Lautenreißer - Skandal - es war alles ganz anders
Verfasst: Mittwoch 21. Oktober 2015, 13:49
*Jadeblume schreibt an eine befreundete Mitarbeiterin der Bibliothek zu Buckelstadt*
Liebe Gertlinde
ich muss Dir unbedingt von einer seltsame Begebenheit berichten, die einiges an Potential für einen echten Skandal enthält.
Bei meiner Reise nach Lützelbinge traf ich unter anderem das sehr gastfreundliche Paar Rosgard und Tulpe Baumsteiger, eine geborene Lautenreißer. Ja richtig, so heißt der junge Hobbit, der mich begleitet.
Sie luden mich jedenfalls auf Tee und Gebäck in Ihr etwas abseits gelegenes wirklich behaglich eingerichtetes Smial ein und ich nahm die Möglichkeit einer kurzen Rast dankend an. Mein Weggefährte - Eikoweis - kannte die beiden augenscheinlich, schien in Ihrer Gegenwart aber nervös und meinte, er müsse unbedingt seine neue Angel ausprobieren und verschwand flugs Richtung Dorfbach.
Während ich mit den Baumsteigers über dies und das und über die Geschichte Ihres Ortes plauderte, stellten wir fest, dass durch Heirat der Eltern meines Begleiters Harrdo Lautenreißer und Risalla, geborene Handschlag, auch zwischen uns eine entfernte verwandtschaftliche Beziehung besteht. Harrdo als Vetter von Tulpe heiratete Risalla Handschlag, die wiederum aufgrund der Tatsache, dass Ihr Großvater mein Urgroßvater ist, meine Tante 2. Grades ist, wovon ich aber seltsamer weise nichts wusste.
Dadurch kamen wir jedenfalls auf diese Familie, die es mittlerweile ins Südviertel verschlagen hat näher zu sprechen und es stellte sich heraus, dass viele als Tatsachen kursierende Geschichten, doch eher in den Bereich der Mythen und Märchen zu verschieben seien.
„Typisch für die Lautenreißer“ sagte Rosgard, worauf hin ihn Tulpe streng ansah und sagte „Ein schwarzes Schaf macht noch keine schwarze Herde“
Mir jedenfalls ist es ein Anliegen, diese Geschichten aus dem Sumpf der Halbwahrheiten herauszuziehen und sie aus Sicht meiner beiden Gastgeber klar zu stellen.
Harrdo und Risalla Lautenreißer lebten tatsächlich in Lützelbinge, wo ihnen im Jahr 1383 eine Tochter geboren wurde. Wegen ihrer (in diesem Zweig der Familie typischen) roten Haare nannten sie das Mädchen Rotilia, riefen sie aber zumeist Rotlocke. Das Kind entpuppte sich aber schon bald als lebendig gewordene Böswilligkeit (genau so formulierten sie es) Wo sie konnte verbreitete sie Unruhe, zerstörte die Einrichtung so machen Smials, biss und schlug die gleichaltrigen Kinder und hatte auch vor Erwachsenen keinerlei Respekt. Und auch der Bruder, der zwei Jahre später geboren wurde, musste unter den Drangsalierungen der Schwester leiden. Als sie sich eines Tages als Drache kostümierte und mit einer brennenden Fackel auf den Jungen losging, riss den Eltern der Geduldsfaden und sie entschlossen sich zu einem konsequenten Schritt:
Eine Freundin von Risalla aus Kindertagen hatte es irgendwann nach Stadel bei Bree verschlagen. Karlotta Weißhaupt - so Ihr Name - war für Ihre strenge und konsequente Lebensführung bekannt und als Lehrerin für Hauswirtschaft geübt im Umgang mit Kindern und Twens. Und sie zeigte sich nach einigen Briefwechseln wohl bereit, das Kind bei sich aufzunehmen, ihm den rechten Umgang zu lehren und das Kind zu einem anständigen Hobbit zu machen. Und so kam es dann auch, dass eines Tages die Weißhaupts eintrafen und das Kind zu sich nahmen.
