Die Reisen der Südvierteler

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
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Filbu
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Die Reisen der Südvierteler

Ungelesener Beitragvon Filbu » Montag 18. August 2014, 12:45

Von den blauen Bergen nach Hause - Teil 1

„Hase, steh jetzt auf und pack deine Sachen zusammen“
Wie Hammerschläge auf einem Zwergenamboss, fühlten sich Schalotte´s Worte in seinem Kopf an. Er erwiderte ihr ein leises Stöhnen und hielt sich den Kopf.
„Filbu Buchsbaum, wenn du jetzt nicht sofort aufstehst werde ich ungehalten.“ raunzte sie erneut.
„Das bist du doch schon längst, Maus. Und bitte rede leiser. Mein Kopf zerspringt gleich“ sagte er und ließ dann seinen Blick durch das Smial…nein, ein Smial war es nicht. Wo war er? Er erinnerte sich nicht mehr genau. Das letzte was er wusste war, dass sie auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz waren. Dann prägte sich ein Bild in sein Gedächtnis. Schalotte mit verschränkten Armen, auf der Treppe zu Thorins Hallen. Hatte sie wohl den ganzen Abend dort gewartet um ihn im trunkenen Zustand zu erwischen? Er fragte sich ob er wohl einigermaßen bei Sinnen gewesen war in der vergangenen Nacht? Dann setzte er sich langsam auf und erspähte im Nebenraum Hazeline, die sich auf einem kleinen Holzbänkchen sitzend ihren Kopf hielt. Er kicherte innerlich darüber, weil es ihr scheinbar nicht besser ging als ihm. Neben ihr saß Eikoweis dem es scheinbar blendend ging. Er malträtierte Hazeline euphorisch mit Erzählungen über den vergangenen Abend. Der Rauch seiner Pfeife durchströmte die steinerne Behausung und füllte die Nasen der Anwesenden. Nicht zum wohlwollen aller.
„Würden sie das wohl bitte sein lassen Herr Lautenreißer? Gehen sie doch vor die Tür mit dieser Stinkerei“ polterte Schalotte durch den Raum und es schien so als wolle selbst der Rauch wieder ehrfürchtig in Eikoweis´ seiner Pfeife verschwinden. Fluchtartig verschwand der bekannte Pfeifenkrautbauer durch die Tür und Schalotte nickte zufrieden. Im nächsten Moment schlug die Tür wieder auf und Monabella trat herein.
„Gleich schlägt´s dreizehn. Hier steckt ihr. Wie seid ihr denn überhaupt hier reingekommen? Vorne an der Tür steht „Zu verkaufen“ also habt ihr hier auch nichts verloren. Das ist doch hier kein Gästehaus. Wollt ihr dass die Zwerge euch achtkantig wieder hinauswerfen, wo sie euch gestern noch eingeladen haben? Jetzt flott. Die Ponys sind gesattelt und alle warten nur auf euch. Filbu? Bist du wieder bei Verstand?“ sagte sie in zackigem Ton
„Ich? Natürlich. Warum denn auch nicht? Aber Monabella red doch bitte etwas leiser, das Fräulein Hazeline hat Kopfschmerzen.“erwiederte er und blickte aus dem Augenwinkel zu Schalotte. Ob er bei Verstand sei fragte sie. War es so schlimm gewesen? Besser er fragte nicht danach.

