihr Vater und sie das Bienenhaus am Ortsausgang von Lützelbinge auf der anderen Seite des Baches aufgestellt, in der Nähe des Baumes, der den Ausgang des Tals markierte. "Von dort haben es deine Bienen nicht weit auf die Wiesen und zu den Bäumen, denn ich weiß nicht ob sie in Lützelbinge genug Blüten finden," hatte ihr Vater gesagt, "und außerdem stören sie hier niemanden." Als ob Bienen jemanden stören könnten!
Es war auch ein wilder Bienenstock gesichtet worden. Für den Umzug mußte sie allerdings nochmals die Hilfe des Imkers aus Hobbingen in Anspruch nehmen, der gerne kam weil er sich darüber freute, dass sein Wissen hier gefragt war.

Und diese Bienen, ihre Bienen, besuchte sie nun jeden Tag, guckte ob es ihnen gut ging und sang ihnen etwas vor.

Kommentare bitte hier: viewtopic.php?f=142&t=2467

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste