Narcias Zuhause

Geschichten aus Tolkiens Welt vom Herrn der Ringe und anderen Werken.
Narcia
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Narcias Zuhause

Ungelesener Beitragvon Narcia » Freitag 30. Oktober 2015, 18:15

Großmutter Wiesentau

Vorsichtig balancierte Narcia das Tablett den Flur entlang und stoppte vor einer der Zimmertüren. Sie verlagerte ihr Gewicht und klopfte mit dem Ellenbogen leicht gegen die Zimmertür. Dann drückte sie vorsichtig mit dem Ellenbogen auf die Klinke, so dass die Tür sich mit einem leichten Knarren öffnete. Im Zimmer war es dunkel. Sachte schob sie die Tür auf und balancierte das Tablett zu einem kleinen Tisch und stellte es ab. Mit leisen Schritten ging sie zum Bett in der Ecke. Das Gesicht ihrer Großmutter lugte aus einem Berg Kissen heraus. Narcia hörte das vertraute leise Schnarchen.
"Oma," flüsterte sie, und noch einmal etwas lauter "Oma". Der Schnarchton veränderte sich etwas. Leise ging sie zum Fenster und öffnete die Vorhänge. Sonnenlicht flutete in das Zimmer, erreichte jedoch nicht das Bett in der Ecke. Langsam drückte sie den leicht quietschenden Fensterhebel herunter und öffnete das Fenster. Dann drückte sie die Fensterläden nach außen und befestigte sie. Aus dem Garten drang Vogelgezwitscher in den Raum.
Sie ging zurück zum Bett und rief diesmal etwas lauter: "Oma". Das Schnarchen verstummte ganz und langsam öffnete Großmutter Wiesentau ihre Augen. "Oma, ich bins, die Narcia. Ich hab dir Früchstück gebracht."
"Oh, Narcia, wie lieb von Dir," kam die Antwort leise aus den Kissen hervor. Langsam wühlte sich erst ein Arm, dann der andere unter der Bettdecke hervor. Dann flog ein Lächeln wie ein Hauch Sonnenschein über das Gesicht der alten Dame.
"Soll ich Dir helfen, Oma?"
"Ja, ja, mein Liebes."
Narcia ergriff die Hände der alten Dame und half ihr, sich aufzusetzten. Dann stopfte sie mehrere Kissen in den Rücken der alten Dame. "So, jetzt kannst Du Dich anlehnen." Mit einem Seufzer sank die alte Frau in die Kissen zurück.
Narcia nahm das Tablett vom Tischchen, belancierte es zum Bett und stellte es richtig herum vor der alten Dame auf die Bettdecke.
"Guck," sagte sie eifrig, "da ist Kaffee, Toast und Apfelmus. So wie Du es magst."
Mit leicht zitterden Händen nahm die alte Dame vorsichtig die Kaffeetasse und führte sie an ihre Lippen. Schnell faltete Narcia die Serviette auseinander und schob sie über die Brust ihrer Großmutter. Dann setzte sie sich auf die Bettkante des schweren alten Bettes und lächelte ihre Großmutter an.
"Im Garten blühen die Margeritten," erzählte sie. Ihre Großmutter schaute sie aufmerksam an. "Melissinas Bienen mögen sie ganz besonders." Wieder ein Lächeln. "Soll ich Dir ein paar holen oder magst Du sie heute im Garten anschauen?"
"Langsam, langsam, mein Kind." Die alte Dame schmunzelte. Sie stellte die Tasse ab und griff zum Toast. Es war nur ganz leicht getoastet und mit Marmelade bestrichen.
"Schlehenmarmelade?" fragte sie. Narcia nickte. "Schön, schön."
Während die alte Dame in Ruhe frühstückte saß Narcia auf der Bettkante und bemühte sich, nicht gar zu ungeduldig zu sein. Ihr Blick schweifte wie schon so oft durch das Zimmer mit der alten Kommode, dem schmeideeisernen Kleiderhaken, dem kleinen Tisch, dem gemütlichen Schaukelstuhl und dem Waschtisch mit dem halbblinden Spiegel. Und über das Gemälde, dass ihren Großvater zeigte. Als ihre Großmutter fast fertig war mit dem Frühstück sprang sie auf und sagte: "Ich hole dann mal das Wasser." Die alte Dame nickte nur, ihren Blick auf die Kaffeetasse gerichtet, die sie nun mit beiden Händen hielt.
Narcia hüpfte aus dem Zimmer und lief in die Küche. Ihre Mutter stand am Tisch mit beiden Händen im Brotteig.
"Wie geht es ihr?" "Gut." Narcia stellte die Schüssel auf einen Stuhl, füllte kaltes Wasser aus dem Eimer und heißes Wasser aus dem Kessel auf dem Ofen in die Schüssel. dann hielt sie ihre Hand hinein um zu prüfen und goß noch etwas heißes Wassen dazu. "Nimm ein neues Handtuch," sagte ihre Mutter. Narcia nickte und balancierte die Schüssel auf dem selben Weg wie das Tablett in das Zimmer ihrer Großmutter. Dann holte sie aus der Kommode ein frisches Handtuch.
Ihre Großmutter war fertig mit dem Frühstück und lehnte zufrieden im Bett. Narcia räumte das Tablett auf den Schaukelstuhl.
"Magst Du heute aufstehen, Oma?" "Langsam, mein Kind." Sie zeigte mit einem Finger auf die Waschschüssel und Narcia zog vorsichtig den Tisch näher zum Bett ihrer Oma, vorbei das Wasser leise hin und her schwappte. Dann stellte sie sich neben das Bett und wartete.
Langsam schob die alte Dame die Bettdecke zurück und zwei dünne Beine kamen eins nach dem anderen zum Vorschein. Dann begann die Dame mit ungelenken Bewegungen, das Nachthemd über ihren Kopf zu ziehen. Narcia half ihr dabei.
Beim Waschen ging eine Bewegung in die andere. Narcia stütze die alte Dame, wusch ihr den Rücken und wrang den Waschlappen aus. Schließlich setzte sich die alte Dame seufzend im Bett auf.
"Narcia." "Ja, Oma?" "Ich glaube ich bleibe heute im Bett." Ihre Finger griffen schon zum Nachthemd, das aber ein Stück zu weit weg über der Bettkante hing.
"Aber Oma, heute ist es doch so schön draußen. Und die Margeritten! Die magst Du doch so!"
Mit müden Augen blickte die alte Dame ihre Enkelin an.
"Wir ziehen Dich erst Mal an Oma, dann können wir das immer noch entscheiden." Resolut packte Narcia das Kleiderbündel, das fein säuberlich über dem Stuhl hing und sortierte die Kleidungsstücke.
Resigniert begann die alte Dame sich mit Hilfe ihrer Enkelin anzuziehen, ganz langsam, ein Teil nach den anderen.
"Narcia." "Ja, Oma?" "Ich kann mir die Margritten doch auch vom Fenster aus ansehen." Zweifelnd betrachtete Narcia ihre Oma. Sie sah jeden Tag etwas dünner und kleiner aus, so kam es ihr jedenfalls vor, aber heute hatte sie eine etwas rosigere Gesichtsfarbe als sonst. "Ich glaube, die Margeritten freuen sich auch, wenn sie Dich sehen."
Plötzlich lächelte die alte Dame. "Du bist so ein liebes Kind." Sie griff nach dem Bettpfosten und begann, sich hochzuziehen. Narcia stützt sie auf der anderen Seite. Bedächtig schlupfte die alte Dame in ihre bequemen Schuhe und schlurfte zur Tür, wobei sie den Bettpfosten gegen einen alten Stock eintauschte, der griffbereit an der Kommode lehnte. Narcia öffnete die Zimmertür und gemeinsam bewätigten sie Schritt für Schritt den Weg durch den Flur.
In der Küche lächelte Narcias Mutter ihnen entgegen. "Das ist aber schön dass ihr mir helfen kommt, " sagte sie und zwinkerte Narcia zu. "Jaja," antwortete die Oma und schlurfte weiter mit Narcia zur Smialtür. Narcia öffnete sie weit und Großmutter Wiesentau blinzelte ins Sonnenlicht. "Oh," sagte sie nur und blieb stehen.
Über den Dorfplatz lief soeben Frau Pfefferpott. Als sie sah wie die alte Dame in der Smialtür stand winkte sie ihr zu. "Hallo Frau Wiesentau." Die alte Dame hob etwas die Hand und machte eine winkende Andeutung.
Dann wagte sie sich mit Narcias Hilfe die zwei Stufen vor dem Smial hinunter. Danach ließ sie sich erschöpft auf die Bank neben der Smialtür sinken. Narcia setze sich daneben und nehm die Hand ihrer Großmutter.
"So ein schöner Tag heute, nicht wahr?" Ihre Großmutter ließ sich gegen die Smialwand sinken und dann tätschelte sie mit der anderen Hand die Hand ihrer Enkelin. "Ja, so ein schöner Tag heute."