Eine gute halbe Stunde später saßen sie in den Satteln und machten sich auf den Heimweg.
Die drei Grenzerdamen Tulpeline, Fenila und Monabella vorneweg schritten sie auf ihren Ponys durch das große steinerne Tor und ließen die stattlichen Bauwerke der Zwerge zurück.
Eikoweis und Fredoberdt sinnierten über die Baukunst der Zwerge und fuchtelten dabei wild mit ihren Händen umher. Es sah aus als würden sie einen Chor dirigieren und der ein oder andere musste darüber schmunzeln. Scheinbar waren sie sich nicht ganz einig darüber wie man die Zwergenbauten zu bewerten hatte.
„Imposant sag ich nur. Und kraftvoll vor allem. Eine wahre Kunst diese Bauwerke“ gab Eikoweis von sich und seine Worte wurden in das Tal hinausgetragen und durch die steinernen Wände links und rechts verstärkt.
„Imposant das gebe ich zu. Aber viel zu eckig. Und vor allem viel zu hoch. Und keine Geländer an den Treppen. Das ist viel zu gefährlich.“ erwiederte Fredoberdt
Das ging so noch eine ganze Weile und einige seufzten zufrieden als Karabard und Olardia zu ihren Instrumenten griffen um die Diskussion über die Zwergische Baukunst zu übertönen. Es waren ruhige besinnliche Klänge und so war es kaum Verwunderns wert das Hazeline irgendwann bäuchlings auf ihrem Pony einschlief und auch die anderen ein ums andere mal ein tiefes Gähnen von sich gaben.
Filbu machte derweil ein nachdenkliches Gesicht. Er schien schwer damit beschäftigt zu sein den gestrigen Abend zusammen zu bekommen.
„ Ich hab mich doch nicht daneben benommen gestern, oder?“ fragte er an Schalotte gerichtet.
„Hase, lass gut sein.“ erwiderte sie und setzte den „Darüber-reden-wir-wenn-wir-Zuhause-sind-Blick“ auf. Überhaupt war sie sehr still und weder zwergische Bauten noch sonst irgendwas in der Umgebung schien auch nur einen Funken Interesse in ihr zu wecken.
Ebensowenig schien das Khelweis und Hamelia zu interessieren. Die beiden hatten nur Augen für sich und sie ritten so nah aneinander das man meinte die zwei Ponys würden zu einem verschmelzen. Sie wirkten sehr zufrieden mit sich und der Welt und machten einen einigermaßen ausgeruhten Eindruck. Scheinbar hatten sie ein besseres Lager gefunden als einen bloßen Steinboden.
„Iiiiieek“ quiekte Schalotte und zeigte wild gestikulierend auf den Beutel von Azalinchen.
„Eine Ratte. Da in ihrem Beutel. Mach sie weg Filbu. Los.“ schrie sie in panischer Angst und duckte sich auf dem Pferderücken als könne die vermeintliche Ratte jeden Moment einen Angriff starten.
„Ich darf doch sehr bitten Fräulein Pfefferpott. Das ist eine Spitzmaus und sie hat ebenso einen Namen wie ihr den habt.“ gab Azalinchen zu bedenken.
„Ui. Die Spitzmaus heißt auch Fräulein Pfefferpott? Toll“ sagte Bango, der durch Schalottes Quiker aus einem Törtchentraum aufgewacht war, mit Begeisterung, um dann im nächsten Moment wieder in seinen Gedanken über Bratengerichte zu versinken. Schalotte strafte Bango mit einem eisigen Blick und wendete sich Azalinchen zu.
„Fräulein Goldfuss. Es ist eine merkwürdige Sitte die ihr da pflegt. Ich hoffe ihr habt dieses Ding da unter Kontrolle. Andernfalls sehe ich mich gezwungen das zu melden“ sagte sie mit ernster Miene und deutete Filbu mit einem Kopfnicken an, dass er sie bestärken sollte.
„Ich…bin..ähem…also…sicherlich ist die Maus gut erzogen. Da wird schon nichts passieren. Stimmts Fräulein Goldfuss?“
Schalotte blickte Filbu verständnislos an. Es war offensichtlich dass sie nicht nachvollziehen konnte warum Filbu dieses Monstrum auch noch in Schutz nahm.
„So ist es Herr Buchsbaum. Aber ich kann mich auch gerne von Fräulein Pfefferpott entfernen wenn es sie ängstigt“ sprach sie und legte die Beine an um ihr Pony voranzutreiben. Schalotte nickte zufrieden.

Am frühen Nachmittag tauchte dann die Feste Gondamon zwischen den Bergen auf und Erleichterung machte sich breit.

„Wir werden in Gondamon unser Lager aufschlagen. In der Feste sind wir sicher vor den Drachen“ rief Tulpeline und kicherte in sich hinein.
„Drachen…..?“ entfuhr es Eikoweis mit krächzend, zittriger Stimme und im nächsten Augenblick drehten sich seine Augen und es folgte ein lautes „Rumms“.
„Uh. Der ist bestimmt entfettet.“ gab Bango zu bedenken und kramte aus seinem Beutel eine geräucherte Balgfurter die er dann selbst verspeiste. Hamelia und Khelweis waren als erste bei dem ohnmächtigen Krautliebhaber und einige Ohrfeigen später war Eikoweis wieder bei sich und sie konnten die Reise fortsetzen, nachdem sie ihm mehrmals versicherten dass Tulpeline nur einen ihrer üblichen Scherze gemacht hatte. Das hinderte Eikoweis allerdings nicht daran sich vor jeder Biegung bei den Vorausreitenden versichern zu lassen, das keine Drachen zu sehen wären.
In Gondamon angekommen schlugen sie ihr Lager auf und obwohl die Stimmung doch recht munter war unter den Reisenden, ausgenommen Schalotte, begab man sich recht schnell in die von den Zwergen bereitgestellten Strohbetten. Nur Feramond saß noch länger am Feuer und wirkte etwas betrübt. Er hing mit seinen Gedanken wohl schon im heimeligen Smial bei seiner Pipphelia. Am nächsten Abend sollten sie im Südviertel ankommen. Dann würde er sie wieder in seine Arme schließen können.

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Re: Die Reisen der Südvierteler

Ungelesener Beitragvon Filbu » Dienstag 19. August 2014, 13:53

Von den blauen Bergen nach Hause - Teil 2

„ Hase, steh endlich auf oder ich werde ungehalten“ raunzte Schalotte ihn an und stand mit verschränkten Armen erwartungsvoll vor ihm.
Er öffnete verschlafen ein Auge und fragte sich ob er das jeden Morgen hören würde sollte er sie heiraten. Ein Leben konnte sehr lang sein. Andererseits gab es wohl auch schlimmeres. Zahnschmerz fiel ihm spontan ein. Vielleicht musste er ihr von Anfang an deutlich machen, dass sie so nicht mit ihm umgehen konnte. Er nahm all seinen Mut zusammen legte sich in Gedanken ein paar treffende Worte zusammen und sagte.
„ Ja, Schatz. Ich steh ja schon auf.“
Schalotte nickte zufrieden und wendete sich dann ihrem Pony zu um etwas Gepäck zu verschnüren. Bango ließ sich seine diversen Bündel mit Proviant vollstopfen. Fredoberdt und Eikoweis schienen wieder oder noch immer vertieft in die Diskussion über die Baukunst der Zwerge.
„Viel zu eckig“….. „Imposant und kraftvoll“…. „Kalt und farblos“ so wechselten sich die Sichtweisen der beiden und es sollte bis zum Erreichen der Elbenstadt Duillont so weiter gehen. Da setzte sich die Diskussion dann jedoch über die elbische Baukunst fort. Sehr zum Leid aller Anwesenden.
Doch so weit sind wir noch nicht.
Die Grenzerdamen tauschten sich mit einigen Zwergen über den weiteren Weg aus. Es wurde ihnen angeraten immer auf dem Weg zu bleiben da sich wohl in der ein oder anderen Ruine Bilwisse aufhalten würden.
„ Bilwisse?“ kurzzeitig hatte es Eikoweis aus der Diskussion mit Fredoberdt herausgerissen.
„ Hier gibt es Bilwisse?“ fragte er und blickte sich ängstlich um.
„ Ganz ruhig Herr Lautenreißer. Wenn wir auf den Wegen bleiben werden wir sicher nicht einmal welche zu Gesicht bekommen.“ erwiderte ihm die kurzhaarige Grenzerin.
Filbu verfolgte das Gespräch schweifte dann aber beim Betrachten von Fenilas Frisur, mit seinen Gedanken ab. Hatte sie nicht gesagt sie würde sie wieder wachsen lassen? Das war doch schon über ein Jahr her und sie waren kein Stück länger geworden. Er kannte sie noch mit langen Haaren. Bei Zeiten sollte er sie darauf hinweisen dass sie eigentlich vor hatte sie wachsen zu lassen. Fenila wendete sich von Eikoweis ab und sah nun hinüber zu Filbu und als könne sie seine Gedanken lesen, lächelte sie und fragte:
„ Ist alles in Ordnung Herr Filbu?“
Er schreckte ein wenig auf.
„ Wie? Ich? Oh..aber sicher ist alles in Ordnung. In bester Ordnung sogar. Es ist nur…. ihr wolltet doch eigentlich...oder hatte ich da was falsch verstanden?“ fragte er und warf ihr einen irritierten Blick zu
„ Ich wollte was? Vielleicht solltet ihr in ganzen Sätzen reden. Dann versteh ich auch was ihr meint.“
Irgendwas sagte ihm das sie genau wusste was er meint. Dann tippte ihm jemand auf die Schulter und er drehte sich blitzartig um.
„ Hase, du solltest deine Sachen endlich zusammen packen oder wolltest du gerade Fräulein Rosenstock fragen ob sie das für dich übernehmen möchte?“ sagte Schalotte mit kühlem Blick
„ Ich hab..ich meine..ich wollte nur…ich komme sofort. Du hast ja recht. Es wird Zeit. Entschuldigt mich bitte Fräulein Fenila“
Fenila schmunzelte und lenkte dann ihre Aufmerksamkeit wieder zu ihren beiden Kolleginnen.
Feramond der seine Sachen schon als erster fertig auf seinem Pony verschnürt hatte versuchte die Meute etwas anzutreiben. Es brannte ihm offensichtlich unter den Fußsohlen endlich wieder nach Hause zu kommen. Er wirkte ein bisschen wie ein aufgescheuchtes Huhn wie er so zwischen den Ponys herlief und jedem versuchte zu helfen.
„ Los los. Mer wolln doch nich erst in der Nacht ankommen. Bango, du hast jetzt genug Braten eingepackt. Das reicht für mehr als drei Wochen. Der Braten wiegt schon mehr als dein Pony. Wenn mer zuhaus sind, macht dir mei Blumen eine Torte. Aber nu beeil dich.“ sagte Feramond
„ Torte? Hui. Toll. Auja. Ich beeil mich.“ erwiderte er und packte noch einige Brote oben auf seine Bündel und verschnürte alles .
Karabard befestigte derweil seine Theorbe an dem Sattel und setzte sich den Hut auf. Er setzte den Hut auf? Das würde bedeuten er hätte ihn vorher abgesetzt. Nein. Er hatte ihn wohl nur etwas neu ausgerichtet. Wenn jemand auf den perfekten Sitz seines Hutes achtete, dann war es wohl Karabard Stolzfuss. Olardia beobachtete ihn dabei und schmunzelte. Sie hatte es wohl schon häufig beobachtet und konnte mit Sicherheit schon ein Lied darüber schreiben.
Azalinchen war mit dem Packen fertig und führte einige kleinere Kunststücke mit ihrer Spitzmaus Lotus vor. Sehr zur Begeisterung von Hazeline die staunend der Spitzmaus hinterherblickte. Weniger staunend, eher angewidert, blickte Schalotte dem herumwuselnden „Ding“ hinterher, stets in Bereitschaft einen rettenden Satz auf einen Stuhl oder einen Tisch zu machen.
Auch Bango hatte die kleine Maus gesichtet und es gingen ihm einige Spitzmausgerichte durch den Kopf.
Nach und nach saßen dann doch alle irgendwann in den Sätteln und verabschiedeten sich von den Zwergen. Dann verließen sie die schützenden Mauern der Feste und ritten in südlicher Richtung. Die Reise verlief ruhig und selbst Wildtiere ließen sich kaum blicken. Die Stimmung unter den Hobbits war munter und so wurde viel gesungen und gelacht. Niemand bemerkte die Blicke aus dem Wald die schützend auf ihnen lagen. Niemand? Es war Hamelia, die auffallend oft, den Wald mit ihren Augen absuchte. Und als wüsste sie genau was darin vorging, schmunzelte sie ein ums andere mal und lehnte sich zufrieden gegen das verschnürte Gepäck auf ihrem Pony.
Am späten Nachmittag erreichten sie dann die Brücke über den Rhûn und als sie auf der Ostseite ankamen war so mancher erleichterter Seufzer zu hören.
„ Zuhause ist es doch immer noch am schönsten, hab ich nicht recht Filbu?“ sagte Fredoberdt und wurde, bevor Filbu überhaupt einen Satz ansetzen konnte, von Schalotte bestätigt.
„ Das sind die ersten vernünftigen Worte die ich auf dieser unsinnigen Reise höre Herr Beifuss. Schön das wenigstens einer außer mir hier noch bei Sinnen ist. Hörst du Filbu? Nimm dir ein Beispiel an Herrn Beifuss und lass diese irrwitzigen Reisen endlich sein. Schlimm genug das du ihn in seinem Alter noch solche Strapazen aufbürdest. Wissen deine Großeltern eigentlich was du so treibst?“
Fredoberdt setzte an etwas zu erwidern, beließ es dann aber bei einem resignierenden Seufzer.
„ Maus, ich bin doch kein junger Zwien mehr dem man sagen muss was er zu tun und zu lassen hat“ polterte er zurück
„ Scheinbar schon. Immerhin hab ich es dir zu verdanken das ich eine Nacht auf einem bloßen Steinboden und eine Nacht zwischen Ziegen und Schweinen auf Stroh verbracht habe. Findest du es ist angebracht sowas einer Dame zuzumuten?“ erwiderte sie und zog damit die Aufmerksamkeit von Eikoweis auf sich.
„ Ach Frau…ich meine Fräulein Pfefferpott. So eine Nacht auf etwas Stroh hat doch noch keinem geschadet. Und nebenbei erwähnt, man kann euch die Strapazen der Reise überhaupt nicht ansehen“ sagte er und lächelte Schalotte an
„ Eure schmeichelnden Worte in Ehren Herr Lautenreißer, aber es geht hier ums Prinzip. Eine Reise nach Hafergut hätte ausgereicht. Dort gibt es auch einiges zu sehen.“
Nach zwei Tagen Diskussionen über die Architektur der Zwergen- und Elbenbauten schien Eikoweis keine Kraft mehr für solche Gespräche zu haben und resignierte mit einem kurzen Schnaufen.
Sie legten in Nadelhohl eine Rast ein um den Ponys Zeit zu geben sich ein bisschen zu erholen. Man verfluchte dass niemand auf die Idee gekommen war in Nadelhohl ein Gasthaus zu eröffnen und beschuldigte letztlich den Bürgermeister, den alten Mehlkloß, daran Schuld zu sein. So war es eigentlich immer wenn man niemanden zur Hand hatte, dem man die Schuld in die Schuhe schieben konnte. „Die Schuld jemanden in die Schuhe schieben“ war übrigens eine Redewendung aus dem Westviertel, da man dort doch recht häufig Schuldfragen mit Schuhträgern in Verbindung brachte. Aber das nur am Rande.
Einige plauderten dann scherzhaft über die Möglichkeit den Bürgermeister gegen eine zwergische Ziege zu ersetzen.
„ Der Unterschied liegt nur im Bauchumfang. Da liegt unser lieber Herr Weissfuss deutlich vorne“ gab Khelweis zu bedenken und Gelächter machte sich breit. Nur Schalotte verzog keine Miene und murmelte vor sich hin.
„ Unverschämtheit so ein Vergleich. Das sollte man den Bütteln melden.“
Das selbst die anwesenden Grenzer herzhaft über die Bürgermeisterscherze lachten, ließ jedoch auch bei ihr ernste Zweifel aufkommen, dass eine Beschwerde über solche Witze, bei den Bütteln, auf fruchtbaren Boden stoßen würde.