Es dauerte aber nicht lange, da reute es den Vater. Risalla aber blieb hart in Ihrem Entschluss und so gerieten sie schon bald in Streit darüber. Da der resoluten Mutter mit Argumenten wohl nicht beizukommen war, beschloss Harrdo, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen und das Kind zurück zu holen. Eines Morgens, der Hahn hatte gerade erst zweimal gekräht, machte er sich auf den Weg Richtung Osten und was soll man sagen – es dauerte beinahe 30 Jahre bis er zurück kam. Warum und wieso konnten die Baumsteigers nicht verraten. Darüber hatte Harrdo, der vor einigen Wochen unvermittelt im Dorf aufgetaucht war nicht sprechen wollen. Von ihm hatten sie aber all diese Informationen und so kann ich davon ausgehen, das sie wohl der Wahrheit entsprechen.
Ich erzählte den Baumsteigers, dass die Tochter nun auch im Südviertel (in Lindholz) leben würde, sich aus irgend einem Grund aber Rotinia nenne und vor allem überall herum erzählt, sie sei bei Zwergen aufgewachsen.
Darüber mussten die beiden Baumsteigers dann doch herzlich lachen „So ein Unfug. Was auch immer da unter ihren roten Haaren vorgeht - das ist eine hanebüchene Narretei!“
Als richtig stellte sich dann nur noch heraus, dass Risalla wenige Jahre nach dem Verschwinden von Harrdo, gemeinsam mit Ihrem damals gerade einmal 6 Jahre alten Eikoweis, Lützelbinge gen Balgfurt verließ. Gründe nannte sie wohl keine, aber es liegt nahe, dass Ihr Ruf als männervertreibende, nicht zur Erziehung taugliche Hobbitdame dazu beitrug.
Es war ein netter Nachmittag bei zwei sehr ehrenwerten Hobbits der mich in eine Geschichte abtauchen ließ, die aber mehr Fragen als Antworten für mich bereit hielt, wie z.B.
– warum war Harrdo so lange unterwegs und wo überhaupt?
– warum hält sich diese eigenartige Rotinia für einen Zwerg und behauptet bei solchen aufgewachsen zu sein?
– warum ist mir die Verwandtschaft - wenn auch entfernte - zur Familie Lautenreißer nicht bekannt gewesen? (da muss ich Mutter fragen)
– steckt vielleicht auch hinter Eikoweis mehr als es mir bisher bekannt war und ist sein Ansehen als ehrenwerter Pfeifenblatt-Bauer überhaupt haltbar?
Als ich Eikoweis später traf und er mir seine bescheidene Angelausbeute präsentierte, schien er die vielen Fragezeichen über meinem Haupt wohl zu bemerken.
„Äh, warum seht Ihr mich so komisch an? Hab ich da was?“
„Nein, nein, alles bestens“
„Worüber wurde denn gesprochen?“
„Ach über dies und das - Geschichten aus Lützelbinge halt“
„Sicher?“
„Sicher und es ist eine Frechheit, dass Ihr eine Dame scheinbar der Lüge fähig haltet“
„Oh Entschuldigung, verzeiht mir bitte und sagt es bitte nicht Mutter!“
Dann schnürte er schleunigst sein Bündel und wir machten uns wieder auf den Weg.
Sicher - dieser Geschichte werde ich weiter auf den Grund gehen. Es ist mir ein persönliches Anliegen, Hirngespinste wie sie über die Familie kursieren aus der Welt zu schaffen. Es gibt schon genug, seltsame Erzählungen im Auenland. Meinst Du nicht auch?
Wenn ich weitere Erkenntnisse gesammelt habe, werde ich mich schriftlich wieder bei Dir melden.
Herzlichst, Jadeblume Handschlag (Chronistin zu Buckelstadt)
PS: Sag bitte dem alten Tuk, dass ich wohl etwas länger unterwegs sein werde und sortiere bitte mal die Ablage „Die Geschichte des Auenlands“ Ich will mich nach meiner Heimkehr damit näher befassen.
