Ein Tag im Leben der Hasenbeins

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
Benutzeravatar
Hazeline
Stammtisch zum Efeubusch
Beiträge: 139
Registriert: Sonntag 22. Februar 2015, 17:43

Ein Tag im Leben der Hasenbeins

Ungelesener Beitragvon Hazeline » Freitag 28. Dezember 2018, 13:52

Ein Kommentar könnt ihr gerne in dem seperaten Thema hinterlassen.

Ein Wintermorgen

Ein leises Flüstern war zu hören.
Nicht das Flüstern eines Menschen, eines Zwergs oder gar eines Hobbits. Nein, es war das Flüstern des Windes. Des Windes, der den Winter ankündigte und noch mehr als nur das Brechen der Stille mit sich brachte.
Eine kleine, unscheinbare und doch einzigartige Schneeflocke fand ihren Weg zum Dach der Windmühle. Sie schlüpfte nur durch einen schmalen Spalt, geleitet von dem Wind und senkte sich behutsam und gemächlich zum Boden hinab. Doch sie traf ihn nicht, sondern setzte sich auf die Nasenspitze eines Hobbits, der gerade seinen Mund zu einem erneuten ohrenbetäubenden Schnarchen geöffnet hatte, und schmolz augenblicklich dahin.
So kurz ihr Leben auch war, so wirkungsvoll erfüllte sie ihre Aufgabe und kitzelte, nun zum Tropfen geworden, Elmomo Hasenbein aus dem tiefen Schlaf.
Mit einem markerschütternden Niesen schrak der junge Hobbit auf und blickte sich in einem kurzen Moment der vollkommen Orientierungslosigkeit verwirrt um. Nur langsam schlichen sich die eigentlich schon gewohnten Bilder in seinen Kopf und er erkannte die nackten Wände der Mühle. Hier und da zogen sich braune Holzbalken über die Fläche und gaben dem gesamten Konstrukt eine eher fragwürdige Stabilität.
Elmomo verfolgte die hölzernen, ungleichmäßig verteilten Streben bis hin zur weit entfernten Decke, durch die einzelne helle Strahlen hindurchblitzten. Nun, endlich wieder zu vollem Bewusstsein gekommen, setzte sich der junge Hobbit in seinem aus Stroh und vielen Decken bestehenden Schlafplatz auf und streckte und reckte sich, um auch das letzte bisschen Müdigkeit noch loszuwerden. Dabei stieß er einen Stapel von neuen Hüten um, die neben seinem Platz lagen, was ihn aber nicht sonderlich zu stören schien.
„Ach daf ift doch ein toller Platf fum flafen. Fogar viel beffer, alf der kaputte Wagen. Die Mühle stürft ganf beftimmt nicht einfach fo ein und ferftört alle meine Hüte!“
Ein lautes „knatteratat“ ertönte.
„Nur ein biffchen fugig ift ef hier drinnen, aber föne frife Luft ift doch toll!“
In dem Moment wurde die halb in der Angel hängende Tür der Mühle schwungvoll aufgerissen und eine vor Kälte errötete junge Hobbitdame erschien völlig außer Atem und mit einem sorgenerfüllten Blick auf der Schwelle.
„Bruderherz! Was machst du denn noch hier? Du erfrierst doch noch! Es hat in der Nacht plötzlich geschneit und der Schnee hat alles in weiß gehüllt. Und mit dem Grün, sind auch die Temperaturen unter der kalten Decke versunken! Los, nun komm doch schnell mit zu mir. Was sitzt du denn da noch? Ich mach dir gleich eine heiße Schokolade!“
Und schon war die überaus besorgte Hazeline Hasenbein wieder aus der Tür verschwunden und eilte in ihr eigenes kleines Smial zurück, um ein warmes Getränk für ihren Bruder zuzubereiten.
Auch Elmomo stand nun endlich auf, schüttelte den Frost von seinen Schultern und streckte seine Beine und Arme in alle Richtungen. Gleich darauf trat er über die Türschwelle der knarrenden Mühle und wurde von strahlendem Weiß geblendet.
Ganz Lindental war mit einer dicken und festen Puderschicht bedeckt und aus jedem Schornstein stieg eine große graue Rauchwolke in den Himmel empor. Sogar die Sonne zeigte nach langer Zeit mal wieder ihre glitzernden Strahlen und beleuchtete die zauberhafte Landschaft. So einen schönen und schneereichen Winter hatte Elmomo noch nie zu Gesicht bekommen.
„ Oh wie Fön! Ef ift ja allef ganf weif.“,
stellte der junge Hobbit erstaunt und vollkommen beeindruckt fest. Den eisigen Wind, der seine Haare inzwischen zu Eiszapfen erstarren ließ, bemerkte er nicht.
Frohen Schrittes lief Elmomo über den Schnee und mit jeder Bewegung war ein lautes „Knartsch“ zu hören, was den Hobbit umso mehr erfreute. Ungeachtet dessen, dass er keine Jacke sondern nur sein dünnes Nachtgewandt trug, lief er auf den steinernen Weg, der vorsorglich (wohl von übermotivierten Nachbarn) von jeglichem Schnee befreit worden war und machte sich auf zu einem schönen winterlichen Morgenspaziergang durch Lindental.

