Kartentee

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
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Celandril
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Kartentee

Ungelesener Beitragvon Celandril » Mittwoch 4. Mai 2022, 13:12

Beteiligte sind dabei:

Meldë - auf Besuch fern von Zuhause, geschrieben von Meldë (Name jetzt angepasst an den frischen Forenaccount)
Maeronmorn - auf Besuch in der alten Heimat, geschrieben von Celandril



Ein prachtvoller Herbsttag neigt sich in Imladris dem Ende zu. Die steilen, bewaldeten Hänge, die das Tal umschließen, verlieren im schwindenden Licht ihren Glanz; das satte, dunkle Grün der Fichten, das warme Rotbraun der Buchen, das leuchtende Gelb von Bergahorn und das spektakuläre Rot vereinzelter Ebereschen - alles verblasst zu einem ruhigen, einheitlichen Grau. Die Hithaeglir sind nur noch als dunkle Umrisse zu erahnen, einzig ihre höchsten, schneebedeckten Gipfel heben sich deutlich vom Nachthimmel ab. Die meisten Handwerker legen nun ihre Arbeit nieder, in den Ställen wird das allabendliche, duftende Heu gereicht und der Lampenmacher sorgt dafür, dass auch die letzten Spaziergänger nicht im Finsteren heimkehren müssen. Überall entlang der Wege verbreiten seine Laternen und Leuchten ihren warmen, gelblichen Schein. Auch aus den Fenstern der Gebäude dringt einladendes Licht, während von den Schornsteinen Rauch aufsteigt, dessen würzige Duft-Nuance verrät, dass es an diesem Abend Kiefernholz ist, das für Wärme sorgt. Der Geruch von Herbstlaub verflicht sich damit, und als der Wind kurz dreht und aus der Richtung des Letzten Heimeligen Hauses weht, mischt sich der süße, verführerische Duft frisch gebackenen Apfelkuchens hinzu. Der einzige Wermutstropfen an diesem Abend sind die Wolken, die, wie so oft um diese Jahreszeit, gemeinsam mit der Dämmerung aufziehen und einen leichten, kalten Nieselregen mit sich bringen. Die wenigen Gäste des Tals, die noch im Freien unterwegs sind, werden von einem dunkelhaarigen, streng blickenden Wächter gewarnt, dass die Brücken nun sehr glatt sein können.
Bei einer der Brücken, nämlich jener, welche den Marktplatz mit dem Platz der Zusammenkunft verbindet, hält sich dennoch eine Person auf. Auf den ersten Blick könnte man sie leicht übersehen, wie sie da neben einem Brückenpfeiler am Stamm einer jungen Birke lehnt, klein, schmal, zusammengesunken. Sollte doch jemand sie bemerken und genauer hinsehen, würde er erkennen, dass es sich um eine Elbin handelt, die dort auf ihrem zusammengefalteten Umhang sitzt, das Kinn auf die angezogenen Knie gestützt. Wer noch genauer schaut, dem wird auffallen, dass sie in einer zu Boden gesunkenen Hand ein Buch hält - und dass sie die Augen geschlossen hat. Das vom Regen angefeuchtete Haar hängt ihr ein wenig ins Gesicht, und auch das Buch beginnt bereits die Feuchtigkeit aufzusaugen. Doch die Elbin - Meldë - scheint davon nichts zu bemerken. Ein ordentliches Nickerchen - so würde Imladris’ kleinwüchsigster Bewohner wohl dazu sagen.



Die Pferde nach dem langen Ausritt zu versorgen, und das gemeinsam, bringt ein ruhiges Ausklingen lassen des gerade eben noch warmen Tages. Und wo das Erkunden, oder auch Zeigen, der hochmoorigen Umgebung in solch wundervoller Herbstsonne so viele Stunden in Anspruch nahm, verabschiedet sich Maeronmorn nun – zumindest für ein paar Stunden - von der bisherigen Begleitung, um den Rest des inzwischen weitaus dunkleren, kühleren und auch nasseren Abends etwas weniger als Gast zu verbringen. So führt der Weg von den Ställen aus diesmal nicht in Richtung des kleinen, freundlich wie unaufdringlich zugewiesenen Lagers inmitten von Bäumen, sondern dem heimeligen Haus zu. Der Unterschied zwischen dem kleinen Feuer, das sie die meisten Abende zur Zubereitung von Mahlzeiten nutzen, und den großen, Hitze und Rauch verströmenden Öfen der Halle des Feuers ist im abnehmenden Licht schon von weitem deutlich zu sehen, daran ändern auch die vielen kleinen Lichter der sorgsam gepflegten Lampen nur wenig. Allerdings zeigt sich deren unmittelbarer Nutzen doch, sobald eine der vielen glatten Steinbrücken betreten wird, bei denen die Wachen so oft und gerne vor dem Ausrutschen warnen, denn die zusätzliche Beleuchtung zeigt, wo sich bereits Pfützen bilden, und wo das Wasser schon in winzigen Bächen die polierten Platten hinabzulaufen beginnt…oder demnächst beginnen wird. Der Blick hinab in dunkles Wasser, gut sichtbar nur an der Bewegung, dem schäumenden, helleren Sprühen, so ähnlich der salzigen Gischt an felsigen Meeresrändern, und doch so verschieden dazu, in Geschwindigkeit und Breite, bringt nachdenkliches, fast schon träumerisches Lächeln, während die Hände über nieselregennasse Geländer streifen, aufgehalten nur hin und wieder von dunkelgrünen Blättern und darin versteckten, in der feuchten Dämmerung geschlossenen Blüten.
Weniger dem Duft nach Gebackenem folgend als vielmehr der nach so vielen Jahren den Beinen eigenen Erinnerung der Wege in Imladris, wandert Maeronmorns Blick über Buschwerk, Bäume und Architektur, über die angenehmen, hoffnungsvollen Lichtflecken, die im Regen befindliche Person, die ---oh.
Es ist kein Aufwand, sich zu nähern, gewiss kein Umstand, den Höhenunterschied vom Stehen hin in die Hocke zu ändern, und die nicht gänzlich unbekannte Elbin mit leisem Gruß anzusprechen.


Im ersten Moment zeigt sich keinerlei Reaktion auf Maeronmorns Gruß hin. Aus dieser Nähe betrachtet, weist das fein geschnittene, helle Gesicht der Elbin deutliche Spuren der Erschöpfung auf. Am offensichtlichsten sind die Schatten unter ihren Augen, aber auch die Blässe ist … Bevor er sie länger betrachten könnte, blinzelt Meldë schließlich doch die Augen auf. Ein, zwei Herzschläge lang blickt sie verwirrt um sich, doch als sie Maeronmorns Gestalt in der Dämmerung ausmacht, breitet sich ein Lächeln in ihrem Gesicht aus, das alle Müdigkeit zu vertreiben scheint. “Ich wusste es!”, meint sie ohne Einleitung, fröhlich, beinahe ein wenig übermütig. Würde sie nicht beginnen, die steif gewordenen Beine und Arme auszustrecken, käme man kaum auf die Idee, dass sie bis vor wenigen Augenblicken geschlafen hat. “Wisst Ihr, wie man ein wildes Tier am leichtesten findet? Man legt sich an einem Ort auf die Lauer, wo man es schon einmal gesehen hat, und übt sich in Geduld. Sie nehmen immer die selben Wege, kehren stets an ihre angestammten Plätze zurück.” Es bleibt Maeronmorn wohl selbst überlassen, was er mit dieser Aussage anfängt, denn bevor sie weitersprechen könnte, fällt Meldës Blick auf das feuchte Buch, das neben ihr am Boden liegt. Rasch hebt sie es auf, betrachtet es, verzieht dabei ein wenig die Lippen. Schließlich hebt sie auch ihrem Umhang vom Boden auf, der zumindest noch eine kleine, trockene Stelle aufweist, und wickelt das Buch darin ein.

"Ich gehe nur äußerst selten zur Jagd, Meldë.... aber gewiss habt Ihr recht damit. Auch wenn der nasse Boden mir ein wenig ungünstig vorkommt, um auf etwas zu warten." Maeronmorn lächelt dabei, steht wieder auf und würde noch währenddessen eine Hand ausstrecken, um auch der Elbin aufzuhelfen. Die Bewegung kann durchaus anerzogene Höflichkeit erahnen lassen, derselben Art wie das ganz automatische Öffnen von Türen für Damen und Gäste. "Sicher wollt Ihr rasch trocken werden... ich war auf dem Weg in die Bibliothek, aber das hat keine Eile. Ich kann Euch also den Weg zu den Öfen des Hauses begleiten - " Hier wird mit fragendem Blick, erst gen Meldë und dann zum Himmel hin, unterbrochen, bevor der Ausdruck scherzhafter erscheinen mag. "Natürlich gäbe es auch eine schnellere Möglichkeit, wo Ihr wohl kaum mehr wiegen könnt als ein Sattel. Wer weiß, ob es nicht gleich noch stärker regnet." Es macht zwar nicht den Eindruck, als würde das Nieseln jeden Moment zum Wolkenbruch, aber darauf kommt es vermutlich nicht an.

Meldë greift mit kühlen Fingern nach Maeronmorns dargebotener Hand, erhebt sich aber, ohne sich merklich davon hochziehen zu lassen. Dabei drückt sie mit einem Arm das eingewickelte Buch an ihren Körper, wohl in der Hoffnung, es vor weiterer Nässe schützen zu können. Auf seine Worte erntet der Elb im ersten Moment nur einen fragenden Blick. Bald aber breitet sich ein offenes, ausgesprochen amüsiertes Lächeln in ihrem Gesicht aus. “Wollt Ihr damit etwa andeuten, dass Ihr mich buchstäblich auf den Arm nehmen würdet? Ein verlockendes Angebot. Aber ich habe mich in den letzten Tagen schon allzu oft tragen lassen - meine Beine können ein wenig Bewegung gut gebrauchen.” Maeronmorn wird vielleicht auffallen, dass die Elbin vor ihm zwar leicht nach Kräuterseife duftet, dass sich, beinahe darunter verborgen, aber auch noch ein anderer Geruch wahrnehmen lässt, nach Sattelleder, Pferdefell und frischem Stroh. Ohne Umschweife schlägt sie den Weg zum Letzten Heimeligen Haus ein und erhebt ihre Stimme erst nach einigen Schritten wieder. “Ihr seid aus der Richtung der Ställe gekommen, nicht wahr? Wo wart Ihr unterwegs? Und weshalb - um zu genießen oder zu arbeiten?”

Da Geruch der Pferde, so kurz nach dem Ausritt, auch in Maeronmorns Kleidern bis zum Umziehen - oder bis zum völligen Durchnässtsein - noch zu finden sein wird, fällt im Moment eher der Duft nach Kräutern auf, allerdings mehr unbewusst…und auch unerwähnt. Dem Erkennen des Scherzes folgt Lachen, und Zustimmung, sowohl zum weiterhin bestehenden Angebot als auch zu der Wahl des gemütlichen Fußmarschs stattdessen.
Zusätzlich mag erkennbar sein, dass die sonst fest verflochtenen schwarzen Haare in der feuchten Luft ein kleines bisschen weniger ordentlich wirken, und die Kleidung heute deutlich mehr Leder enthält als die Tage zuvor. Waldelbischer Schnitt, eindeutig nicht nur für jemanden, der selbst von dort stammt, und dazu auch noch zum größten Teil rein funktional gehalten, auch die Färbung in sanftem braun und leichtem grün wirkt viel natürlicher als alles, was Maeronmorn beim letzten Treffen trug.
„Es war ein Ausritt zum reinen Vergnügen, hinaus ins Hochmoor. Dennoch ein gut genutzter Tag, ich wollte nur noch geschwind etwas erledigt wissen vor der Ruhe…um genau zu sein, ich möchte einige Papiere zurückgeben, die ich nun nicht mehr brauche. Nichts, das lange dauern würde…
Ihr habt auf jemanden gewartet, hier am Wegesrand? Danach zumindest hörte es sich eben an.“
Die Frage ist vorsichtig, um einen Mangel an Neugier bemüht, der nicht tatsächlich vorhanden ist, aber ein Interesse verdecken soll, das gewiss unhöflich wäre.


Ob die Elbin neben ihm viel Sinn für unterdrückte Neugier und Höflichkeit hat, ist äußerst fraglich. Der Blick, mit dem sie Maeronmorn von Kopf bis Fuß mustert, entbehrt jedenfalls jeglicher Zurückhaltung. Sie erlaubt sich sogar ein breites Schmunzeln, als ihr die leichte Unordnung in den schwarzen Haaren auffällt.
“Ah, ja, man sieht Euch an, dass Ihr eine vergnügliche Zeit hattet”, erwidert sie, unbestimmt und unbeschwert, während sie neben dem Elb den Weg entlang schreitet. Die feuchten Strähnen tanzen ihr bei jedem Schritt ums Gesicht, von Nasenspitze und Kinn fallen bereits etliche Tropfen, und die seidene, blaugrüne Tunika umfließt ihren Körper nun nicht mehr, sondern klebt viel eher daran fest. Doch das scheint Meldës Laune nicht im Geringsten zu trüben.
“Ihr habt es richtig erkannt - ich war dabei, auf jemanden zu warten. Auf einen Kartenzeichner, um genau zu sein. Ich lernte ihn vor kurzem kennen, und er bot mir an, einen Blick auf seine Werkstücke zu werfen, wenn ich Bedarf daran hätte. Eben darum halte ich nun nach ihm Ausschau - außerdem möchte ich ihm etwas zeigen, das ihn entweder sehr schockieren oder aber sehr belustigen wird.” Erneut wandert ihr Blick zu Maeronmorn, lächelnd und mit einem angedeuteten Zwinkern. “Aber ich glaube fast, dass ich diesen Elben heute nicht mehr finden werde. Vielleicht habe ich ihn verpasst.”
Noch während sie spricht, werden die Regentropfen merklich grösser und zahlreicher. Als sie unter einer Gruppe von Buchen hindurch wandern, fährt zudem noch ein Windstoß durchs Geäst, der weitere Tropfen herabfallen lässt. Viele Tropfen. Meldë gibt ein Lachen von sich, das an das helle, heitere Gezwitscher eines kleinen Vogels erinnert, und rennt unvermittelt los, das in ihren Umhang gewickelte Buch weiter an sich drückend. Ohne sich umzublicken, läuft sie durch den Regen, bis sie schließlich das schützende Vordach des Letzten Heimeligen Hauses erreicht.


"Achso, sieht man das?"
Maeronmorn lacht leise dabei, eher fröhlich als ablenkend, und die Kühle der nassfeuchten Luft hilft dabei, schwaches Erröten zu verhindern.
Während der Regen zunimmt, tut dies auch die Überraschung, und dem Hinweis auf das Angebot folgt rasche Zustimmung, denn selbstverständlich steht das noch aus... den Scherz im Ganzen übergeht Maeronmorn allerdings.
"Hatte die Bibliothekarin Euch keine gegeben? Was meint Ihr mit schockieren? Da gibt es...wenig, ehrlich gesagt."
Dass die derzeitige Hüterin der Bücher nicht einmal mit Namen bezeichnet wird, sagt, zusätzlich zum Tonfall, sicher auch einiges aus, während Haar und Kleidung nass und nasser werden.
Der Elb schüttelt leicht den Kopf bei dem so gar nicht unerwarteten Zwitschern im Regen, und folgt Meldë dann, überraschend schnell, in Richtung des Hauses.
Unter dem Vordach angekommen, streicht er zunächst Wasser aus den Zöpfen, und dann auch von der Kleidung.
Die Bewegungen sind genauso fließend, wie sie es immer waren.....doch der schwer erkennbare, unmerkliche Schatten von Schmerzen, der stets nur sehr Nahestehenden - und Heilern - auffällt, ist inzwischen verschwunden.
"Forscht Ihr noch immer an den Ruinen?"


Meldë beobachtet kurz die Bewegungen, mit denen Maeronmorn einen Teil der Nässe von sich wischt. Dabei legt sich ein feines Lächeln auf ihre Lippen.
“Ihr scheint Euch gut erholt zu haben. Ein Glück - ich hätte sonst nämlich einfallsreich werden müssen...” Sie lässt gänzlich offen, was sie damit meint, und geht ansatzlos dazu über, die Frage des Elben zu beantworten.
“Brennil Golweneth war sehr hilfsbereit. Sie fand zwei Karten, die genau das sein dürften, was ich brauche. Doch als mich erkundigte, ob ich sie mir ausleihen darf … ohweh.”
Während sie spricht, legt sie ihr kleines Päckchen aus Umhang und Buch kurz nieder, fasst mit beiden Händen in ihr offenes Haar und schüttelt es, dass die Tropfen weit nach allen Seiten fliegen.
“Ich hätte bessere Aussichten gehabt, einen Granitblock zu erweichen. Doch sie bot mir an, Kopien dieser beiden Karten zu fertigen. Eine freundliche Geste, die ich gerne annahm - aber es fiele mir zu schwer, nun untätig abzuwarten, bis sie ihr Werk vollendet. Also bin ich …” Sie hält kurz inne, lässt ihren Blick einmal mehr über Maeronmorns Gestalt wandern und schüttelt sachte den Kopf.
“Ich rede und rede, während sich zu unseren Füssen Flüsse und Seen bilden. Und dabei sind meine Worte ohnehin nur für den Kartenzeichner bestimmt. Ich werde mich nun umziehen und mich anschließend in die Halle des Feuers setzen - vielleicht werde ich ihm dort doch noch begegnen. Ansonsten wäre mir auch Eure Gesellschaft sehr willkommen.”
Damit wendet sie sich der Tür zu, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Allerdings bewegt sie sich dabei langsam, um Maeronmorns Erwiderung abzuwarten.



Das Wasser wird nun kaum noch beachtet, dafür sieht Maeronmorn Meldë direkt und aufmerksam an.
"Ah...einfallsreich, hm? Ihr habt mich ohnehin in Schwierigkeiten gebracht. Nicht jeder hört gern von den Verletzungen anderer, und nicht immer ist es klug oder rücksichtsvoll, Wissen einfach so weiterzugeben."
Ein nur leicht vorwurfsvoller Blick trübt das begleitende Lächeln, das scheint, als wolle Maeronmorn sich bereits während dem Aussprechen für vielleicht unangebrachten Ärger entschuldigen, und die Hände breiten sich in ebensolcher Geste zu den Seiten.
"Ich werde ....beschützt, von Hrávalaco."
Das mag sich, bei all der in den Worten liegenden Ernsthaftigkeit, reichlich albern anhören, wo Maeronmorn den mit zutiefst nach quenya klingendem, und somit sicher immens unpassend wirkenden Namen bezeichneten Elben um gut zwei Handspannen überragt, und auch insgesamt von der Statur her deutlich kräftiger wirken müsste - und doch lässt kein Zwinkern oder angedeutetes Lächeln einen Scherz vermuten.
"Er achtet auf mich, im Wald, neigt dazu, das auch anderswo zu tun, und ich neige dazu, das zuzulassen.
Daher, bitte tut das, zieht Euch um - ich bringe meine Papiere zurück, werde mich ebenfalls umziehen, und dann zu Euch kommen, mit Karten."

Leise gemurmeltes 'eine Schande, nichts herauszugeben, als sei das elitäres Wissen, zugänglich nur für die Würdigen, Elentári was für ein Unsinn! Und ich dachte, jemand anders würde Besserung bringen....' könnte Meldë hören, wenn sie darauf achtet.
Doch der Wechsel der Mimik, von höflicher Freundlichkeit zu einer entnervten Art von ...nun, Arroganz vielleicht, oder Verachtung... ist schwieriger zu bemerken, da diese Änderung erst eintritt, als die Elbin sich umwendet.


Meldë verharrt auf halbem Weg zur großen, doppelflügligen Eingangstür und sucht Maeronmorns Blick, als könnte sie so besser erkennen, wie seine Worte einzuordnen sind. Verwunderung spiegelt sich deutlich in ihren graugrünen Augen, gefolgt von etwas, das vage nach Reue aussieht.
“Ich hatte nicht damit gerechnet, dass … Hrávalaco so leidenschaftlich reagieren würde.” Sie zögert nur einen Herzschlag lang, bevor sie den seltsam anmutenden Namen ausspricht. Von Belustigung ist in ihrem Gesicht für einmal keine Spur zu finden. Erneut fährt sie sich mit den Fingern durchs nasse Haar, wobei die Geste nun keinen bestimmten Zweck zu erfüllen scheint.
“Es tut mir leid, dass ich Euch in diese Situation gebracht habe. Ihr müsst wissen, dass ich mich in den letzten Jahren fast ausschließlich um Lebewesen gekümmert habe, die sich entweder auf vier Beinen, auf Flügeln, kriechend oder aber überhaupt nicht fortbewegen. Der Umgang mit ihnen ist in vielerlei Hinsicht einfacher. Ein alter Apfel, ein paar besänftigende Worte, eine Streicheleinheit - damit sind die meisten Vorbehalte aus der Welt geschafft. Aber die Zweibeiner...? Mit all ihren Beziehungen und Verflechtungen, Vergangenheiten, Erinnerungen und Sorgen? Sie sind erheblich komplizierter. Und Ihr scheint in dieser Hinsicht sogar noch zu den herausragenden Exemplaren zu gehören.” Endlich legt sich wieder das gewohnte, ruhige, zuversichtliche Lächeln auf ihr Gesicht. “Verzeiht mir, dass ich Takt und Feingefühl vergaß. Ich werde mich bemühen, dass es nicht erneut geschieht.”


Sobald Maeronmorn Meldës Blick zurück bemerkt, wird sich der seine wieder ändern - schließlich ist es gewiss nicht ihre Schuld, was für .... Personen.... sich hier im Laufe der Jahre schon für 'die Bücher und Schriften' zuständig fühlten, also ist entschuldigende Freundlichkeit angebrachter.
"Ah - verzeiht. Sein Name ist Juveniel, ich ...habe wohl nicht bemerkt, dass eine förmliche Vorstellung... übersprungen wurde.."
Der Umstand, dass ein solcher Formfehler von allen Beteiligten vermutlich Maeronmorn am unangenehmsten ist, und er das selbst auch weiß, lässt sich wohl gleichermaßen heraushören.
"So sonderlich schlimm war es nun auch nicht. Es ist alles in Ordnung.
Und es gehört sich ja meist nicht, den Heilenden in solchen Dingen zu widersprechen.
Verzeiht bitte, dass ich Euch die Arbeit unerwartet erschwert habe."
Nach so höflicher, und auch noch wechselseitiger Entschuldigung, und raschem Gang zur Tür, die er sicher versuchen wird der Dame offenzuhalten, verneigt sich Maeronmorn leicht, was ein "auf sehr bald" begleitet.

Noldor: the Deep Elves, the second host of the Eldar on the westward journey from Cuviénen, led by Finwë. The name meant "the Wise" (but wise in the sense of possessing knowledge, not in the sense of possessing sagacity, sound judgement).

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Celandril
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Re: Kartentee

Ungelesener Beitragvon Celandril » Mittwoch 4. Mai 2022, 13:12

“Es gibt nichts, wofür Ihr Euch zu entschuldigen bräuchtet. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, mit was für widerspenstigen Patienten ich schon zu tun hatte. Immerhin habt Ihr nicht versucht, mit einen Finger abzubeißen.”
Das helle Lachen scheint im ersten Moment so gar nicht zu ihren Worten zu passen, die durchaus ernst gemeint sind. Doch bevor Maeronmorn sich darüber Gedanken machen könnte, gleitet die Elbin an ihm vorbei durch die Tür, so geschmeidig, wie es in nass herabhängender Kleidung nur möglich ist. Mit einem abschließenden, freundliche Nicken verabschiedet sie sich von ihm - für den Augenblick.
Allzu viel Zeit scheint Meldë nicht an Äußerlichkeiten zu verlieren, zumindest nicht an diesem Abend. Als sie nur Minuten später die Halle des Feuers betritt, trägt sie zwar eine frische, trockene Tunika in verschiedenen, ineinander überfließenden Grüntönen, das Haar jedoch dürfte nicht einmal ein Handtuch zu spüren bekommen haben, geschweige denn einen Kamm. So hängt es ihr in offenen, feuchten, etwas wilden Strähnen ums Gesicht.
Nach einem kurzen Gang zur an die Halle anschließenden Küche und einigen scherzhaften Worten mit der dort zuständigen Dame, mit der sie sich längst angefreundet haben dürfte, trägt Meldë ein Tablett in Richtung des Tisches, der den Feuern am nächsten steht. Eine Teekanne befindet sich darauf, aus deren Öffnung heißer, duftender Dampf aufsteigt. Außerdem zwei hölzerne, reich verzierte Becher und - am wichtigsten - zwei Teller mit ebenjenem Apfelkuchen, dessen Duft schon seit geraumer Weile durchs Tal zieht und die Nasen verführt.
Die Elbin setzt sich gemütlich hin, um auf jene Person zu warten, für die der zweite Becher und das zweite Kuchenstück bestimmt sind. Dabei wendet sie ihr Gesicht dem Kamin zu, aus dessen Richtung gleichmäßige, wohlige Wärme zu ihr hinüber strahlt. Genüsslich schließt sie die Augen, um sich voll und ganz auf das angenehme Gefühl zu konzentrieren. Unbewusst zupfen ihre Finger dabei über ein Verbandsende, das unter dem linken Ärmel ihrer Tunika herausschaut.


