Auf neuen Wegen

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
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Mikho Buchsbaum
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Auf neuen Wegen

Ungelesener Beitragvon Mikho Buchsbaum » Freitag 12. August 2016, 16:55

Dunkelheit lag über dem Auenland und wenngleich sich die Sonne mühte die weißen Höhen langsam aber sicher zu überwinden, fand noch kein Sonnenstrahl den Weg über das Gebirge im Osten des Landes.
Weder Vogelgezwitscher noch Hahnenschrei hatten zum Aufbruch des Tages aufgerufen und so lag Stille über Wiesen, Täler, Flüssen und Hügeln. Lediglich ein strammer Wind sorgte hin und wieder für ein Rascheln in den Bäumen und auch das hohe Gras wiegte hin und her und erzeugte ein gleichmäßiges aber leises Rauschen.

So fiel es nicht hörbar auf, als eine kleine Gestalt sich seinen Weg durch eben jenes hohe Gras bahnte. An Gang und Statur unschwer als ein männlicher Hobbit auszumachen, dessen langes, offen getragenes Haar, in den Tanz der hohen Wiese mit einzustimmen schien. Den Kopf nach unten gebeugt und die Kapuze des Umhangs tief ins Gesicht gezogen, um sich vor den Tautropfen zu schützen die ihm vom Wind ins Gesicht geblasen wurden. Seine linke Hand tastete spielerisch durch die hüfthohen Grasspitzen, während er in der rechten Hand einen größeren Gegenstand mit sich trug, der in der Dunkelheit nicht auszumachen war.
Am Ende der Wiese angekomen blickte er sich nach beiden Seiten um und seine Augenmerk fiel auf eine Ansammlung von Steinen, teilweise mannshoch. Hinter dem Gesteinshaufen konnte er in weiter Ferne sehen wie die Sonne ihre ersten Strahlen über die Gebirgskette der weißen Höhen schickte. Oder waren es schon die blauen Berge? Er hatte über solche Dinge nie sonderlich viel nachgedacht. Machte es einen großen Unterschied ob ein Gebirge blau oder weiß war?

Er schüttelte den Gedanken ab und ging hinüber zu den Steinen um sich auf dem erstbesten niederzulassen. Seine linke Hand wanderte in die Brusttasche seiner Latzhose und beförderte einen zeigefingergroßen Wetzstein hervor. Nun würde er nur noch warten müssen bis die Sonne sich gänzlich zeigte.

So blieb ihm etwas Zeit seine Gedanken kreisen zu lassen. Er dachte zurück an die Zeit im Südviertel.Vor allem an die letzten Wochen die er dort verbracht hatte. Das Gefühl abgewiesen zu werden kannte er nur zu gut und er hatte sich daran gewöhnt dass er diese Reaktion bei seinen Mithobbits auslöste. Doch je mehr er sich anstrengte dies zu ändern, desto mehr entfernte man sich von ihm. Sicherlich gab es Dinge die er getan hatte, die zumindest ein gesundes Misstrauen rechtfertigten. Aber selbst seine guten Absichten als Kandidat zur Gemeinderatswahl, die er durchaus ehrlich gemeint hatte, konnten dieses Misstrauen ihm gegenüber nicht schmälern. Ja gogar die kleine Rotfuchs, die ihm über die Jahre ans Herz gewachsen war, hatte ihn abgewiesen. Das es dann gerade sein Vetter war der ihm einen neuen Weg weisen würde, überraschte ihn immer noch ein wenig. Wenngleich er überzeugt war dass Filbu nicht ganz unrecht sein musste einen Konkurrenten weniger bei den anstehenden Gemeinderatswahlen zu haben, war er sich sicher dass sein Vetter es zum ersten Mal gut mit ihm meinte.

"Mikho, es gibt hier niemanden dem du etwas beweisen musst. Du hast hier viel Unfrieden gestiftet und die Leute wären froh wenn du sie in Ruhe lässt. Tu uns und dir selbst einen Gefallen und verlass das Südviertel. Ich könnte dir helfen. Ich kenne da jemanden der sicher noch etwas Hilfe gebrauchen kann." hatte Filbu gesagt und er erinnerte sich nur das er stumm und resignierend genickt hatte.

Sein Vetter hatte Recht behalten. Seit er das Südviertel verlassen hatte, ging es ihm so gut wie noch nie. Wenngleich Onkel Apato ihn manchmal sehr prüfend ansah, so als wolle er sagen "ich behalte dich im Auge", behandelte er ihn gerecht und freundlich. Nicht unbedingt das was man von einem Pfefferpott erwarten würde. Der alte Hobbit hatte wenig mit seiner Nichte gemeinsam. Er wirkte stets sehr gelassen, beinahe schläfrig oder abwesend und immer eilte ihm der Duft seiner Pfeife voraus. Auch die anderen Hobbits im Ort zeigten wenig Skepsis oder Argwohn ihm gegenüber. Ja, er fühlte sich hier willkommen.

Eine wohlige Wärme, die sich auf seiner Schulter breit machte, holte Mikho aus seinen Gedanken. Die Sonne war da. Sein Blick fiel auf den Gegenstand in seiner rechten Hand, eine große Klinge mit langem Holzstiel daran. Er legte die Klinge auf seine Knie um dann mit dem Wetzstein ein paar Scharten zu entfernen. Das schleifende Geräusch des Steins erfüllte ihn, wie schon die Tage zuvor, mit einer seltsamen Vorfreude. Er hob die Klinge an, um mit ihr ein paar Sonnenstrahlen einzufangen. Hin und her wiegend spiegelte sie an der Schneide die Lichtstrahlen wider, die dem Hobbit durchs Gesicht huschten. Er nickte zufrieden, stemmte sich hoch und schritt hinüber zum hohen Gras.

"Na dann wollen wir mal" sagte er. Seine Muskeln spannten sich und er holte mit der Sense nach hinten aus um sie dann schwungvoll nach vorne schnellen zu lassen. Fast geräuschlos schien sie Halm für Halm zu durchtrennen. Immer wieder bewegte sich das schneidende Werkzeug vor und zurück. Erfüllt vom Tatendrang stimmte Mikho im Takt des Sensenschwingens ein Lied an.

"Vor und zurück, mit Kraft und viel Geschick,
so singe ich vor Glück, die Sense stets im Blick.
Schon früh am Tag, steh ich hier im Gras,
Schlag um Schlag, mir macht das mähen Spaß.
Heyhoooheyhooo......."


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