"Nachtschatten, mein Name."

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
Hamelia

"Nachtschatten, mein Name."

Ungelesener Beitragvon Hamelia » Montag 27. April 2015, 12:56

Hamelia ließ die bestiefelten Beine von der Brücke baumeln und verzehrte vergnügt eine Lammpastete. Der Sonne entgegenblinzelnd sah sie sich um, sah den Flußlauf entlang und wartete auf den nächsten Hobbit, der früher oder später über die Wässer musste.
Von ihrem Platz konnte sie die Straße entlangsehen und stutzte. Das sonst eher mäßig besuchte Gasthaus schien heute etwas zu veranstalten. Immer mehr Halblinge schienen einzutreten.

Ruckzuck hatte Hamelia ihre Pastete verputzt, wischte sich die Hände an der Hose ab und rückte den Schlapphut zurecht. Das musste sie sich genauer ansehen. Irgendwer dort würde ihr sicher etwas ausgeben. Oder schenken. Oder unachtsam mit seinem Geld umgehen. Selbstbewusst betrat Hamelia den Efeubusch, sah einmal nach links und einmal nach rechts, als eine pikierte Stimme zu laut sagte: "Ih, die trägt ja ... Schuhe!"
Einige Köpfe wandten sich zu Hamelia um, wenige Leute schenkten ihr wirklich Beachtung. Aber der auenländer Spießer betrachtete sie unverhohlen. Neben ihm saß seine Frau. Ein verhärmter Gesichtsausdruck zierte ihr doch recht hübsches Konterfei und ein viel zu streng gebundener Dutt zähmte das rote Haar der Dame. 'Wenn die davon mal keine Kopfschmerzen kriegt', dachte Hamelia und schritt auf die beiden zu.

"Ist das hier so üblich, Gäste zu empfangen? Ich dachte im Auenland seien die Leute höflich." Sie lächelte gewinnend. "Ich werde niemanden zwingen Stiefel zu tragen, der Herr."
"Bei Weissfußens Gürtel, sie trägt Schuhe!", erboste sich gleich neben ihr jemand. Auch ihn betrachtete sie genau, bevor sie etwas sagte. Seine Kleidung wirkte lächerlich, wie ein Kostüm. Das verschmitzte Lächeln in seinen Augen und das erboste Kopfschütteln, passten nicht im geringsten zueinander.

"Ich bin auf Reisen, da trägt man üblicherweise Stiefel. Unverschämt, allesamt. Ich lauf auch nicht herum und sag: Ih, die laufen alle barfuß. Wo ich herkomm, macht man das eben so."

"Ihr stammt sicherlich aus Bockland, Fräulein ... ?", die anwesende Dame sprach kühl, aber sachlich.

"Nachtschatten, mein Name. Hamelia Nachtschatten.", Hami grinste und streckte der Dame die Hand hin.

"Nun, Fräulein Bockland, wir sind hier nicht in Ihrer Heimat. Euer Auftreten schickt sich nicht. Ihr solltet Benimm-Unterricht nehmen." Das rothaarige Fräulein betrachtete Hami nur kurz und wandt sich dann ab. Hamelia biß sich auf die Lippen und betrachtete ihre Schuhe. Sie könnte sie ausziehen. Sie könnte aber auch probieren, wie weit sie gehen konnte. Guter Dinge holte sie sich also einen Apfelwein von der Theke und betrachtete das Treiben. Das Fräulein und ihr Spießer waren sichtlich darauf bedacht, nicht zu zeigen, dass sie ein Paar waren. Nur wenige Zeit später schien der spitzbübige Kostümträger das Fräulein zu belästigen. Er griff sogar nach ihrer Hand. Fix und ohne nachzudenken drängelte sich Hami dazwischen und ahnte noch nicht, welche Folgen das alles haben würde.

"Ich würd mich freuen, wenn Ihr mich auf einen Wein einladen würdet." Sagte sie lächelnd zu dem Schelm.
"Ich bin wie gesagt, Hamelia."

Er grinste. "Fimbo. Fimbo Flauskopf."

Hamelia

Re: "Nachtschatten, mein Name."

Ungelesener Beitragvon Hamelia » Montag 4. Mai 2015, 10:56

Hamelia gab sich selbstbewusst an ihrem ersten Abend im Efeubusch und sackte ein Freigetränk nach dem anderen ein. Der Flauskopf allerdings verließ alsbald das Gasthaus, ebenso wenig ahnend, wen er kennen gelernt hatte.