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Re: Narcias Zuhause

Ungelesener Beitragvon Narcia » Sonntag 1. November 2015, 19:11

Damit ihr euch die Gegend etwas besser vorstellen könnt: dies ist das Smial der Familie Hochtal in Lützelbinge.
Dateianhänge
SmialHochtal2kl.jpg
SmialHochtal2kl.jpg (98.05 KiB) 3700 mal betrachtet

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Re: Narcias Zuhause

Ungelesener Beitragvon Narcia » Donnerstag 10. Dezember 2015, 20:18

Ratten in Fuchskleve

Mißmutig scharrte Narcia mit ihren Füßen auf dem Küchenboden. Sie saß mit ihrer Schwester Melissina und ihrer Mutter am Küchentisch. Ihre Mutter hatte Plätzchenteig gemacht, aber Narcia hatte keine rechte Lust zum Plätzchen ausstechen, obwohl sie das sonst sehr gern machte. "Guck mal, das sieht aus wie eine Ente," sagte ihre Schwester gerade über ein etwas aus der Form geratenes Plätzchen. Narcias Mutter schaute zu Narcia herüber. "Was ist denn los, Liebes?" fragte sie. "So kenn ich Dich ja gar nicht wenn's ums Plätzchen ausstechen geht," fügte sie scherzhaft hinzu. "Ach Mama," seufzte Narcia und Melissina und ihre Mutter schauten sich besorgt an. Wenn Narcia so niedergeschlagen war, mußte etwas ernstes dahinter stecken. Und das war oft spannend und bedrückend zugleich, wußte Melissina aus Erfahrung. Aber ihre Neugierde siegte. "Was ist denn los," fragte sie.
"Es gibt Ratten in Fuchskleve," stieß Narcia hervor. "Ziemlich viele wohl inzwischen, und sie haben oder hatten ihr Nest ganz in der Nähe meines Hauses dort." Melissina und ihre Mutter blickten sich kurz an. Das allein konnte nicht der Grund für Narcia's Mißmut sein, denn da hätte sie sich sicher schon etwas ausgedacht, um die Ratten zu jagen oder ihnen Fallen zu stellen. Denn als Waldhüterin hatte sie das gelernt, wenn auch nicht in erster Linie wenn es um so Tiere wie Ratten ging.
"Was hast Du denn gegen sie unternommen?" fragte ihre Mutter. "Ach Mama," seufzte sie wieder, "das ist nicht so einfach."
Ihre Mutter schaute sie so lange an bis sie zurückschaute, dann lächelte sie sie an und sagte: "Erzähl uns doch einfach, was los ist."
Narcia seufzte noch einmal, dann begann sie erst langsam und stockend, dann immer schneller zu erzählen.

"Ich habe in meinem Garten in Fuchskleve doch diesen großen Apfelbaum." Ihre Mutter nickte: "Ja, davon hast Du die ganzen schönen Äpfel mitgebracht." Narcia fuhr fort:" Ja. Und vor ein paar Wochen habe ich bemerkt, dass im Fallobst Bisse sind. Nicht so kleine Löcher von Würmern oder Wespen, auch nicht so kleine Nagespuren wie von Mäusen, sondern größere, wie eben von Ratten. Ich dachte nicht, dass es in Fuchskleve Ratten gibt." Narcias Mutter schaute ihre Tochter überrascht an. Das war doch nicht das erste Mal, dass sie einer unerwarteten Situation gegenüberstand. Normalerweise machte sie sich dann Gedanken, fragte auch mal um Rat, wenn sie nicht weiter wußte, aber dann dachte sie sich irgend etwas aus. Dieser resignierte Gesichtsausdruck passte so gar nicht zu ihr. "Und was hast Du dann gemacht?" half ihre Mutter ihr weiter.

"In Fuckskleve haben doch die Grenzer ihr Smial, weißt Du noch?" fragte Narcia. "Ja," antwortete ihre Mutter, "und sie haben regelmäßige Sprechstunden, hast Du erzählt." Narcia nickte. "Da bin ich dann auch hin, mittwochs abends. Ich dachte ich berichte erst Mal davon, weil die Grenzer haben ihr Smial ja schon lange dort und wissen deshalb auch sicher, ob es schon einmal Ratten gab oder vielleicht immer mal wieder mal gibt oder so." Narcia machte eine Pause und zerkrümelte etwas Kuchenteig zwischen ihren Fingern. Narcias Mutter und Melissina schauten sich wieder kurz an. Da steckte etwas ernsteres dahinter als diese Ratten, auch wenn Ratten ein ernstes Problem sein können. "Und was haben sie gesagt?" fragte Melissina. "Gar nichts haben sie gesagt," kam die kurze Antwort von Narcia.
Melissina blickte verwirrt auf ihre Schwesteer, die immer noch Kucheteig zwischen ihren Fingern zerkrümelte. Narcias Mutter ging zum Ofen und goß Tee in eine Tasse. Dann gab sie etwas Honig dazu, rührte den Tee um und reichte ihn Narcia. "Hier, etwas Lindenblütentee für Dich, der tut gut. Nicht dass du uns krank wirst."
"Ich werde nicht krank," gab Narcia fast wütend zurück, nahm aber den Tee. "Ich werde wieder umziehen." Melissina und Narcias Mutter schauten sich ratlos an. "Wegen der Ratten?" fragte Narcias Mutter. "Ja. Nein. Ach ich weiß nicht," war die Antwort. Dann seufzte Narcia nochmal tief und sagte: "Ich erzähl Euch warum." Dann guckte sie eine Weile von sich hin und drückte den zerkrümelten Teig wieder zusammen, dann begann sie daraus ein Smial zu formen.

"Ich habe dir ja erzählt, dass ich ein paar Freunde gefunden habe," erzählte Narcia an ihre Mutter gewandt. Diese nickte. "Nun, nicht alle Freunde sind wirklich gute Freunde geworden, oder geblieben." Ihre Erzählung stockte wieder. Dann begann sie erneut:
"Ich ging mittwochs abends zu den Grenzern wegen der Ratten. Ich war etwas spät dran und draußen waren gar keine Grenzer. Ich dachte schon ob vielleicht eine Begehung war oder so, hab aber dann noch hinein geschaut in das Grenzersmial. Dort waren dann einige Grenzer und auch ein paar Zivilisten, darunter auch unterjährige. Vorne stand einer der jüngeren Grenzer und brüllte 'Aufgepasst' oder so etwas, und dann begannen die anderen Grenzer Liegestützen zu machen. Die Zivilisten standen etwas ratlos herum und einer meinte auch, dass sie Zivilisten seien und so etwas nicht machen müssten. Dann meinte der Grenzer, alle sollten sich in Zweiergruppen aufteilen. Ich wußte gar nicht was da los war, nur fiel mir ein dass der oberste der Grenzer diesmal nicht da war und jemand anders die Leitung der Sprechstunde hatte. Aber das sah gar nicht nach Sprechstunde aus. Einer der Zivilisten meinte, er habe Hunger, und ich habe mit ihm eine Gruppe gebildet, denn normalerweise gab es bei den Grenzern immer etwas zu essen. Dann kam eine Grenzerin und meinte einer von uns sollte aggressiv auf den anderen los gehen oder so etwas in der Richtung und ich habe gesagt, ich würde das nicht machen. Es wurde dann immer skuriler, und irgendwann habe ich laut gesagt, ich hätte ein Problem und bräuchte Hilfe. Das habe ich ein paar Mal gesagt, aber in dem Raum herrschte so ein Stimmgewirr, dass ich kaum meine eigene Stimme hörte. Dann wurde es mir zuviel, denn ich merkte, dass das hier überhaupt keine Sprechstunde war und ich mit meinem Problem alleine dastand. Dann habe ich gesagt, dass ich mich wohl um mein Problem alleine kümmern müsse und bin Richtung Ausgang gegangen. Da kam mir eine Grenzerin hinterher und meinte, ich solle doch mal warten und was denn wäre. Mit ihr habe ich dann besprochen, wie ich meine Äpfel vor den Nagern schützen könnte. Sie meinte, ich solle ein Netz nehmen, wohl um die Nager zu fangen, aber ich meinte es wäre doch gut das Netz in den unteren Zweigen des Apfelbaumes zu befestigen, so dass die Äpfel dort hinein fallen und nicht auf den Boden. Ich habe ganz vergessen, sie mehr über Ratten in Fuchskleve zu fragen. Am nächsten Tag bin ich nach Hobbingen gereist und habe von den Fischern dort ein Netz gekauft, und habe es an meinem Apfelbaum festgemacht. Das war vielleicht eine Arbeit." Narcia schüttelte unwillig den Kopf in Gedanken daran.

"Eine gute Lösung," meinte ihre Mutter. "Aber was war denn jetzt mit den Ratten?" fragte Melissina. Narcia zuckte mit den Achseln. "Das wußte ich ja nicht. Außerdem fragte ich mich was bei allen guten Mathoms das für eine Veranstaltung im Grenzersmial gewesen war. Ich habe dann an den obersten der Grenzer einen Brief geschrieben, und ihm berichtet, was gewesen war, und ich habe mich beschwert, dass in der Sprechstunde mein Problem nicht angehört worden war."
Melissina lächelte aufgeregt: "Oh, das hast Du toll gemacht. Dann habt ihr also das nächste Mal über die Ratten gesprochen?" Narcia schüttelte den Kopf: "Nein, das nächste Mal würde drüber gesprochen, dass das eine Sprechstunde war, und ich erfuhr dass die verantwortlichen Grenzer einen Kurs zur Verteidigung im Ernstfall durchgeführt hatten. Der oberste Grenzer stellte klar, dass das eine Sprechstunde war und dass Zivilisten gefragt werden müssten, ob sie an Kursen teilnehmen wollten. Die verantwortlichen Grenzer haben das eingesehen und sich entschuldigt, und dann habe ich mein Problem erzählt. Die Stunde war aber schon fast um und zum Schluß tauchte noch plötzlich die gezähmte Riesenmaus eines der Grenzers auf. Der meinte, er habe die Tür seines Smials wohl nicht richtig zu gemacht. Ich habe überlegt ob das wohl stimmt und ob nicht diese Riesenmaus verantwortlich war für die angebissenen Äpfel. Der nächste Grenzer Termin war eine Fartaphias Veranstaltung, also konnte eine Begehung wegen der Bisse an meinen Äpfeln erst in zwei Wochen erfolgen."

Narcias Mutter blickte auf: "So etwas vertagt man doch nicht so lange". Narcia zuckte mit den Achseln: "Das dachte ich auch. Aber was hätte ich sagen sollen? Ich habe an dem Abend noch um den Apfelbaum herum geguckt, aber da lagen nur noch vergammelte Äpfel und Spuren habe ich keine neuen gesehen. Ich habe mich damit beruhigt, dass es wohl doch diese Riesenmaus gewesen sein muß." Melissina guckte ihre Schwester grimmig an: "Letztens hatte einer so eine am Efeubusch Stammtischabend dabei." Sie schüttelte sich vor Abscheu. "So ein ekelhaftes Viechzeug auch noch zu züchten und dann damit herum zu laufen! Wir sollten froh sein, dass es so nicht so viele Mäuse gibt. Die knabbern doch alles im Garten an. Ihre Mutter nickte: "Aber sie mögen keine Zwiebeln, deshalb pflanze ich immer Zwiebeln und Lauch rund um die Beete." Die Schwestern nickten.

Dann blickte Melissina auf: "Aber Du sagtest vorhin, es gäbe Ratten in Fuchskleve." Narcia nickte wieder.
"Ich hatte in den zwei Wochen viel zu tun, und habe immer gehofft, das wäre es gewesen. Auch hab ich die meisten Äpfel schon geerntet, es wird ja so langsam zu kalt für die Apfelernte. Das Fallobst ist immer ins Netz gefallen und da hab ich Apfelmus raus gekocht. Trotzdem wäre mir wohler dabei gewesen, wenn ich das ganze mit den Grenzern hätte durchsprechen können, weil sie die Siedlung eben besser kennen als ich. An dem Mittwoch, wo der Termin für die Begehung bei mir war, bin ich dann wieder zu den Grenzern gegangen. Die Sprechstunde war wieder innen und ich habe gedacht, dass der oberste Grenzer nun auch gleich auf die Begehung zu sprechen kommen würde. Aber da ging ein anderer Grenzer zu ihm hin und fing an, etwas wegen Papieren mit ihm zu besprechen. Da bin ich so langsam ungehalten geworden und habe gemeint, dass sich da wohl mal wieder jemand vordrängele. Denn das war derselbe Grenzer der diese seltsame Sprechstunde mit Liegestützen veranstaltet hatte und dafür verantwortlich war, dass sich mein Problem so hinausgezögert hatte. Und nun stand er schon wieder da und ich mußte warten mit meinem Problem. In dem Moment öffnete sich die Tür des Grenzer Smials und ein paar Hobbits kamen herein. Sie sagten, sie hätte eine hilflose Person aufgelesen. Gleichzeitig hat mich der oberste Grenzer auch gefragt, was ich denn nun gewollte habe, aber ich war abgelenkt gewesen, und als ich antworten wollte, war er schon auf diese hilflose Person zugegangen und hörte mir gar nicht mehr zu. Irgend jemand sagte, die Begehung könnte gleich stattfinden, aber irgendwie glaubte ich so langsam nicht mehr daran. Deshalb sagte ich, ich würde schon mal vor gehen und bin dann gegangen."

Narcias Mutter nickte gedankenverloren vor sich hin und Melissina antwortete: "Das ist aber blöd." Narcia lächelte ihr Schwester an. "Ja." antwortete sie. "Ich bin dann nach Hause gegangen, also in mein Haus in Fuchskleve, und habe mich auf die Schwelle gesetzt und vor mich hingegrübelt." Sie wandte sich an ihre Mutter: "Ich meine, wenn da eine Frau ist, die sich verlaufen hat oder vielleicht auch nicht mehr so ganz alles weiß, dann ist das schon wichtig, dass sich jemand um sie kümmert. Dazu sind die Grenzer ja auch da. Aber es fühlt sich blöd an, wenn man ein Problem mit der zuständigen Stelle besprechen will und das wird immer wieder verschoben." Narcias Mutter und Melissina nickten mitfühlend. "Aber dann kamen doch noch eine Grenzerin und eine Freundin vorbei, und sie haben die Umgebung weiter abgesucht. Ganz unten am Zaun hat die Freundin von mir dann Rattenspuren gefunden. Sie waren ziemlich frisch und ziemlich viele. Sie zogen sich bis zu einer Mühle auf dem Grundstück hinter meinem Haus hin. An einer Stelle am Fundament der Mühle war die Erde frisch aufgewühlt. Das Grundstück war zur Zeit unbewohnt, meinte die Grenzerin, aber jemand anders würde darauf acht geben. Nur war diese Person sehr oft in Bree, wie ich wußte. Scheinbar hatten sich die Ratten in den letzten Wochen in dieser Mühle eingenistet und vermehrt, und sich dann auch an meinen Äpfeln gütlich getan. Und da wochenlang sich niemand drum gekümmert hatte und wohl auch in dieser Ecke von Fuchskleve nicht oft jemand vorbei kam, konnten sie sich unbemerkt ausbreiten. Wahrscheinlich hatten sie in der Mühle auch noch genug zu fressen gefunden." Narcias Teigsmial hatte während der Erzählung bereits einen Schornstein bekommen und eine eingeschabte Tür bekommen.

Während Narcias Mutter das Teigsmial vorsichtig auf das Backblech beförderte, begann Melissina plötzlich zu kichern. Narcia und ihre Mutter schauten sie erstaunt an. "Hihi, während also die Grenzer den Leuten beibringen wollten, wie man sich wehrt, haben die Ratten sich vermehrt. Hui, das reimt sich auch noch." Sie begann laut los zu lachen. Als sie jedoch Narcias betretenes Gesicht sah wurde das Lachen zu einem leichten Schmunzeln. "Na, irgendwie ist es doch komisch, dass die Grenzer sich ganz an der falschen Stelle vorbereitet haben." Narcias Mutter runzelte die Stirn. "Wenn es nicht um so etwas ernstes wie eine Rattenplage ginge, wäre es das. Ratten vermehren sich sehr schnell, wenn es genug zu fressen gibt, und sie können aus der Siedlung Fuchskleve schnell in die nächste Siedlung schlüpfen, und wenn sich dort ein trächtiges Weibchen versteckt einnistet, haben die auch bald eine Rattenplage." Sie besann sich einen Moment. "Wenn ich mich richtig erinnere gab es so eine Rattenplage auch in der Zeit der großen Pest, wo viele viele Hobbits gestorben sind." Sie schüttelte bei dem trüben Gedanken unwillig den Kopf. "Ratten muß man früh bekämpfen, sie bringen nichts Gutes." Daraufhin waren alle drei erst Mal eine Weile ruhig und sogar Narcia begann, sich an dem Plätzchen ausstechen zu beteiligen.

"Und auf was habt ihr euch dann geeinigt?" fragte Narcias Mutter. "Oh," kehrte Narcia zu ihrer Erzählung zurück, "die Grenzerin hat gemeint, sie würde um das Gebäude herum Giftfallen auslegen. Ich bin ja nicht so für Gift, wegen der anderen nützlichen Kleintiere, aber wenn sich die Ratten schon so lange unbemerkt vermehrt haben kann man wohl nichts anderes mehr tun." Sie zuckte resigniert mit den Achseln und begann Julbäume auszustechen. Melissina und ihr Mutter schauten sich an. Da fehlte doch noch ein Stück der Geschichte.
Narcias Mutter formte die Teigreste zu einem Kloß und gab einen Teil frischen Teig dazu und verknetete das Ganze. Dann versteute sie etwas Mehl auf dem Tisch und begann, den Teigkloß auszurollen.
"Und jetzt willst Du aus Fuchskleve wegziehen?" Narcia schaute von ihren Julbäumen auf. "Ja." Sie begann vorsichtig, die Julbäume vom Tisch zu lösen, um sie auf das Backblech zu legen. "Nur wegen dieser Geschichte?" "Nur?" fuhr Narcia auf. Sie schaute in das verdutze Gesicht ihrer Mutter und ihre Stimmung flaute sogleich wieder ab. "Das ist kein 'nur', Mama," sagte sie nachdrücklich.