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Re: Die Reisen der Südvierteler

Ungelesener Beitragvon Filbu » Mittwoch 20. August 2014, 16:09

Von den blauen Bergen nach Hause - Teil 3

„ Abmarsch. Wir müssen uns sputen, es wird langsam dunkel“ rief Monabella der abreisebereiten Gesellschaft zu. Die Sonne berührte schon den Horizont. Nicht mehr lange und sie würden ihre Laternen anzünden müssen um auf dem rechten Weg zu bleiben.
„ Es wäre gut wenn wir vor Anbruch der Dunkelheit durch das Binsenmoor kommen. Die Wege sind schmal, ein falscher Tritt und man steckt tief in dem Morast. „ gab Tulpeline zu bedenken und legte die Beine an um ihr Pony voranzutreiben. Fenila blickte ihr skeptisch hinterher.
„ Das werden wir nicht schaffen. In einer guten Stunde ist die Sonne verschwunden. Da sind wir sicher noch nicht durch. Der Weg ist gewunden und wir müssen vorsichtig sein. Das wird uns aufhalten.“ sagte Fenila während sie die Zügel aufnahm und auch ihr Pony mit einem Zungenschnalzer in Bewegung setzte. Die anderen taten es ihr gleich und so verließen sie Nadelhohl durch den Torbogen. Manch einer blickte skeptisch westwärts, wo sich die Sonne immer weiter in die Weißen Höhen hineinzubohren schien. Die drei Grenzersdamen diskutierten noch eine Weile über die verbleibende Reisezeit, wurden aber dann mit zunehmender Dunkelheit ruhiger und wachsamer.
„ Warum werden die so still? Lauert da vorne eine Gefahr?“ fragte Eikoweis an Karabard gerichtet der sich den Hut ins Gesicht gezogen hatte und an seinem Gepäck lehnend vor sich hin schlummerte. Eikoweis schüttelte den Kopf.
„ Wie kann der nur schlafen? Wir sind womöglich von Bilwissen umzingelt und er schlummert seelenruhig vor sich hin. Unfassbar. “
Khelweis bemerkte die Unruhe des jungen Krautliebhabers und legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.
„ Ganz ruhig Herr Eikoweis. Hier lauern keine Gefahren. Ein paar Sichelfliegen, Schnecken oder Sumpfkröten werden uns sicher nichts anhaben können. Außerdem schlafen die jetzt bestimmt alle.“ sagte er mit seiner gewohnt brummigen Stimme und lächelte um seiner Gelassenheit noch mehr Ausdruck zu verleihen. Es schien zu wirken. Eikoweis schnaufte durch und wirkte dann doch etwas gelassener .
„Quuuaaak“ ertönte es laut aus der Dunkelheit und Eikoweis machte einen Satz in seinem Sattel. Für einen Moment sah es beinahe so aus als wolle er zu Khelweis hinüber hüpfen.
„ Ich dachte die schlafen?“ zischte er Khelweis panisch an, der das ganze nur mit einem Schulterzucken kommentierte und immer noch ruhig vor sich hin schmunzelte.
„ Kann man die essen?“ fragte eine Stimme hinter den beiden. Eikoweis blickte über seine Schultern zu einem Braten kauenden Bango und blinzelte.
„ Was meinst du Bango? Die Frösche oder die Schnecken?“ frage Eikoweis
„ Oh. Ähem. Beides?“ erwiderte er „ Kann man doch sicher beides essen. Der Blundo sagt mit der richtigen Soße kann man alles essen. Ohja.“
„ Wenn ihr es wagt in meiner Nähe eine Schnecke zu verspeisen, sorge ich dafür dass ihr die nächsten Wochen nur Brot und Wasser zu Gesicht bekommt.“ polterte Schalotte von hinten und schüchterte damit den jungen Tortenhutträger sichtlich ein.
„Uh. Ich war´s nicht“ erwiderte Bango und versuchte dabei möglichst unsichtbar auszusehen.