Nachdem Meldë freundlich, wenn auch weniger lachend, verabschiedet wurde, führt Maeronmorns Weg erst einmal in Richtung der Bibliothek, wo er, dank aufmerksamer Beobachtung und spontan angepasster Wegführung durch Treppengänge und Hallen, die derzeitige Bibliothekarin...knapp verpasst, und Papiere, die wohl von jemandem nicht gebraucht wurden, ordentlich in der ledernen Mappe zurück in einen dafür gedachten Kasten legt...was im Großen und Ganzen recht schnell geht.
Die Zeit zwischen dem Verlassen eben dieser Bibliothek, und erneutem Auftauchen in der warmen Halle des Feuers - in frischer, weniger robust aussehender Kleidung, die dafür aber auch weit weniger nass ist - überschreitet die Zeit, welche Meldës Vorbereitungen brauchen, mit Sicherheit dennoch um einiges.
Das Haar jedenfalls wirkt um einiges trockener, und liegt, im Gegensatz zu sonstigen Gelegenheiten, offen über Schultern und Rücken, wie ein tiefschwarzer Wasserfall zu den Hüften hinunter.
Auch die Tragetasche aus festem Leder, so gut wie nur denkbar wasserdicht zu verschließen, und an einem Gurt quer über die Schultern getragen, wurde in den letzten Monaten - oder auch Jahren - nicht mehr oft gesehen.
Maeronmorn betrachtet den umsichtig gedeckten Tisch mit sichtbarer Überraschung.
"Oh - ich dachte, Ihr wollt nur... ich hätte auch etwas mitbringen können!"



“Mir fällt keine einzige Tätigkeit ein, die durch heißen Tee und frischen Apfelkuchen nicht noch veredelt werden könnte”, erwidert die Elbin, nachdem sie rasch die Augen aufgeblinzelt hat. Wie schon zuvor bei der Brücke, nachdem sie aus ihrem kurzen Schlummer erwachte, streckt sie auch jetzt die Arme und Beine aus, räkelt sich geschmeidig und kümmert sich nicht im Mindesten darum, dass sie damit gegen irgendeine Form von Etikette verstoßen könnte.
Sie bedeutet Maeronmorn mit einer heiteren Handbewegung, sich an den Tisch zu setzen, und schenkt ihm Tee ein. Anschließend zieht sie ein Stück mehrfach gefalteten, dicken Papieres aus einer Tasche ihrer Tunika, das aussieht, als hätte es eine ziemlich schwere Zeit hinter sich.
“Hier, das wollte ich Euch zeigen. Ich habe beschlossen, selbst eine Karte abzuzeichnen - nur ein Ausschnitt, um von diesem Tal bis zur Feste Thondol zu gelangen.”
Sie beginnt, ihre ‘Karte’ auseinander zu falten.
“Man könnte wohl sagen, dass Ihr in dieser Kunst einer der Besten seid, während ich … nunja, das andere Ende der Skala abdecke.”
Damit gibt sie den Blick frei auf die vielleicht nutzloseste Karte, die Maeronmorn je gesehen hat. Beinahe die Hälfte des Platzes wird von einer detailverliebten Zeichnung des Letzten Heimeligen Hauses ausgefüllt. Winzige Elben schnuppern an winzigen Blütenbüschen, einer von ihnen tanzt gar über das Geländer einer winzigen Brücke. Hübsch schraffierter Rauch steigt in Schwaden aus dem Schornstein auf.
Von der Brücke weg schlängelt sich ein roter Strich übers Papier, der wohl den Weg anzeigen soll. Der Versuch, Höhenlinien einzutragen, wurde scheinbar nach kurzer Zeit aufgegeben, wodurch die Zeichnung stellenweise recht … künstlerisch wirkt. Liebevoll wurden kleine Fichten und Buchen, Birken und Ebereschen über die restliche Fläche skizziert - und in blauer Farbe auch etwas, das wohl den Bruinen darstellen soll. Die rote Linie quert ihn, ehe sie kurz vom Schriftzug ‘Hier rechts abbiegen!’ unterbrochen wird. Sie kringelt sich um einen sorgfältig gezeichneten Berg, der so, wie er hier dargestellt wurde, wohl in den gesamten Trollhöhen nicht zu finden ist. Ein großes X markiert schließlich das Ziel.
“Nun könnt Ihr Euch denken, warum ich heute so müde bin, dass ich im Regen einschlief - ich habe mich auf diesem kleinen Ausflug hoffnungslos verirrt!” Ein unbekümmertes Lachen folgt ihren Worten. Sie kostet einen ersten Bissen des Apfelkuchens und beobachtet neugierig Maeronmorns Reaktion.



Maeronmorn stellt die, vielleicht, vermutlich, schwere Tasche nicht auf den mit Tassen und weiterem Gedeck beanspruchten Tisch, sondern holt sich dafür möglichst leise einen weiteren Stuhl etwas näher heran. Streckübungen bei Tisch beachtet er kaum, oder, nur mit einem Lächeln, das nicht einmal nachsichtig wirkt, und auch nicht überrascht, obwohl das, einige Jahrzehnte zuvor, mit recht viel Gewissheit noch anders gewesen wäre.
"Es ist sehr nett, auch wenn .... solche Arbeiten, wie ich finde, konzentrierter erledigt werden, ohne derartige Ablenkung. Außerdem können Papier, Pergament, Leder, Farben - alles im Grunde - durch Verunreinigung Schaden nehmen."
Die bis dahin nur leichte Belustigung in der Stimme wird im nächsten Satz noch weitaus deutlicher, und mag jeden Vorwurf daraus fernhalten.
"Das bedeutet wohl, wir sollten den Kuchen aufessen, bevor wir uns einer ernsthaften --" was aber beim Blick auf das gefaltete Papier doch kurz unterbrochen wird.
"-- nicht negativ gemeint, ernsthaften Betrachtung zuwenden."
Mit ein wenig zur Seite geschobenem Teller, und einer Tasse in der Hand statt auf dem Tisch, sieht Maeronmorn auf die entfaltete Zeichnung.
Der heiße Tee verschwindet, ohne dass der Elb sonderlich darauf achten würde, und erst nach einer ganzen Weile des Anschauens, die Tasse ohne den Blick von winzigen Figuren zu nehmen weiter drüben auf dem Tisch abgestellt, wandern die blauen Augen wieder zu Meldë. Von Erschrecken oder ähnlichem ist darin nichts zu sehen, und es dürfte recht offensichtlich sein, dass er an der Art des Zeichnens, den Details und dem gewählten Fokus, Freude hat.
"Das habt Ihr gezeichnet? Ich würde das nun wirklich nicht 'anderes Ende der Skala' nennen - es ist wunderschön. Wie lange habt Ihr gebraucht? Und was heißt abgezeichnet - von einer Karte oder aus Eurem eigenen Blick?
Man merkt natürlich, dass Ihr nicht abgemessen habt, oder nicht nachgemessen, falls es vom Werk eines anderen inspiriert wurde, und es ist wahrlich kein Wunder, dass das nicht zum gewünschten Ziel führte - ich bin nicht dafür, auf der Karte selbst Ziele einzutragen, das macht sie so... nun, wenig oft nutzbar - und hat man Euch gesagt, dass unsere Wege, vor allem die Abzweigungen, mit weißen Steinen markiert werden, damit man auch verdeckte Wege findet? Denn dann hättet Ihr es eigentlich kaum verfehlen können, es sei denn, ein Dachs oder jemand dieser Art hätte sie verscharrt, manchmal tun sie das unabsichtlich -- mit unsere meine ich, die von Imladris aus angelegten Wege, tut mir leid -- und dann müsste jemand sie wieder in Ordnung bringen. Habt Ihr schonmal einen Lageplan gezeichnet? Das ist, falls Ihr das Abmessen üben wollt, ganz hervorragend. Die Bäume sind gut getroffen! Und meist sogar an der richtigen Stelle. Auch die Bäume könnten wir einmal ausmessen, oder eben einen davon, das Prinzip dabei ist das gleiche wie beim Ausmessen einer Schlucht - also, natürlich nur, wenn es Euch interessiert. Verzeiht bitte .... natürlich kann ich Euch auch einfach eine fertige Karte geben, das .... ist meist eher gewünscht."
Der regelrecht begeisterte Redefluss stockt nun erst einmal, und der Gesichtsausdruck wechselt zu entschuldigend, während die Hände, wie um etwas zu tun zu haben, das nicht vorsichtiges Verfolgen unrealistischer Hügellinien ist, nach dem Kuchenteller greifen.


Meldës Verwunderung über die Reaktion ihres Gegenübers ist so groß, dass sie einen Moment lang schlichtweg weiterzukauen vergisst und mit vollem, aber glücklicherweise geschlossenem Mund verharrt. Erst als Maeronmorn bei den Worten ‘Lageplan’ und ‘Abmessen’ angelangt, beeilt sie sich, den Bissen Apfelkuchen herunterzuschlucken, wobei sie etwas zu hastig vorgeht. Hinter vorgehaltener Hand versucht sie ein halb unterdrücktes Husten zu verbergen, das nahtlos in leises Lachen übergeht.
“Ihr seid ein seltsamer Vogel, Maeronmorn. Nun ist es Euch schon so oft gelungen, mich zu überraschen, dass ich anfange, mit allem zu rechnen.” Aus dem Munde derjenigen, der die feuchten, zerzausten Haare ins Gesicht fallen und die unauffällig versucht, sich einen Blätterteigkrümel vom Mundwinkel zu wischen, mögen diese Worte durchaus komisch anmuten.
“In geringem Masse bin ich enttäuscht, denn ich hatte gehofft, zusehen zu können, wie Ihr in schallendes Gelächter ausbrecht. In weitaus höherem Masse freut mich aber, was Ihr sagt. Danke… Wie lange ich daran gearbeitet habe, weiß ich nicht genau. So lange, wie ich brauchte, um nebenher zu frühstücken. Denn ich habe wirklich nur kopiert, und das nicht mit allzu großer Genauigkeit.”
Sie überlegt kurz und nickt andeutungsweise, mehr zu sich selbst und ihren eigenen Gedanken als nach außen gewandt.
“Das also hat es mit diesen weißen Steinen auf sich. Ich kann Euch beruhigen - die Abzweigung selbst war auf diese Weise markiert, ich habe sie mühelos gefunden. Was mir Schwierigkeiten bereitete, war eher der darauf folgende Weg. Oder Pfad. Pfade, Mehrzahl … oder sagen wir lieber das wirre Netz von Wildwechseln, in dem ich das eine oder andere Mal falsch abgebogen sein muss.”
Ein feines, hintersinniges Lächeln schleicht sich in ihr Gesicht, deutlicher sichtbar in den funkelnden Augen als an den nur leicht angehobenen Mundwinkeln.
“Wenn ich so darüber nachdenke … dort scheinen die weißen Kiesel tatsächlich zu fehlen. Ihr solltet unbedingt hinreiten und das in Ordnung bringen. Ich könnte Euch begleiten, damit Ihr die schwierigen Passagen leichter findet. Wobei ich auch nichts dagegen hätte, Bäume auszumessen. Das klingt … amüsant.”
Sie streckt die Hand nach ihrer Teetasse aus, die bis dahin völlig vergessen vor ihr auf dem Tisch stand, und dreht sie zwischen ihren Handflächen hin und her.



Maeronmorn bemerkt die Überraschung seines Gegenübers zunächst, während der eigenen begeisterten Ausführungen, überhaupt nicht, und schaut Meldë beim Husten erschrocken und fast übergangslos bei der darauffolgenden Wortwahl merklich kühler an.
"Was sollte lustig daran sein? Ihr seid begabt im Zeichnen, besonders, da es Euch nur so wenig Zeit kostet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ...Original, von dem Ihr den Weg ... nunja, ich kann mir nicht vorstellen, dass dort mit so vielen Details gearbeitet wurde. Es ist eine schöne Kunst, und angenehm anzuschauen."
Beim Wechsel zum Thema Kiesel und Pfade verliert sich die Kühle schnell wieder, wenngleich der Elb nun langsamer spricht, und in einer ruhigeren Art. Es könnte natürlich auch an dem langsam kleiner werdenden Stück Kuchen liegen, zumindest theoretisch, obwohl das von näheren (und älteren) Bekannten wohl als ziemlich unwahrscheinlich verworfen würde.
"Ab und zu ist es notwendig - besonders ohne Karte - rein den Himmelsrichtungen zu folgen. Auf Pfade kann man sich nicht immer verlassen, schon starker Regen kann ausreichen, diese unkenntlich zu machen."
So dem feinen Lächeln ein Plan innewohnt, kann Meldë recht sicher sein, dass Maeronmorn nichts, aber auch gar nichts davon bemerken wird. Der Tonfall ändert sich absolut nicht, sondern bleibt in zufriedener Weise sachlich.
"Hmm...jemand anders wird sich bestimmt darum kümmern, ich werde es mir anschauen, wenn wir abreisen - oder falls sich etwas dazu ergibt, auch früher - aber es sind genug Grenzwachen unterwegs, um solcherlei zu bemerken und zu erledigen.
Und schwierige Passagen gibt es dort für mich nicht, trotzdem danke.
Das Ausmessen von Bäumen ist im Grunde nur eine Übung, um sich später an schwierigere Höhen zu wagen. Ich schreibe manchmal die gemessene Höhe mit auf die Karte, wenn es von Interesse sein könnte. Bei größeren Seen und Flussläufen ist es auch nicht unwichtig.
Aber ehrlicherweise muss ich Euch sagen.... in einer Zeitspanne, die nebenbei Frühstück ermöglicht, lässt sich keine akzeptable Karte erstellen, wenn es um mehr als einen Innenhof gehen soll."

Die Worte 'sonst könnte das ja jeder' spricht Maeronmorn nicht aus, aber ein leises Gefühl davon... könnte in dem betont zurückhaltenden Lächeln zu erahnen sein, wenn jemand sehr aufmerksam zuhört.


Meldë wendet ihren Blick ab, einen Moment später sogar das ganze Gesicht, als Maeronmorn in kühler und gleichzeitig so freundlicher Weise über ihre Kunstfertigkeit spricht. Sollte der Dunkelhaarige gerade in ihre Richtung schauen, würde ihm auffallen, dass die Röte auf ihren Wangen unmöglich nur vom nahem Feuerschein stammen kann. Eine durch und durch ungewöhnliche Reaktion für die sonst so freimütige, unumwundene Sinda.
“Danke”, meint sie leise, ehe sie kurz an dem heißen Tee nippt und sich anschließend von ihrer Verlegenheit ablenkt, indem sie beginnt, mit einem Finger über den feuchten Rand der Tasse zu kreisen und dabei einen tiefen, gleichmäßigen Klang zu erzeugen.
Ein Klang, der sich aufs Angenehmste mit dem plötzlichen, neuerlichen Lachen der Elbin verbindet.
“Ohweh… Mein Versuch war schwach. Vielleicht wird mir noch etwas Besseres einfallen”, erwidert sie, ohne Maeronmorn darüber aufzuklären, wovon sie gerade spricht. “Wärt Ihr denn so liebenswert, mir den Teil des Weges von der Furt bis zur Feste Thondol aufzuzeichnen, damit ich bei meinem nächsten Versuch besser gewappnet bin?”
Damit lenkt sie ihren Blick auf die Tasche, die Maeronmorn auf einem Stuhl abgelegt hat. Neugier funkelt in ihren Augen auf.