"Bevor ich nach Fuchskleve gezogen bin habe ich mich auch noch in einigen anderen Siedlungen umgesehen, und es waren auch noch einige einfache Smials frei. Aber ich habe mir gedacht, dass es gut wäre in der Nähe der Grenzer zu leben, weil ich dann Hilfe in der Nähe hätte, wenn ich mal welche brauchen würde. Ich hätte auch in eine Siedlung ziehen können, wo jemand wohnt, den ich von Anfang an sehr nett fand, und dann hätte ich mich öfters mit ihr treffen können auf eine Tasse Tee oder so. Das wäre schön gewesen. Aber so ..." Narcia war den Tränen nahe. "Sie haben dich sehr enttäuscht," bemerkte ihre Mutter mitfühlend und Melissina sprang auf und holte ein Taschentuch aus der Schublade einer Kommode im Flur, als sie sah wie die ersten Tränen über Narcias Wangen rollten. "Ach je", sagte sie nur und drückte Narcia das Taschentuch in die Hand. "Aber woher soll man so etwas vorher wissen?" Narcia nickte und schnäuzte sich. "Das ist gar nicht so einfach wenn man neu irgendwohin zieht," sagte Narcias Mutter mitfühlend und gedankenverloren zugleich.

"Als ich zu eurem Vater hier nach Lützelbinge zog war ich auch erst Mal fremd und kannte die Leute nicht. Aber euer Vater hat mir über alle Leute Geschichten erzählt, manche ernst, manche lustig, und er hat mir geholfen, mich mit ein paar netten Leuten anzufreunden." Sie lächelte in Erinnerung an diese Zeit.
"Aber Du wolltest ganz allein dort anfangen, Narcia. Ich habe Dir gesagt dass es besser wäre erst hier auszuziehen, wenn Du heiratest." Ihre Stimme hatte trotz des leichten Tadels einen sehr weichen Klang. "Es freut mich nicht, dass Du das erfahren mußtest, aber wenn eine Frau allein irgendwo wohnt, gerade eine junge Frau, und besonders wenn sie gut allein zurecht zu kommen scheint, dann ist es nicht einfach für sie, respektiert zu werden."

Narcia und Melissina schauten ihre Mutter zweifelnd an. "Und warum soll das so sein?" fragte Melissina. Narcias Mutter zuckte mit den Achseln. "Die meisten Hobbits sind der Ansicht, dass es besser ist, wenn ein Mann und eine Frau zusammen leben und die Kinder erst ausziehen, wenn sie heiraten. So war das auch schon immer." Als sie in die noch zweifelnderen Gesichter ihrer Töchter schaute sprach sie weiter: "Könnt ihr Euch noch an Oxalia erinnern, die Waise, die hier irgendwann auftauchte?" Beide nickten, sie hatten Oxalia oft zu Gast gehabt. "Sie hatte keine Familie hier, und obwohl sich viele hier in Lützelbinge um sie gekümmert haben, hatte sie kein wirkliches Heim hier. Und es gab einen Teil Leute, die einfach etwas gegen sie hatten, nur weil sie keine Familie hatte. Sie ist früh nach Bree gezogen, weil sie sich hier genau wegen diesen Leuten nicht wohl gefühlt hat." Sie schaute ihre Tochter Narcia an: "Du bist zwar älter, aber solange Du allein lebst und keinen Mann hast, der für Dich einstehen kann, kann Dir das immer wieder passieren."

Als Narcia mutlos die Schultern hängen ließ fügte sie hinzu: "Oder Du bist Dir dessen klar dass Du auf Dich allein gestellt bist und erkämpfst Dir so deinen Respekt, denn irgendwann werden zumindest der ein oder andere freundliche Hobbit merken, was für ein Hobbit Du bist und Dich mögen und Dir zur Seite stehen. Es gibt ja schon ein paar, wie Du erzählt hast." Sie lächelte ihre Tochter aufmunternd an. Narcia schneuzte sich noch einmal kräftig in das Taschentuch. "Du hast recht, Mama. Ich sollte mich über die freuen, die mich wirklich mögen und für mich da sind, wenn ich sie brauche. Das sind schließlich die wichtigsten Menschen in meinem Leben." Sie lächelte ihre Mutter und ihre Schwester an und dieses Lächeln ließ keinen Zweifel daran, dass diese beiden zu diesen wichtigen Menschen gehörten. Dann nahm sie sich eine Julbaumkugelform und stach Julkugeln aus. Melissina nahm die Sternchenform und ihre Mutter war froh, dass sie zwei so wunderbare Töchter hatte.

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Narcia
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Re: Narcias Zuhause

Ungelesener Beitragvon Narcia » Donnerstag 24. Dezember 2015, 02:50

Auszug aus Fuchskleve

In Gedanken versunken saß Narcia auf der Schwelle ihres Hauses in Fuchskleve. Sie wartete auf ihre Geschwister und ihre Mutter, die von ihrem Vater den Transportwagen für Holz ausgeborgt hatten und ihr bei ihrem Umzug helfen wollten.
Es war erst einige Monate her, dass sie in dieses kleine Smial eingezogen war. Und nun würde sie wieder ausziehen, und der Grund waren die Ratten.

Narcia streckte sich und gähnt herzhaft. Sie war früh aufgestanden, hatte gefrühstückt und dann begonnen, die letzten ihrer Sachen in Kisten zu verstauen. In einem Korb neben ihr war ein Picknick für ihre fleißigen Helfer, auf die sie gerade wartete.

Wehmütig schaute sie zu dem Apfelbaum neben ihrem Haus. Er hatte sie diesen Herbst mit so wunderbaren Äpfeln versorgt. Und dann hatte sie diese großen Nagerbisse im Fallobst gesehen.
Ihr erster Gedanke war gewesen, sich Fallen zu besorgen und auf die Jagd zu gehen. Dann aber hatte sie gedacht, dass doch die Grenzer der Wachstube, die diese Siedlung schon seit Jahren gut kannten, viel besser dafür geeignet waren, sich dieses Problems anzunehmen. Immerhin war ihr eigenes Grundstück nur eines von vielen, und die Ratten waren nicht in ihr Haus eingedrungen, das hatte sie vorsorglich untersucht.

Sie konnte doch nicht einfach so über die Grundstücke anderer Bewohner laufen, bewaffnet mit Keule und Fallen, und ahnungslose Nachbarn erschrecken. Bei dem, Gedanken mußte sie unwillkürlich kichern.
Aber die Grenzer der Wachstube hatten ganz andere Pläne gehabt, und nur eine uneingeschränkt handlungsfähige Grenzerin und eine Freundin hatten ihr geholfen, das Schlupfloch der Ratten zu finden. Die Grenzerin hatte dann Fallen gestellt und einen Teil der Ratten erwischt.
Aus Gründen, die sie nicht kannte, hatte das zum Streit zwischen den Grenzern geführt, als dessen Folge sowohl die Grenzerin als auch ein guter Freund von ihr die Wachstube verlassen hatten. Sie war an dem Tag nicht bei der Sprechstunde gewesen, weil ihr klar geworden war, dass sie sich auf die Grenzer der Wachstube im Ernstfall nicht verlassen konnte, und davon war sie vorher fest ausgegangen. Sie war wie so oft bei ihren Eltern gewesen. Auf ihre Familie konnte sie sich verlassen, immer.

Ein Rumpeln schreckte sie aus ihren Gedanken. Dann hörte die das übermütige Gejohle ihren Bruders. Sie stand auf und lief den Hang hinunter zum Weg und da sah sie auch schon den Wagen mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter kommen. Es gab ein großes Hallo zur Begrüßung, dann liefen alle zu ihrem Haus hoch.
"Ein so schönes Smial," meinte ihre Mutter. "Also ich finds nicht so toll." Ihr Bruder Benodoc ließ seinen kritischen gerade-Zwien-geworden-Blick über das Smial, dass auf einem kleinen Hügel lag, schweifen. Ihre Schwester Melissina nickte. "Da kann man ja gar keinen richtigen Garten anlegen. Überall geht es bergab." Narcia zuckte nur mit den Schultern. "Ich bleib ja auch nicht hier."

Daraufhin scheuchte ihre Mutter alle an die Arbeit. "Ich möchte heute abend wieder zuhause sein. Also, fangen wir an."
Während ihre beiden jüngeren Geschwister die Möbel und Kisten zum Wagen schleppten und dort verstauten, trug Narcias Mutter die Bilder und kleineren Einrichtungsgegenstände hinaus. Narcia schaute mal hier, mal dort, half mit tragen und sah zu, dass es kein Durcheinander beim Einladen gab. Sie besaß nicht all zu viele Dinge, und das war gut so.

Endlich war der letzte Kerzenleuchter auf dem Wagen untergebracht. Narcia ging ein letztes Mal durch das Smial, dass sie nur so kurz bewohnt hatte. Da fiel ihr Blick auf einen bunten Blätter-Kranz an der Wand, den sie vergessen hatten. Diesen Kranz hatte sie bei einem Angelspiel des Anglertreffs gewonnen. Behutsam nahm Narcia den Kranz von der Wand. Er würde in ihrem neuen Heim wieder eine Wand schmücken. Narcia lächelte vor sich hin. Sie mochte diese Siedlung verlassen, aber im Auenland war sie wirklich angekommen.


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