„ Maus, hör auf. Du machst ihm Angst. Nur Brot und Wasser. Sowas ist für Bango unvorstellbar. Das ist als würde man dir sagen, du musst eine Woche in einem Smial mit schief hängenden Bildern und ausgefransten Teppichen wohnen und dürftest nichts berühren.“ sagte Filbu und triumphierte innerlich. Mit diesem treffenden Vergleich war er sich sicher jegliche aufkeimende Diskussion im Keim erstickt zu haben.
„ Hase. Dein Vergleich ist an den Fußhaaren herbeigezogen. So ein Smial gibt es nicht. Bleib bitte sachlich. Aber es überrascht mich natürlich nicht, dass du dich auf die Seite dieses Vielfraßes stellst. Die Mitgliedschaft im Stammtisch scheint ja ein Freifahrtschein für unzüchtiges Benehmen zu sein. “
Mit diesen Worten entbrannte eine hitzige Diskussion und spätestens jetzt hätte jede Kröte und jede Schnecke einen weiten Bogen um die Hobbits gemacht. Eine gute Stunde später hatten sie das Moor hinter sich gelassen und passierten das Waldstück nördlich von Wegscheid. Sie beschleunigten die Schritte ihrer Ponys um so etwas Zeit gut zu machen. So langsam kamen sie wieder in bewohntes Gebiet und begegneten nun auch dem ein oder anderen Hobbit, der von der Feldarbeit heimkehrte und den 15-köpfigen Trupp mit skeptischen Blicken bedachte. So etwas sah man nicht alle Tage. Nach einer weiteren geschlagenen Stunde kamen sie dann in Wegscheid an und hielten ein um eine kurze Rast zu machen. Hier verabschiedete sich Tulpeline von der Gruppe. Sie würde Bürgermeister Weissfuss noch Bericht erstatten müssen sagte sie und machte sich auf in Richtung Michelbinge.
„ Fräulein Zwilber, warum müssen wir ausgerechnet hier Rast machen?“ fragte Schalotte leicht empört und blickte sich angwiedert um. Monabella folgte ihren Blicken und verschränkte dann die Arme.
„ Wenn es euch hier nicht gefällt könnt ihr doch alleine weiter gehen. Wir sind ja schließlich nicht mehr weit vom Südviertel entfernt. Die Wege sind sicher. Also tut euch keinen Zwang an.“ erwiderte sie bestimmt aber in freundlichem Tonfall.
Schalotte rümpfte die Nase und verschränkte ebenfalls die Arme. Erst schien es so als wolle sie etwas erwidern. Sie beließ es dann aber dabei die Augen zu rollen, drehte sich dann mit einem verärgerten „Pff“ um und suchte mit ihrem scharfen Blick nach der grünen Stammtischtracht und den viel zu ungeordneten dunklen Haaren ihrer besseren Hälfte. Dann sah sie ihn und zuckte zusammen.
„ Filbu Buchsbaum. Was hast du da auf deinem Kopf?“
Sie sah genau was er auf dem Kopf hatte. Die Frage diente lediglich dazu sich zu vergewissern. Azalinchen´s Spitzmaus Lotus hatte sich gerade dazu entschlossen dem Kopf des Hobbits einen Besuch abzustatten.
„ Fräulein Fussgold, wärt ihr so freundlich und würdet das Tierchen von meinem Kopf entfernen?“ fragte Filbu mit leiser Stimme und hatte Mühe gelassen zu bleiben. Am liebsten hätte er laut losgebrüllt.
Hazeline kicherte sichtlich amüsiert und auch die anderen nahmen es mit einem breiten Grinsen zur Kenntnis. Azalinchen eilte herbei, schnappte sich die ausgebüxte Spitzmaus und setzte sie sich nun selbst auf den Kopf. Schalotte kommentierte die ganze Szenerie mit einem Kopfschütteln und richtete ihr Wort nun wieder an Filbu.
„ Wenn du fertig bist mit diesen Spielereien können wir ja gehen. Ich bleibe hier keine Sekunde länger“ sagte sie bestimmend und setzte sich damenhaft in den Sattel ihres Ponys.
Filbu seufzte. Es war spät und er war zu erschöpft um noch Widerworte zu geben. So blickte er sich entschuldigend in der Gruppe um und kletterte dann etwas behäbig in den Sattel.
„ Gute Nacht, Freunde. Wir sehen uns beim Stammtisch“ sagte er und winkte den Weggefährten zum Abschied zu.


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Re: Die Reisen der Südvierteler

Ungelesener Beitragvon Filbu » Donnerstag 21. August 2014, 12:15

Von den blauen Bergen nach Hause - Teil 4

Filbu blickte noch einmal über die Schulter zu der grünen Meute. Die meisten hatten ihre Sippentracht anbehalten und so zeichneten sie, ein für ihn erfreuliches Bild in die Wegscheider Nacht. Selbst in der Dunkelheit schien das „Grün“ der Tracht einen besonderen Zauber auszustrahlen. Aber das war womöglich nur seine eigene Wahrnehmung, die sowieso stets von dieser Farbe geprägt war. Dann wendete er seinen Blick nach vorne und ließ seine Gedanken über die vergangenen Tage kreisen. Eine beschwerliche, aber gleichzeitig erfreuliche und aufregende Reise hatten sie hinter sich. Er musste sich selber eingestehen, dass es ihm Freude bereitet hatte und er es jederzeit wieder tun würde wenn sich ein Anlass ergeben würde. Das musste man ja niemanden auf die Nase binden. Immerhin kam es nicht selten vor, dass er selber andere für ihre Abenteuerlust rügte. „Abenteuerlust“ flüsterte er sich gedanklich zu. War es das was er empfand? Er schüttelte den Kopf und ließ den Gedanken nicht weiter zu. Sie waren nun Zwergenfreunde. Aber waren sie das nicht vorher schon? War die Reise wirklich notwendig gewesen? Was sagte ein bloßer Handschlag aus, über das Bündnis zwischen Zwergen und Hobbits? Oder war es mehr als ein Handschlag? Letztlich war es doch nur ein höchst offizieller Akt um ihre Freundschaft zu besiegeln. „Nur ein offizieller Akt“ murmelte er und wurde sogleich von Schalotte mit einem fragenden Blick bedacht.
Sie waren mit den Zwergen gemeinsam in ihre Hallen einmarschiert. Die Zwerge in Reih und Glied. Die Hobbits wie ein aufgescheuchter Haufen hinterher. Das mussten sie sicherlich noch üben. Aber es war ein ergreifendes Gefühl gewesen und manch einer schien dabei ein Stück gewachsen zu sein. Vor den Augen eines Königs hatten sie sich den Handschlag gegeben. Er erinnerte sich daran wie der Zwerg ihm die Hand geschüttelt hatte. Einen kurzen Moment war in ihm Angst aufgekommen und er fürchtete seinen Arm zu verlieren. Dann hatte sein Gegenüber den Griff gelockert und ihn durch seinen Bart angeschmunzelt, als hätte er die Gedanken des Hobbits lesen können.
An die Feierlichkeiten im Anschluss konnte er sich kaum noch erinnern. Es war viel Bier geflossen. Davon einiges in seinen Hals. Hatte er mit Fräulein Hazeline in der Taverne auf dem Rücken liegend die Decke nach Sternen abgesucht? Irgendwie zeichnete sich vor seinem inneren Auge ein Bild zu diesem Gedanken ab.
„Denk dran Herr Filbu. Nur nippen“ hatte Khelweis gesagt. Er hatte genippt. Wohl ein paar mal zu viel. Im nächsten Moment wurde er von Schalotte aus seinen Gedanken gerissen.
„ Hase, du bist so leise. Haben wir uns nichts mehr zu sagen? Wir sind noch nicht einmal verheiratet. Wie soll das denn was werden?“ fragte sie mit ernster Miene