Kommentare
Liebe Gertlinde
ich muss Dir unbedingt von einer seltsame Begebenheit berichten, die einiges an Potential für einen echten Skandal enthält.
Bei meiner Reise nach Lützelbinge traf ich unter anderem das sehr gastfreundliche Paar Rosgard und Tulpe Baumsteiger, eine geborene Lautenreißer. Ja richtig, so heißt der junge Hobbit, der mich begleitet.
Sie luden mich jedenfalls auf Tee und Gebäck in Ihr etwas abseits gelegenes wirklich behaglich eingerichtetes Smial ein und ich nahm die Möglichkeit einer kurzen Rast dankend an. Mein Weggefährte - Eikoweis - kannte die beiden augenscheinlich, schien in Ihrer Gegenwart aber nervös und meinte, er müsse unbedingt seine neue Angel ausprobieren und verschwand flugs Richtung Dorfbach.
Während ich mit den Baumsteigers über dies und das und über die Geschichte Ihres Ortes plauderte, stellten wir fest, dass durch Heirat der Eltern meines Begleiters Harrdo Lautenreißer und Risalla, geborene Handschlag, auch zwischen uns eine entfernte verwandtschaftliche Beziehung besteht. Harrdo als Vetter von Tulpe heiratete Risalla Handschlag, die wiederum aufgrund der Tatsache, dass Ihr Großvater mein Urgroßvater ist, meine Tante 2. Grades ist, wovon ich aber seltsamer weise nichts wusste.
Dadurch kamen wir jedenfalls auf diese Familie, die es mittlerweile ins Südviertel verschlagen hat näher zu sprechen und es stellte sich heraus, dass viele als Tatsachen kursierende Geschichten, doch eher in den Bereich der Mythen und Märchen zu verschieben seien.
„Typisch für die Lautenreißer“ sagte Rosgard, worauf hin ihn Tulpe streng ansah und sagte „Ein schwarzes Schaf macht noch keine schwarze Herde“
Mir jedenfalls ist es ein Anliegen, diese Geschichten aus dem Sumpf der Halbwahrheiten herauszuziehen und sie aus Sicht meiner beiden Gastgeber klar zu stellen.
Harrdo und Risalla Lautenreißer lebten tatsächlich in Lützelbinge, wo ihnen im Jahr 1383 eine Tochter geboren wurde. Wegen ihrer (in diesem Zweig der Familie typischen) roten Haare nannten sie das Mädchen Rotilia, riefen sie aber zumeist Rotlocke. Das Kind entpuppte sich aber schon bald als lebendig gewordene Böswilligkeit (genau so formulierten sie es) Wo sie konnte verbreitete sie Unruhe, zerstörte die Einrichtung so machen Smials, biss und schlug die gleichaltrigen Kinder und hatte auch vor Erwachsenen keinerlei Respekt. Und auch der Bruder, der zwei Jahre später geboren wurde, musste unter den Drangsalierungen der Schwester leiden. Als sie sich eines Tages als Drache kostümierte und mit einer brennenden Fackel auf den Jungen losging, riss den Eltern der Geduldsfaden und sie entschlossen sich zu einem konsequenten Schritt:
Eine Freundin von Risalla aus Kindertagen hatte es irgendwann nach Stadel bei Bree verschlagen. Karlotta Weißhaupt - so Ihr Name - war für Ihre strenge und konsequente Lebensführung bekannt und als Lehrerin für Hauswirtschaft geübt im Umgang mit Kindern und Twens. Und sie zeigte sich nach einigen Briefwechseln wohl bereit, das Kind bei sich aufzunehmen, ihm den rechten Umgang zu lehren und das Kind zu einem anständigen Hobbit zu machen. Und so kam es dann auch, dass eines Tages die Weißhaupts eintrafen und das Kind zu sich nahmen.