Maeronmorn ist vermutlich anzusehen, dass er nicht nur keinerlei Verbindung zwischen feinen Andeutungen und feinem Lächeln herstellt, sondern auch Zeichen von Verlegenheit auf anderer Elben Gesicht keineswegs als solche deutet. Dabei mag es eine Rolle spielen, dass Maeronmorn Meldë noch nicht sonderlich lange kennt - aber das muss nicht unbedingt sein, so routiniert wie der Elb gerötete Wangen und abgewendeten Blick übersieht.
Stattdessen fixieren die Augen mit einiger Irritation die leise und angenehm klingende Tasse, der er offenbar nichts dergleichen zugetraut hätte. So schreckt er bei plötzlichem Lachen regelrecht hoch, und streicht, nachdem der geleerte Kuchenteller entfernt von Papier in der Nähe der Tasse abgestellt wurde, einige nach vorn gefallene schwarze Haarsträhnen über die Schulter zurück nach hinten.
"Was für ein Versuch?
Ich kann es aufzeichnen, Ihr müsst dann nur damit rechnen, dass die im Gelände sichtbare Wegführung nicht der Wahrheit entspricht."
Die Formulierung, in Verbindung mit Tonfall und Ausdruck, lässt kaum Zweifel daran, dass das kein falsch zusammengesetzter Satz war, sondern Maeronmorn einer Karte vermutlich tatsächlich höhere Genauigkeit zutraut als der oft wechselhaften Wirklichkeit.
"Habt Ihr schon einmal eine Karte benutzt?
Damit meine ich nicht, darauf gesehen und 'aha, da ist das also' gedacht, oder eine in der Tasche getragen während ein anderer vorausging - oder bei einem Weg, den Ihr ohnehin kennt.
Ich meine, inmitten der Wildnis auf eine Karte sehen und dann wissen wo Ihr seid und wohin Ihr gehen müsst?
Sonst...nützt das nicht sonderlich viel, Euch nur eine zu geben.
Ich zähle Entfernungen in Schritten um sie umzurechnen, und Euch die Anzahl zu nennen wäre logischerweise sinnlos."
Das Lächeln macht derweilen bestimmt deutlich, dass es hier um reine Information geht, und nicht um eine Wertung.



“Ein Versuch, Euch dazu zu bewegen, mich bei meinem nächsten Ausritt als Wegführer zu begleiten”, erwidert Meldë frei heraus. Mit ruhiger Neugier behält sie Maeronmorn über den Rand der Tasse hinweg im Blick und rechnet wohl damit, darauf eine interessante Reaktion beobachten zu können oder zumindest Zeit zu gewinnen, um über ihre weiteren Worte nachzudenken.
“Ah. Lasst mich überprüfen, ob ich das richtig verstanden habe - falls Ihr mir eine Karte zeichnet, vermag ich sie höchstwahrscheinlich nicht zu lesen, und wenn doch, dann könnte sich das so gewonnene Wissen als unwahr herausstellen…? Oder nein, eher als zu wahr?”
Die Elbin hebt eine Hand und fährt sich mit einem Finger über die Lippen, um ein Lächeln zu verbergen.
“Ich muss gestehen, dass ich mich mit Karten und ihrer Verwendung nicht ansatzweise so gut auskenne, wie es anscheinend erforderlich wäre. In meiner Heimat benötige ich keine, und über die Grenzen Eryn Galens hinaus reise ich nur in Gesellschaft - die aus mindestens einem Wegkundigen besteht. Aber was die Anzahl der Schritte betrifft, so bräuchte ich lediglich einen Umrechnungsfaktor.” Diesmal zeigt sie ihr Lächeln offen. Sie erweckt nicht den Eindruck, als würden Maeronmorns Informationen sie in irgendeiner Weise entmutigen.

Noldor: the Deep Elves, the second host of the Eldar on the westward journey from Cuviénen, led by Finwë. The name meant "the Wise" (but wise in the sense of possessing knowledge, not in the sense of possessing sagacity, sound judgement).

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Celandril
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Re: Kartentee

Ungelesener Beitragvon Celandril » Mittwoch 4. Mai 2022, 13:13

"Ich werde nachfragen. Ein Ausritt auf so kurze Entfernung sollte mühelos möglich sein, aber ich brauche ein wenig Zeit bis dahin, und kann jetzt noch nicht sagen, wie lange das sein wird."
Maeronmorn scheint von dieser Anfrage nicht überrascht zu sein, nicht ein bisschen im Vergleich zu der Tassenangelegenheit, und auf der anderen Seite auch nicht geschmeichelt oder ähnliches.
"Ah - Moment. Natürlich ist das, was Ihr bei Eurer ...Reise nach dieser Ruine gesehen habt, wahr gewesen, nämlich eine Unmenge von vermeintlichen Pfaden.
Aber sie haben Euch gekonnt in die Irre geführt, richtig?
Wie ich nun hier sitze, kann ich Euch nicht aufzeichnen, welchem dieser Wildwechsel Ihr wie lange folgen müsstet - in nur wenigen Jahren verändert sich so etwas, und das auch noch ständig.
Was sich nicht so schnell ändert, sind die Felsschluchten, obwohl es in hundert Jahren auch dabei hin und wieder zu Verschiebungen kommt.
Ich könnte also nicht die sichtbare Wegführung aufzeichnen, wie sie Euch ....zum Beispiel ...ein Bekannter führen würde, der keinerlei Karten verwendet, weil ich, im Moment, nichts davon sehen kann.
Ich weiß aber, und das mit absoluter Sicherheit, den richtigen Weg gen der Feste Thondol, und falls dieser blockiert sein sollte, auch genügend andere, die zwar ebenso richtig sind, aber umständlicher.
Das ist das wundervolle an einer guten Karte, wisst Ihr?
Es macht nichts, wenn ein Weg gestört wird, weil es genug andere gibt. Und die Karte kennt die Wahrheit über sie alle, und wenn man die im Kopf hat --- wollt Ihr noch etwas Tee?"
Das kann nun einerseits eine Fehlinterpretation des Blickes über die Tasse hinweg sein, oder aber ein Versuch, aus der Gefahrenzone des möglicherweise unerwünschten Vortrags herauszukommen.
"...Umrechnungsfaktor - nein. Ihr braucht nur eine Karte, und ein bisschen Übung. Das ist überhaupt nicht schwer, weil auf der Karte bereits alles umgerechnet ist. Nicht wie bei ...Menschenkarten, die sie nach ihren eiligen Reisen geschwind aus mangelhaftem Gedächtnis aufmalen....entschuldigt bitte. Ich denke, ich zeige Euch einfach eine von der Gegend hier, auch wenn sie ein wenig älter ist."
Damit holt Maeronmorn - endlich - die Tasche heran, und zieht sorgsam eingerolltes Pergament hervor, das eindeutig gut gepflegt wurde. Die Tasche enthält noch einiges andere, wovon besonders weiteres Pergament, aber auch Papier sichtbar ist, sie wird aber rasch wieder geschlossen.
Die Finger lösen das weich anmutende Lederband, und nur Augenblicke später zeigt Maeronmorn auf ein "Imladris und Umgebung", das der kunstvollen, verspielten und detaillierten Zeichnung Meldës kaum ähnlich sieht. Die Wege, und auch die einzelnen Bachläufe, einige Brücken sowie manche, eher unwichtig aussehenden Gebäude, sind wie von oben herab gezeichnet, während Klippen, größere Brücken und das Heim Elronds eine dezent plastischere Darstellung erfahren haben. Hier und da finden sich Zahlenangaben, die eine gemessene Höhe der Berge anzeigen. Die netten Zusätze von dekorativ anmutenden Häuschen nehmen außerhalb der Zuflucht im Tal jedoch stark ab, wo vereinzelt gezeichnete Bäume waldreiche Flächen deutlich machen, und hin und wieder ein kleiner Wolf oder ein feines Spinnennetz den potentiellen Wanderer auf ebenso potenzielle Gefahr hinweist.
Die Abstände jedenfalls, sei es nun von einer Seite einer Brücke zur anderen, oder von den Ställen bis zum Eingang des heimeligen Hauses, sind an jeder Stelle den tatsächlichen Proportionen entsprechend.