Gleichzeitig saß, nicht unweit von dem Geschehen entfernt, ein braunhaariger Hobbit mit einer Pfeife in seiner Küche und schaute aus einem Fenster auf die Straße. Er schüttelte gerade empört und verständnislos darüber den Kopf, wie man auf die törichte Idee kommen könnte, bei diesem schrecklichen Wetter auch nur einen haarigen Fuß vor die Tür zusetzen und dann auch noch nur mit einer dünnen Schicht unschicklichen Stoffes bekleidet, als die schrille Stimme seiner geliebten Frau erklang.

Immer schneller werdend und schon bald jauchzend durch die Gegend springend, näherte sich Elmomo immer mehr dem kleinen Bächlein, der durch die Siedlung floß, und blieb erneut erstaunt und mit funkelnden Augen stehen, als er das eingefrorene Wasser erblickte. Noch nie in seinem jungen Leben war es vorgekommen, dass sogar dieses Gewässer vollkommen erstarrt war.
Vorsichtig setzte er seinen großen dicken Zeh auf die Oberfläche, doch nichts geschah. Sich dadurch seiner Sache ziemlich sicher, machte er so gleich einen großen Schritt auf das nicht all zu glatte Eis. Stolz und mit einem breiten Grinsen auf den Lippen stemmte er seine Fäuste in die Hüfte und erwartete glatt, dass man ihm bei dieser Tat doch malen müsste, um das großartige Ereignis festzuhalten.
„Wie fade, daff daf nicht immer fo ift. Wäre doch toll, wenn man auf dem Waffer laufen und fich gleichfeitig im Fommer ein Eif fmecken laffen könnte! Ach und der Herr Buchfbaum muff daf doch fabelhaft finden! Fo muff er ja gar nicht mehr durch daf Waffer laufen, wenn er mal wieder verhaftet werden follte und ich muff ihn nicht mehr tragen! Er ift nämlich ganf fön fwer! Jaja, fon komif, daff er gar nicht hier ift um nicht durch daf Waffer fu laufen.“
Noch über diesen wirklich überaus merkwürdigen Sachverhalt nachgrübelnd, hörte er nun schon zum zweiten Mal an diesem frühen Morgen plötzlich eine aufgebrachte Stimme vom Myrtenhof aus kommen.
„Elmo! Was machst du denn da?! Du hast ja fast gar nichts an und stehst da einfach so auf dem Eis herum! Du könntest doch einbrechen!“
Hazeline Hasenbein lief eiligen Schrittes und ebenso wie ihr Bruder nur in einem Nachtgewandt gekleidet, den Hügel hinab zu Elmomo und hielt in beiden Händen einen Becher mit einer dampfenden wohlriechenden Flüssigkeit, die beim Laufen bedenklich über den Rand des Gefäßes schwappte.
„Upf! Du haft ja recht, daf habe ich noch gar nicht bemerkt. Aber daf ift doch nicht sflimm, mir ift ja gar nicht kalt. Guck doch wie fön daf hier allef ift! Und ich ftehe fogar auf dem Waffer. Ganf allein!“
Erst jetzt nahm seine Schwester wirklich wahr, dass der Bach tatsächlich vollkommen zugefroren war und bekam so gleich ganz große glitzernde Augen.
„Oh, das hab ich gar nicht gesehen! Sowas verrücktes, das hab ich ja noch nie erlebt! “ Vorsichtig setzte sie ihre mindestens genauso angemessen haarigen Füße auf die Eisschicht und trat zu ihrem Bruder. So standen die Hasenbeins nun beide dort, bloß im Nachtgewandt gekleidet und blickten auf das kleine Wunder, völlig verzaubert von der Natur und genossen den Anblick auf Lindental der sich ihnen darbot.
An diesem Morgen schauten viele Hobbits aus ihren Fenstern zum Bach, sahen die Geschwister einfach nur dastehend und wunderten sich, ob sie denn wohl schon fest gefroren seien, da sie sich nicht mehr regten und nur der aufsteigende Dampf der heißen Schokolade langsam nachließ.
Doch die eisige Kälte, die inzwischen vom Auenland Besitz ergriffen hatte, störte die beiden keineswegs. Denn egal wie kalt und trüb es auch draußen war, solange das Herz so groß und voller Liebe ist, wie das von Elmomo und Hazeline, war es gar nicht erst möglich, dass der Frost Besitz von einem ergreifen konnte.

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste