Heranwachsen in Dachsbauten

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
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Milwi
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Heranwachsen in Dachsbauten

Ungelesener Beitragvon Milwi » Samstag 6. Dezember 2014, 20:55

Viele Sommer zuvor:

Milwi schlug die Tür auf und einige Herbstblätter wehten ihr hinterher. Es war bereits dunkel als sie von ihrem Spaziergang zurück kam. Nur der blasse schein der goldgelben Straßenlaterne schimmerte durch das Fenster und verriet schemenhaft, dass das Smial ihrer Eltern sehr gepflegt wurde. Einige Krüge standen auf dem Tisch. Die Teller waren bereits abgewaschen und fein säuberlich in das Regal geräumt. Sie zündete eine Kerze an und rieb sich die Hände. Kalt ist es in den letzten Tagen geworden. Kalt und ungemütlich. Sie hing ihren Mantel an den Hacken neben der Tür und bürstete sich unter großem seufzen ihre Füße ab. Den Korb mit Äpfeln, den sie auf dem Herbstmarkt hatte ergattern können, stellte sie auf den Tisch und verschwand in ihr Zimmer. Sie klopfte auf ihre kleine Umhängetasche um noch einmal sicher zu gehen es auch wirklich dabei zu haben. Die Tür ihres Zimmers machte sie leise hinter sich zu und in Windeseile stand der Stuhl aus der Zimmerecke vor dem Türknauf um jedes schnelle Eindringen zu unterbinden. Als Milwi das Fenster öffnete strömte ihr kalte entgegen. Sie öffnete die Umhänge Tasche, denn darin befand sich ein kleiner Lederbeutel gefüllt mit bestem Pfeifenkraut. Das Beutelchen legte Sie auf den Tisch und ging zur Kommode. In der mittleren Schublade öffnete das kleine Fach, was wohl nur sie kannte. Ein kleiner Ruckler und der doppelte Boden war gelöst. Die Pfeife die sich in diesem Fach versteckte war nicht länger als eine Elle und aus schönstem Kirschholz gedrechselt. Ihre Großmutter hatte wohl mindestens 4 Augen, nämlich die ihres schon seit langem verstorbenen Mannes und ihre eigenen zugedrückt, als sie Milwi die Pfeife mit den Worten "Aber das bleibt unter uns." zum 31. Geburtstag vermachte. Milwis Großmutter hatte wohl Stil, denn diese Pfeife hatte eine besonders schöne Form und war sanft geschwungen. Ja, sogar ein versilbertes Mundstück hatte die Pfeife bekommen. Leise und auf Zehenspitzen huschte Milwi zu dem Lederbeutel um ihre Pfeife zu befüllen. Sie zündete die Pfeife an und ging zum Fenster. Dann lehnte sie sich gegen die Wand und atmete den leichten Qualm von Hornbläsers Pfeifenkraut aus und sank gemächlich an der Wand hinab. Schmunzelnd machte sie eine Rauchfigur nach der anderen.

Von der anderen Seite des Fensters beobachtend:

Atkins hatte sich raus geschlichen und war auf direktem Weg zum Haus seiner Cousine. Er folgte allerdings keinem Weg sondern ging entlang der Smialwände von einem Grundstück zum nächsten um möglichst unauffällig an Milwis Zimmerfenster zu gelangen. Schon aus einigen Metern Entfernung, hinter einem Baum stehend, konnte er einige schnelle Bewegung in der Dunkelheit ihres Zimmers wahrnehmen. Dann öffnete jemand das Fenster und nur wenige Momente später konnte er einen kleinen runden roten Kreis aufglimmen sehen. Langsam schlich sich Atkins an das Fenster an und stülpte seine Nase durch den Fensterrahmen.


"Psssst!"
"Uaaahhrgs - musst du das immer so machen?" flüsterte es mehr laut als leise von drinnen.
"Du bist zu laut, Milwi. Nachher endecken Tantchen und Onkelchen, dass wir Unfug machen."
Milwi winkte ab. "Die sind doch schon tief und fest am schlafen. Außerdem habe ich zur Sicherheit den Stuhl vor die Tür gestellt."
Sie deutete mit dem Pfeifenende auf den Stuhl. Atkins war bereits schon zur hälfte durch das Fenster geklettert und suchte halt mit seinem Fuß, berührte allerdings nur Milwis Haarschopf.
"Hilf mir mal!" jammerte er leise.
Milwi erhob sich und legte die Pfeife auf die Kommode. Dann streckte sie ihre Hände aus und half Atkins durch das Fenster.
"Mannometer, wie schusselich bist du eigentlich? Hast du dir die Wanne nicht ans Fenster geschoben?" raunte sie ihn an.
Verlegen kratzte er sich am Kopf als er mit beiden Füßen fest auf dem Zimmerboden stand. Dann nahm sich Milwi die Pfeife erneut in den Mundwinkel und paffte überaus gekonnt einige kleine Rauchwölkchen, die wie eine Schafherde im dunkeln aussah, aus dem Fenster.
"Wie schaffst du das eigentlich immer?" fragte Atkins.
"Die Wölkchen? So." und dann formte sie ein großes "O" mit ihrem Mund. "Ond donn mosst do so toon, ols ob do ön Fösch wörst."
"Lass mich doch auch mal probieren!" - Atkins hatte schon wieder den jammrigen O-Ton in seiner Stimme.
Nach kurzem grübeln gab Milwi ihm die Pfeife und er setzte gleich an und zog den ganzen Rauch in seine Lunge. Natürlich musste er husten, denn es war sein erstes Mal Pfeifenkraut, dass er jemals probiert hatte.
Milwi presste ihm die Hand auf den Mund. "Pssssst! Ich hör da was!"

Mucksmäuschen still war es geworden und Atkins versuchte so leise wie möglich und wild mit den Händen fuchtelnd nach Atem zu ringen. Gar nicht so einfach mit einer fremden Hand auf dem Mund. Seine Augen begannen zu tränen. Und doch konnte er selbst auch ein knarren außerhalb der Zimmertür vernehmen. Jemand stand vor der Tür. Die beiden hielten inne und konnten einen kleinen hellen Strich unter der Tür erkennen, der sich nach einigen Minuten des lauschens glücklicherweise wieder entfernte.

"Das war knapp!" flüsterte Milwi erleichternd gen Atkins.
"Das kannst du wohl laut sagen! flüsterte er mit krächzend fliepsiger Stimme zurück.
"Ich glaube, dass es besser ist, wenn du jetzt gehst, Atkins. Nachher kommt noch einer meiner Eltern hier rein und wir sind bis zum Ende dieser Gefangenschaft im Elternhaus zum putzen verdammt. Und ich möchte diese Krux nun wirklich nicht ausbaden!"
Atkins runzelte die Stirn und seine fast schwarzen Haare fielen ihm strähnig ins Gesicht als er seine Füße anstarrte.
"Nagut. Ja, vielleicht hast du recht Cousinchen."
Er drehte sich um drückte sich durch den Fensterrahmen ins Freie wo er kopfüber in einem kleinen Busch landete. Ebenso schnell, wie er gefallen war, war er aber auch schon wieder auf den Beinen und tat so, als ob nichts gewesen wäre. "Bis dann!" winkte es noch ein Mal durch das Fenster und dann war im dunkeln der Nacht verschwunden.



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