Das verbitterte Spießerpaar schien länger zu bleiben und Hami versuchte das ein oder andere Mal mit beiden ins Gespräch zu kommen, jedoch ohne Erfolg. Unruhig blickte sie zur Tür und seufzte im Geiste.
Endlich hatte sie das Auenland erreicht, Verwandte gefunden. Aber sie war nicht willkommen. 'Jetzt erst recht!', dachte sie und schaute dem Spießer nach, der so eben durch die Eingangstüre ging. Seine Dame saß an der Theke und schaute stur in eine andere Richtung, als ein gutaussehender, wohlgekleideter Hobbit sie ansprach. Hami hörte nur Satzfetzen, aber sie verstand dass er ihr Komplimente machte. Über ihr Haar, ihre Augen ... und Hami sah, dass die Dame langsam rot wurde und verbissener wegschaute, als vorher schon. Als er schließlich ihre Hand griff und sie zum Tanzen aufforderte platze Hami dazwischen.
"Hallo. Ich bin Hami. Ich glaub die Dame möchte nicht tanzen. Ich bezweifel zwar nicht dass sie es vortrefflich beherrscht ..." sie schaute das Fräulein kurz an, "... aber ich glaube, Ihr ist gerade nicht danach." Sie drängelte sich vor den Herren und lächelte ihn strahlend an. "Und Ihr seid ... ?"
Er stellte sich als Elweis vor und Hamelia leierte auch ihm ein Getränk nach dem andern aus dem Geldbeutel. Allerdings wanderte ihr Blick immer wieder zu dem verbissenen Fräulein. Als Hami schliesslich in Begleitung ihrer neuen Bekanntschaft das Gasthaus verließ, schüttelte das Fräulein kaum merklich den Kopf und wandte sich empört ab.

'Was soll's.', dachte Hamelia des nachts im Bett. Elweis schlief neben ihr und sie schaute an die niedrige Decke des Smials, ihren Gedanken nachhängend. 'Die krieg ich auch noch.' Schmunzelnd döste sie einige Stunden. Dann verließ sie im Morgengrauen das Grundstück.

Hamelia

Re: "Nachtschatten, mein Name."

Ungelesener Beitragvon Hamelia » Donnerstag 4. Juni 2015, 15:02

Das zarte blonde Mädchen stand vor Hamelia und lächelte sie an. Ihre Wangen waren stark gerötet und ein kalter Schweißfilm auf ihrer Stirn war deutlich zu sehen. Als sie sich die Stirn wischte, fiel Hami der schmale Goldring an ihrem Finger auf.
"Seid Ihr Euch sicher, Frau Blattheim?" Hamelias Stimme klang krächzig. Die Blondine nickte fröhlich. Mit einer leisen, sehr sanften Stimme sagte sie: "Knuderion und Ich leben in Steinlich. Das liegt im Breeland. Fürher habe ich das Smial gebraucht, als ich noch im brauenden Fuchs gearbeitet habe, aber die Zeiten sind längst vorbei. Außerdem ist der Weg einfach zu anstrengend für mich." Ihre Hand strich über den ausgewölbten Bauch, den sie vor sich hertrug. Hamelia schluckte schwer. "Haltet Ihr den Preis nicht für ausgesprochen gering?" Innerlich schüttelte sie wild den Kopf. Der lächerlich niedrige Preis für das Grundstück sollte ein Glücksfall sein. 'Beschwer dich doch nicht, du blöde Ziege!', dachte Hami zu sich selbst. Ihre Augen schauten aufmerksam in die der fremden Dame. "Nun, mir ist klar, dass ich durchaus mehr verlangen könnte, aber hier geht es doch nicht um Gewinn. Ich freue mich, wenn ich einer Fremden im Auenland einen neuen Lebensabschnitt gewähren kann." Sie strahlte Hamelia an. Und schlimmer noch: Sie meinte es ernst.
'Wie kann man nur so naiv und selbstlos sein!', schrie es in ihr, doch sie erwiederte das Lächeln gezwungen und nickt freundlich. "Ich danke Euch dafür, es ist sehr bedeutend für mich. Falls Ich Euch einmal etwas dafür im Gegenzug geben kann, nehmen wir Kontakt auf, nicht wahr?", sagte sie, doch hoffte sie auch, dass Melisia Blattheim sich niemals bei ihr melden würde. Sie konnte sich die Bilderbuchfamilie zu gut vorstellen und es ekelte sie an, dass jemand ein solch perfektes Leben tatsächlich lebte.
Melisia winkte ab. "Das wird nicht nötig sein. Solange ihr pflegsam mit dem Smial umgeht, bin ich zutiefst zufrieden. Ich würde auch gern noch etwas mit euch tratschen, aber ich bin müde und das Kleine tritt mich, als würde es ein Rennen laufen." Sie lachte Glockenhell. Hami schauderte es.
"Frau Blattheim, lasst Euch bitte nicht von meiner Wenigkeit aufhalten.", sagte sie geschmeidig. Der Messingschlüssel, der vor ihr lag glänzte matt im Kaminfeuer. Melisia stand umständlich auf, eine pure Anstrengung, wie es Hami vorkam. Meli allerdings, schien von innen heraus zu strahlen, die Hände zärtlich schützend auf ihrem Bauch liegend wünschte sie Hamelia alles weitere Gute für ihre Zukunft und wankte auf geschwollenen Beinen aus dem Gastraum.

Hami starrte den Schlüssel an. Ihr gesamtes Vermögen war dafür drauf gegangen. Aber sie besaß eine eigene Unterkunft. Das erste mal in ihrem Leben. Sie hatte noch keine genaue Vorstellung was sie erwartete. Geschwind steckte sie den Schlüssel zu ihrer Notiz in die Tasche, auf der ihr Melisia die Adresse aufgeschrieben hatte: Lindental, Windungsweg 4. Südviertel.


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