Richtig. Die Hochzeit. Da war doch was. Er hatte die Hochzeit gedanklich in seiner Prioritätenliste nach unten verschoben und sie hatten schon lange nicht mehr darüber gesprochen. Die Tatsache, dass er seiner eigenen Hochzeit nicht soviel Aufmerksamkeit schenkte wie anderen Dingen in denen er sich aufopfernd engagierte, erfasste ihn wie eine Ohrfeige und es berührte ihn peinlich.
„ Entschuldige. Ich war in Gedanken und müde bin ich auch.“ erwiderte er. Seine Worte entsprachen der Wahrheit. Er fühlte sich niedergeschlagen und sehnte sich nach seinem Bett.
„ Wirt du jetzt eine längere Zeit im Auenland bleiben oder bist du bald schon wieder weg?" fragte sie mit vorwurfsvollem Unterton und starrte ihn durchdringend an. Er hielt dem Blick nicht stand und wendete sich ab. Tatsächlich hatte er schon die nächste Reise im Kopf. Der Keilermarkt sollte eine Reise wert sein. Obwohl er Bree eher mied, wollte er so einen großen Markt nicht verpassen.
„ Der Keilermarkt ist…naja…bald….“ stammelte er und wurde dann von Schalotte unterbrochen.
„ Ach Filbu.“ seuzte sie „ Ich dachte ich heirate einen auenlandverbundenen Hobbit. Aber du bist mittlerweile mehr im Ausland als im Auenland unterwegs. Manchmal verschwindest du ohne Nachricht zu hinterlassen. “
Es war nicht der Vorwurf darin der ihn traf, vielmehr war es die Resignation in ihrer Stimme mit der er nicht gerechnet hatte. Aber sie hatte natürlich recht. Er war oft unterwegs gewesen in der vergangenen Zeit. Und abgesehen von dem Bündnis mit den Zwergen schien es oft grundlos gewesen zu sein. Oder gab es einen Grund dafür? Ja. Den gab es. Aber er hatte weder Lust darüber nachzudenken, noch würde er es jetzt und hier ansprechen. Er wollte jetzt nur in sein Bett.
„ Können wir nicht morgen darüber reden? Es ist jetzt wirklich nicht die rechte Zeit dafür. „
Sie seufzte zum widerholten Male und nickte dann ohne etwas zu sagen. Kurz darauf trennten sie sich an der Gabelung im Windungsweg in Lindental mit einer recht oberflächlichen Umarmung. Irgendwie war er froh noch das letzte Stück für sich alleine zu haben.
Die ganze Reise zog vor seinem inneren Auge an ihm vorbei und ein zufriedenes Gefühl machte sich in ihm breit. Es war richtig und wichtig gewesen. Dieses Bündnis war der Beginn einer langen Freundschaft. Da war er sich sicher. Dann hielt er inne. Sein Smial lag vor ihm und das rauschen des Wasserfalls holte auch den allerletzten Gedanken aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Er war Zuhause. „Zuhause“ murmelte er und brachte einen zufriedenen Seufzer hervor. Langsam ließ er sich aus dem Sattel gleiten. Dann löste er die Lederriemen an seinem Gepäck und hievte alles herunter. Zügigen Schrittes bewegte er sich auf die Tür seines Smials zu. Seine Hand ausgestreckt um die Klinke zu drücken hielt er nochmal inne und blickte hinüber in die Bachuferstraße. Eine Tür fiel gerade ins Schloss und ließ ihn zusammenzucken. Einen Wimpernschlag später war auch er in seinem Smial verschwunden.

ENDE
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