Es dauerte aber nicht lange, da reute es den Vater. Risalla aber blieb hart in Ihrem Entschluss und so gerieten sie schon bald in Streit darüber. Da der resoluten Mutter mit Argumenten wohl nicht beizukommen war, beschloss Harrdo, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen und das Kind zurück zu holen. Eines Morgens, der Hahn hatte gerade erst zweimal gekräht, machte er sich auf den Weg Richtung Osten und was soll man sagen – es dauerte beinahe 30 Jahre bis er zurück kam. Warum und wieso konnten die Baumsteigers nicht verraten. Darüber hatte Harrdo, der vor einigen Wochen unvermittelt im Dorf aufgetaucht war nicht sprechen wollen. Von ihm hatten sie aber all diese Informationen und so kann ich davon ausgehen, das sie wohl der Wahrheit entsprechen.
Ich erzählte den Baumsteigers, dass die Tochter nun auch im Südviertel (in Lindholz) leben würde, sich aus irgend einem Grund aber Rotinia nenne und vor allem überall herum erzählt, sie sei bei Zwergen aufgewachsen.
Darüber mussten die beiden Baumsteigers dann doch herzlich lachen „So ein Unfug. Was auch immer da unter ihren roten Haaren vorgeht - das ist eine hanebüchene Narretei!“
Als richtig stellte sich dann nur noch heraus, dass Risalla wenige Jahre nach dem Verschwinden von Harrdo, gemeinsam mit Ihrem damals gerade einmal 6 Jahre alten Eikoweis, Lützelbinge gen Balgfurt verließ. Gründe nannte sie wohl keine, aber es liegt nahe, dass Ihr Ruf als männervertreibende, nicht zur Erziehung taugliche Hobbitdame dazu beitrug.
Es war ein netter Nachmittag bei zwei sehr ehrenwerten Hobbits der mich in eine Geschichte abtauchen ließ, die aber mehr Fragen als Antworten für mich bereit hielt, wie z.B.
– warum war Harrdo so lange unterwegs und wo überhaupt?
– warum hält sich diese eigenartige Rotinia für einen Zwerg und behauptet bei solchen aufgewachsen zu sein?
– warum ist mir die Verwandtschaft - wenn auch entfernte - zur Familie Lautenreißer nicht bekannt gewesen? (da muss ich Mutter fragen)
– steckt vielleicht auch hinter Eikoweis mehr als es mir bisher bekannt war und ist sein Ansehen als ehrenwerter Pfeifenblatt-Bauer überhaupt haltbar?
Als ich Eikoweis später traf und er mir seine bescheidene Angelausbeute präsentierte, schien er die vielen Fragezeichen über meinem Haupt wohl zu bemerken.
„Äh, warum seht Ihr mich so komisch an? Hab ich da was?“
„Nein, nein, alles bestens“
„Worüber wurde denn gesprochen?“
„Ach über dies und das - Geschichten aus Lützelbinge halt“
„Sicher?“
„Sicher und es ist eine Frechheit, dass Ihr eine Dame scheinbar der Lüge fähig haltet“
„Oh Entschuldigung, verzeiht mir bitte und sagt es bitte nicht Mutter!“
Dann schnürte er schleunigst sein Bündel und wir machten uns wieder auf den Weg.
Sicher - dieser Geschichte werde ich weiter auf den Grund gehen. Es ist mir ein persönliches Anliegen, Hirngespinste wie sie über die Familie kursieren aus der Welt zu schaffen. Es gibt schon genug, seltsame Erzählungen im Auenland. Meinst Du nicht auch?
Wenn ich weitere Erkenntnisse gesammelt habe, werde ich mich schriftlich wieder bei Dir melden.
Herzlichst, Jadeblume Handschlag (Chronistin zu Buckelstadt)
PS: Sag bitte dem alten Tuk, dass ich wohl etwas länger unterwegs sein werde und sortiere bitte mal die Ablage „Die Geschichte des Auenlands“ Ich will mich nach meiner Heimkehr damit näher befassen.
Kommentare