Diesmal lässt Meldë sich ihre Überraschung nicht ganz so deutlich anmerken wie zuvor. Sie hebt nur leicht die Augenbrauen, als Maeronmorn mitteilt, ein gemeinsamer Ausritt sollte - zu gegebener Zeit - kein Problem sein.
“Das ist eine sehr gute Nachricht. In dem Fall werde ich meine Ungeduld zügeln und mit dem nächsten Ausflug warten, bis Ihr Zeit habt.”
Das Lächeln, das sich bei diesen Worten in ihrem Gesicht ausbreitet, ist selbst für ihre Verhältnisse auffallend fröhlich. Es wird auch kaum schmaler, während sie Maeronmorns weiteren Ausführungen lauscht. Unvermindertes Interesse ist aus ihren sanften Augen herauszulesen. So schüttelt sie auch nur den Kopf, als der Elb kurz auf das Thema Tee umschwenkt, und wartet ab, bis er weiter spricht.
Selbstverständlich kann sie nicht anders, als sich weit über den Tisch zu beugen, als Maeronmorn schließlich seine gut behütete Tasche öffnet. Auf der äußersten Stuhlkante sitzend, versucht sie, den einen oder anderen Blick in diese unscheinbare Schatzkiste zu werfen. Sie weicht nur kurz zurück, um den Elb seine ausgewählte Karte ausbreiten zu lassen.
Es bedarf definitiv keiner Aufforderung, um sie dazu zu bringen, sich dieses Werkstück genau anzusehen. Beinahe augenblicklich deutet sie mit dem Finger auf eine Ansammlung kleiner Gebäude.
“Da war ich noch nie … dabei muss es in der Nähe der großen Brücke sein. Und hier …” Der Finger schweift in eine andere Ecke der Karte. “... heißt das etwa, dass der Flusslauf sich hier trennt? Und das da … ist das ein Wasserfall? Ja, es muss einer sein! Die Fläche hier neben dem Heimeligen Haus ist gleich gezeichnet … und dort befindet sich auf jeden Fall einer.” Sie beugt sich weiter vor, sodass eine ihrer feuchten Strähnen gefährlich dicht über dem Pergament schwebt. Offensichtlich kommt sie nicht einmal auf die Idee, dass es besser wäre, die Teetasse abzustellen, bevor sie weiter gestikuliert.
“Dieser Berg hier … das ist also der höchste in der Umgebung? Gibt es einen Weg dort hinauf?”



Maeronmorn beobachtet Meldës Begeisterung, feuchtes Haar, und insbesondere die Tasse während der Kartenbetrachtung sehr genau.
Mit einem äußerst widerstrebenden Gesichtsausdruck, der allerdings genauso leicht für simples Missfallen gehalten werden könnte, hebt er vor einer Antwort beide Hände in unterschiedlicher Höhe nach vorn, eine zum vorsichtigen Abfangen der Tasse, die er nur zu gern irgendwo abseits auf dem Tisch wüsste, und die andere um die lange Strähne anzuheben...wobei der Griff nach feinem Geschirr doch bestimmter, gezielter scheint als gen Gefahr aus anderer Richtung, wo die Finger deutlich zögerlicher über Tisch und Karte greifen.


"Ihr habt vieles schnell erfasst - wo Ihr bereits wart und wo nicht kann ich allerdings natürlich nicht bestätigen.
Wichtig bei einer Karte, einer genauen, aktuellen Karte, ist es nun, anhand der sichtbaren Gegebenheiten, wie zum Beispiel hier dieser Biegung..." hier zeigt er auf einen vermutlich mehr oder weniger wahllos ausgesuchten Punkt eines Weges, "...zu erkennen, wo auf der Zeichnung man sich in der Welt befindet. Nur so ist eine Karte tatsächlich hilfreich, und nicht nur entweder Zierde oder grober Anhaltspunkt bei der Planung einer Reise.
Um zu wissen, dass der Grünwald östlich der Nebelberge liegt, und man ab einer gewissen Strecke, wenn man einem in ebenso östlicher Richtung laufenden Strom durch den Wald folgt, früher oder später bei den Menschen landet....dafür braucht es keine jahrelange Kartenreise mit gezählten Schritten.
Wohl aber, wenn man am Rand der Berge den Pfad verloren hat, und Sterne und Sonnenstand nicht mehr ausreichen, um sich zurechtzufinden - dann können gut vermessene Flussbiegungen, oder auch korrekt gezeichnete Bergketten, zeigen wo man ist.
Dieser Berg ist der höchste hier in Sichtweite, es gibt weiter drüben ja noch deutlich höhere. Soweit ich weiß, führt kein ausgebauter Weg bis zur Spitze ...aber wer es sich zutraut, wird einen finden. Das Gebirge selbst ist hier nicht eingezeichnet, nur die niedrigen Anfänge.
Bitte achtet auf Feuchtigkeit - das Pergament ist widerstandsfähig, aber jede vermeidbare Belastung sollte...vermieden werden. "



Meldës Blick wandert an den beiden Händen entlang, die sich unerwartet in ihr Sichtfeld schieben, über Maeronmorns Arme und Schultern hinauf bis zu seinem Gesicht. Es dauert nur einen Herzschlag lang, bis ihr dämmert, welche Absicht ihn antreibt. Vorsichtig übergibt sie ihm die noch halbvolle Tasse, erspart seiner anderen Hand aber die sichtlich unangenehme Arbeit, indem sie selbst ihr Haar zusammenfasst und es mit beiläufigen, raschen Bewegungen zu einem losen Zopf im Nacken flechtet.
Noch einmal betrachtet sie dabei Maeronmorns Mimik und lässt ein zartes Schnauben vernehmen. Nicht wirklich ein Lachen, aber zumindest eine Vorstufe davon.
“Verzeiht mir. Ich war gedankenlos - wie so oft. Aber ich frage mich gerade … ist mir vielleicht über Nacht ein struppiger Bart gewachsen? Oder eine Sammlung an Pickeln gesprossen? Tummeln sich Läuse auf meinem Kopf?”
Sie fährt sich mit einer Hand über die Wange, als erwarte sie tatsächlich, sie könnte etwas anderes als weiche, makellose Haut ertasten.
“Denn schon der letzte Elb, der sich genötigt sah, eine Hand nach mir auszustrecken, tat es mit derartigem Widerwillen, dass ich gelacht hätte, hätte mir das Wasser nicht buchstäblich bis zum Halse gestanden.”
Ihr Tonfall spricht definitiv von Belustigung, immerhin ist seit diesem Vorfall genug Wasser den Bruinen hinuntergeflossen, um den Schrecken zu einer bloßen Erinnerung verblassen zu lassen.
Ihre Augen haben sich längst wieder auf die Karte gerichtet, als sie Maeronmorns Ausführungen lauscht. Nachdenklich schweigt sie daraufhin eine Weile.
“Ich verstehe, was Ihr meint. Aber ich kann mir nur schwer vorstellen, wie es tatsächlich funktioniert. Angenommen, ich stünde irgendwo hier …” Sie deutet auf eine Stelle im Norden Imladris’, zwischen den ersten Ausläufern der Nebelberge. “... und würde versuchen, mich auf dieser Karte wiederzufinden. Würde ich mich umblicken, so könnte ich doch nur Anhöhen und Gipfel erkennen. Woher sollte ich wissen, wie hoch sie genau sind? Außerdem verändert sich meine Perspektive mit jedem Schritt, den ich tue.”
Sie zögert erneut, den Blick diesmal ins Leere gerichtet, und versucht zweifellos, sich die beschriebene Situation genau vorzustellen.
“Zweifellos erfordert es viel Übung, um tatsächlich in der Wildnis seine Position bestimmen zu können…”



Die Tasse in der einen Hand, welche rasch zur Seite gleitet, um abzustellen, was abgestellt gehört, die andere bereits wieder auf der eigenen Seite des Tisches, schaut Maeronmorn Meldë bei diesen Fragen eine Weile vollkommen perplex an, offensichtlich für den Moment derart aus jedem Kontext gerissen, dass das Wiedereinfinden …etwas dauert.
„…Ihr seht aus wie bisher schon immer…..?“
Blinzeln, nach einer kurzen, genaueren Musterung der Elbin vor ihm, nochmals Blinzeln, und erst dann folgt eine zurückhaltende Art von Antwort, die wohl darauf hindeuten soll, dass das Thema keine Lieblingsangelegenheit ist.
„Nicht nach Euch, nur …dem Haar. Wir sind immerhin nicht verwandt oder dergleichen. Das ist keine Entschuldigung, nicht zu helfen, wenn Hilfe benötigt wird – Notwendigkeit wird immer über Anstand stehen, aber wenn die Notwendigkeit vorüber ist…“
Nur zu gerne wechselt Maeronmorn zu weiteren Kartenerklärungen zurück, und Meldë bekommt dabei auch wieder freundliches Lächeln zu sehen.
„Ja, Eure Perspektive – der Blick – ändert sich, aber weder Landschaft noch Karte tun dies. Es hilft, sich markante Punkte zu anzusehen, und davon auszugehen, wie zum Beispiel einen Wasserfall, eine besonders auffällige Biegung sei es an Flüssen oder Wegen, einen Bergkamm, oder eine gut sichtbare Wegkreuzung….eine Ruine oder vergleichbares eben.
Das braucht vielleicht ein bisschen Übung, aber Ihr habt ja auch die Fläche am Wasserfall direkt erkannt. Lange wird es sicher nicht dauern, bis Ihr das Prinzip verstanden habt."



So kommt es, dass die beiden Elben einander gegenseitig in Perplexität stürzen, denn Meldë scheint sich auf Maeronmorns Antwort nicht so leicht einen Reim machen zu können.
“Was hat Verwandtschaft oder ein Mangel daran denn damit zu tun? Und was sollte an so etwas …” Sie streckt eine Hand aus und legt sie demonstrativ und zugleich völlig selbstverständlich auf Maeronmorns Unterarm. “... unanständig sein? Ihr müsst eine ganz andere Erziehung genossen haben als ich.” Ihr Tonfall nimmt einen fragenden Klang an. Zweifellos würde sie das Thema gerne vertiefen, doch sie zügelt ihre Neugier, zieht ihre Hand zurück und versucht stattdessen, sich wieder auf die Karte zu konzentrieren.
“Ich verstehe. Aber inmitten einer Landschaft, in der es nichts Auffälliges gibt, etwa in einem großen Wald ohne Wege oder Gewässer in der Nähe, wärt selbst Ihr nicht mehr in der Lage, Euch zurechtzufinden, nicht wahr? Dann bleibt nur noch die Möglichkeit, stur in eine Richtung zu gehen, bis man auf etwas - oder jemanden - trifft.”



„ Ach…Erziehung… ich denke nicht, dass es so wichtig ist. Aber das hier-" damit deutet Maeronmorn mit der anderen Hand auf seinen belegten Arm, „- ist ohnehin nicht von Bedeutung, und Ihr seid Heilerin. Also nochmal etwas ganz anderes.
Und nein…das mag ein wenig unangemessen klingen, aber ich finde mich überall zurecht. Zumindest finde ich den Weg zurück zu einem sicheren Ort, falls ich wandere wo ich noch nie gewesen bin.
Aber grundsätzlich…wenn man wirklich keinerlei Wegmarken hat, und das ist ausgesprochen selten der Fall, dann ja. Das wäre die beste Lösung, in eine Richtung zu gehen.
Aber wer sich derartig verläuft, der hat vermutlich ohnehin Schwierigkeiten damit, eine gerade Linie in den Höhen und Tiefen der Landschaft beizubehalten. Ich lernte einmal einen Reisegefährten kennen – ein Koch, und ganz und gar wunderbarer Mensch, der vermutlich ohne freundliche Hilfe nicht einmal von hier den Weg aus Imladris heraus gefunden hätte… da helfen dann im Grunde wirklich nur noch eine sehr gute Erklärung, eine sehr gute Karte und noch viel mehr Glück.
Aber das Zurechtfinden kann man üben, genau wie alles andere, es dauert nicht lange einen kleinen Überblick zu haben, und es dauert wesentlich länger, um entsprechend besser zu werden.“
Maeronmorn lächelt und hebt die Schultern.
„Menschen haben nie die Möglichkeit, sich einer Sache so lange zu widmen wie wir, deswegen verstehe ich gut, dass dieser Mann seine Zeit mit anderen Übungen ausfüllte. Der Kaffee war beinah der beste, den ich je hatte.“


Meldë zuckt auf Maeornmorns weitere Erklärung hin nur mit den schmalen Schultern. Da es ein anderes, weitaus handfesteres Gesprächsthema gibt, scheint sie nicht weiter auf dem Ersten bestehen zu wollen.
“Ah, Köche sind etwas Wunderbares. Was sie vollbringen, ist wie Musik für den Gaumen. Im besten Fall wie gute Musik. Aber es überrascht mich dennoch, dass es einem Menschen gelang, Eure Bewunderung zu erlangen mit seinem … Kaffee.”
Die Art, wie sie vor dem letzten Wort kurz zögert und wie sorgfältig sie die zwei Silben ausspricht, verrät deutlich, dass sie damit nicht viel anzufangen weiß. Sie betrachtet die ausgebreitete Karte noch einen Augenblick lang, ehe sie sich unvermittelt strafft und Anstalten macht, den gemütlichen Platz am Tisch nahe dem Feuer zu verlassen.
“Wisst Ihr, was ich nun tun werde? Ich möchte mir diesen verborgenen Wasserfall ansehen, von dem Eure Karte erzählt. Ob ich mich wohl geschickter anstellen werde als dieser Koch…?” Das gewohnte, angenehme Lächeln ziert ihr Gesicht, während sie noch einmal Maeronmorns Blick sucht, bevor sie sich tatsächlich erhebt.


Maeronmorn betrachtet nach Meldës Vorschlag, oder vielmehr, ihrer Ankündigung, eine Zeit lang die Karte, die auf dem Tisch liegt – und bislang vor Schaden bewahrt werden konnte.
„Ja – es gibt hier wunderbarerweise sehr oft Gelegenheit, solche Künste zu bewundern, sowohl der Musik als auch an wohldurchdachten Mahlzeiten. Kaffee allerdings …habe ich hier noch nie gesehen. Das ist eher eine Menschenangelegenheit, auch wenn sie es nicht am besten können. Den besten Kaffee gibt es in einem wirklich hübschen Landstrich im südöstlichen Arthedain. Ausgesprochen nett, falls Ihr dort einmal hindurchkommen solltet. Die Bewohner sind sehr klein, und haben einige ungewöhnliche und interessante Rituale, um den Lauf des Jahres zu feiern. Nun…ah. Ihr wollt danach suchen?
Wenn Ihr gut acht gebt, kann ich Euch die Karte mitgeben. Dann könnt Ihr vergleichen…ich sollte allerdings allmählich zurückkehren. Ihr könnt sie mir zurückgeben, wenn Ihr sie nicht mehr benötigt, oder Ihr gebt sie jemandem, der sie zu den anderen zurückbringt, die ich hier gelassen habe. Berichtet mir gerne von Eurem Erfolg!“
Maeronmorn lächelt Meldë freundlich an, und erhebt sich dann ebenfalls.
„Ich bringe das hier zurück, wenn es Euch nichts ausmacht.“
Damit sind ganz offensichtlich die Teller und Tassen gemeint, die er nun vorsichtig einsammelt.


Meldë hält überrascht inne, als sie das freundliche Angebot ihres Gegenübers vernimmt.
"Die Karte? Ja ... ja! Ich würde sie sehr gerne mitnehmen." Sie hat ihre Hand bereits halb danach ausgestreckt, als sie plötzlich zögert. Ein leises, langgezogenes "Hmmm..." entringt sich ihrer Kehle. Ganz kurz beißt sie sich sogar auf die Unterlippe. Dann zieht sie ihre leere Hand langsam, widerwillig wieder zurück."
"Nein ... das ist keine gute Idee. Ein Wasserfall, eine Karte und ich - das könnte schlecht ausgehen. Eure Arbeit ist es wert, geschützt zu werden. Und ich habe manchmal Momente der Unbedachtheit." Den letzten Satz begleitet ein beinahe verlegenes Lächeln.
Sie nickt Maeronmorn danken zu, als er das Geschirr einsammelt, und macht sich leichtfüßigen Schrittes auf den Weg aus der Halle.
"Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Ausritt tatsächlich zustande kommt. Wie sehen uns", ruft sie noch gut gelaunt über die Schulter, ehe sie aus Maeronmorns Sicht- und Hörweite verschwindet.

Noldor: the Deep Elves, the second host of the Eldar on the westward journey from Cuviénen, led by Finwë. The name meant "the Wise" (but wise in the sense of possessing knowledge, not in the sense of possessing sagacity, sound judgement).


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